Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Bedrohung, auch wenn diese schon älter ist, oder auch ein ganz simpler Streit.«
»Moment mal«, entfuhr es Löbler, und seine Miene verfinsterte sich. »Sie wollen mir hier doch nicht etwa diesen Schwachsinn mit den beiden Anzeigen anhängen?«
»Welche Anzeigen?«, fragte Hellmer und tat unwissend.
»Verkaufen Sie mich nicht für dumm! Wir hatten hier zweimal Besuch von Ihren uniformierten Kollegen, weil irgendein Schwachkopf sich einbildete, in diesem Haus Zeter und Mordio gehört zu haben. Verdammt!« Er sprang auf und gestikulierte aufgebracht mit den Händen. »Ich habe Nathalie geliebt. Geliebt! Verstehen Sie das? Niemals hätte ich ihr auch nur ein Haar krümmen können, verdammt …« Er sank zurück auf den Sessel und vergrub das Gesicht zwischen den riesigen Händen.
Julia Durant schwieg eine Weile, vernahm ein leises Schluchzen, Löbler atmete hastig und beruhigte sich nur langsam.
»Wie gesagt«, begann sie beschwichtigend, »wir müssen diese Fragen stellen, so unangenehm und unangebracht manches auch klingen mag. Tatsache ist nun einmal, dass Ihre Frau eine schwere Schlagverletzung im Gesicht aufweist. Offenbar gab es diese gestern Abend noch nicht, als die Kollegen hier gewesen sind.«
»Ein Schlag?«, kam es von Löbler, und seine Stimme zitterte noch immer. »Wer hat das getan? Wann?«
»Das wissen wir leider nicht«, gab Julia leise zurück. »Wir hoffen dabei auf Ihre Mithilfe, möchten verstehen, was zwischen gestern Abend und heute Mittag vorgefallen ist. Haben Sie denn eine Idee dazu?«
»Ich bin um halb acht ins Büro gefahren, so wie immer. Nathalie hat noch gedöst, sie hatte einen Arzttermin, ich glaube um elf Uhr, kann aber auch später gewesen sein.«
»Was für ein Arzt?«, erkundigte sich Hellmer.
»Ärztin«, korrigierte Löbler. »Dr. Ivonescu in Bad Soden, Gynäkologin, ein Routinebesuch vermutlich. Und bevor Sie fragen: Heute Morgen, als ich das Haus verließ, war Nathalie noch völlig unversehrt.«
»Wir hätten nicht gefragt«, erwiderte Julia, »aber jetzt, da Sie es erwähnen, vielleicht war heute Morgen ja sonst etwas anders? Ist Ihnen bei Ihrer Frau etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Was denn?«, wehrte Löbler ab, und sein Blick verschleierte sich wieder.
»Was auch immer Ihnen einfällt«, erklärte Julia. »Sie können da auch in aller Ruhe drüber nachdenken. Manchmal sind es Kleinigkeiten. Ich verspreche Ihnen, dass wir in jede Richtung ermitteln werden. Wir müssen versuchen, die Zeit zwischen halb acht und zwölf Uhr mittags zu rekonstruieren. Alles, was Sie dazu beitragen können, kann hilfreich sein. Ich möchte Ihnen gerne noch einmal sagen, wie leid es mir tut, ich kann verstehen …«
»Einen Scheiß können Sie«, knurrte Löbler verächtlich. »Selten so etwas Blödes gehört. Oder haben Sie etwa Ihren Mann tot in der Badewanne gefunden, denn nur dann, und wirklich nur dann, könnten Sie mir gegenüber behaupten, Sie verstünden irgend etwas.«
»Niemand kann sich das genau vorstellen«, hakte Hellmer ein, »da gebe ich Ihnen recht. Aber glauben Sie uns, wir machen das – und ich kann nur sagen: leider Gottes – nicht zum ersten Mal. Es tut uns stets von neuem weh, hilflos dazusitzen und unsere Befragung runterzuleiern, aber ich kann Ihnen eines versichern: Vertrauen Sie uns, melden Sie sich, falls Ihnen etwas einfällt. Damit helfen Sie uns am meisten.« Mit diesen Worten erhob sich Hellmer und legte eine Visitenkarte auf den Tisch. »Haben Sie keine Hemmungen, jederzeit. Für heute lassen wir Sie in Ruhe. Haben Sie jemanden, an den Sie sich wenden können? Niemand sollte in so einer Situation alleine sein, schon gar nicht hier im Haus.«
»Ja, nein«, brummte Löbler unentschlossen, »ich habe keine Familie hier. Aber ich finde schon jemanden.«
»Wir sind noch eine Weile hier im Haus«, sagte Julia. »Tut mir leid, wenn das falsch rüberkam, ich wollte Sie nur wissen lassen, dass Sie mit diesen Gefühlen nicht alleine sind. Ich habe das, was Sie erlebt haben, noch nicht durchgemacht, aber dafür andere Dinge. Wenn Ihnen das über den Kopf zu wachsen droht, ist es keine Schande, dies zu teilen, loszuwerden, abzuladen, wie auch immer man es nennen mag.«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, verneinte Löbler, der offenbar verstanden hatte, worauf Julia hinauswollte. »Mit diesem ganzen Psychogelaber kann ich nicht das Geringste anfangen, danke nein, kein Bedarf. Da lasse ich mir lieber helfen von Jim oder Johnny, dafür muss ich nicht
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