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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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mehr, da Stimmen in seinem Kopf wild durcheinander riefen, die aber alle das Gleiche forderten: Hau ab! Er schlich sich langsam in Richtung Balkon, der zum Hinterhof hinaus lag. Cathrines und Maiers Stimmen wurden lauter, es war also höchste Zeit, das Weite zu suchen. Er schlüpfte nach draußen, zog die Balkontür vorsichtig hinter sich zu und sah sich um.
    Es gab keine Dachrinne, an der er sich nach unten hätte hangeln können, aber wenn er über das Geländer kletterte und sich vom Rand des Balkons nach unten hängen ließ, konnte er die Fallhöhe um etwa zwei Meter verringern. Auf dem Balkon konnte er nicht bleiben, dort war er von allen anderen Wohnungen aus zu sehen, und überdies liefe er dann Gefahr, von Maier und Cathrine erwischt zu werden.
    Er hängte sich die Tasche über die Schulter, kletterte über das Geländer, hangelte sich an den Gitterstäben nach unten, bis er mit den Fingern am Balkonboden hing. Dann holte er tief Luft, versuchte sich so locker wie möglich zu machen und ließ los.
    Der Fall kam Tom wie eine Ewigkeit vor. Als seine Füße auf dem Kopfsteinpflaster landeten, wurde sein Rücken gestaucht und verkrampfte sich. Seine Zähne schlugen schmerzhaft aufeinander. Tom krümmte sich und rollte sich seitlich ab, um den Stoß abzufangen, wobei er seinen Arm schützend um die Tasche legte. Sein Kopf schlug hart auf den Steinen auf, und einen Moment lang glaubte er, sein Schädel würde zerspringen. Ihm wurde übel. Ein lähmender, metallischer Geschmack breitete sich an seiner Zungenwurzel aus. Er zwang sich trotzdem auf die Beine und taumelte ins Haus, wo er sich erneut an die Wand lehnte, um nicht umzukippen.
    Im Haus war es still. Offensichtlich hatte niemand seine Flucht bemerkt. Trotz seiner Schmerzen ging er so ruhig und unbefangen wie möglich auf die Straße hinaus. In einiger Entfernung wartete ein Taxi, und der Weg dorthin schien kein Ende zu nehmen. Als er sich endlich auf den Rücksitz fallen lassen konnte, war er vollkommen erschöpft. »Fahren Sie«, sagte er. »Fahren Sie über den Inneren Ring, bitte, bis ich Ihnen sage, wo Sie halten sollen.«
    Tom schloss die Augen und versuchte zu verstehen, was er gerade gesehen hatte. Es gab nur eine Erklärung für dieses Mysterium: Es musste zwei Rudi Maier geben. Auf diese Weise konnte der eine für ein wasserdichtes Alibi sorgen, während der andere die Morde beging. Rudi Maier und die Person, die er in der Wohnung gesehen hatte, mussten eineiige Zwillinge sein, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Aber beweisen konnte er das nur, wenn es ihm gelang, sie dazu zu bringen, sich gemeinsam zu zeigen.
    Und was zum Teufel machte Cathrine in Wien? War sie von der österreichischen Polizei als Lockvogel engagiert worden, um ihn, Tom, aus der Deckung zu holen? Für welchen Judaslohn hatte sie sich wohl verkauft und warum? Was wollte sie von Rudi Maier, und warum tauchte sie bei ihm zu Hause auf und führte die Befragung nicht in Kamarovs Firma durch? Was würde sie tun, wenn er sich zu erkennen gab? Wie absurd das alles doch war: Seine Exfrau jagte ihn für einen Mord, den er gar nicht begangen hatte. Wenn er ihr doch nur erklären könnte, wie das alles zusammenhing. Doch dafür war es jetzt zu spät. Er konnte sie nicht anrufen, ihr Telefon hatte garantiert eine Fangschaltung.
    Er blickte ein letztes Mal zurück und stellte beruhigt fest, dass er nicht verfolgt wurde. Als der Taxifahrer sich dem Rathaus näherte, wusste Tom plötzlich, wohin er ihn bringen musste.
     

Ginas Tagebuch
    »Nr. 7, bitte!«
    Der Taxifahrer nickte und bog vom Ring ab. Tom war eingefallen, dass er im 8. Bezirk ein kleines, familienbetriebenes Hotel kannte. Viele berühmte Opernstars brachten dort unter falschem Namen ihre Geliebten unter. Das Hotel warb damit, auf diskrete, romantische Wochenendaufenthalte spezialisiert zu sein. Das Etablissement hieß ganz schlicht Nr. 7, nach der Hausnummer, und hatte zwei Eingänge, sodass man getrennt ins Hotel gelangen konnte.
    An der Rezeption stand eine gepflegte Frau Ende dreißig, dunkelhaarig, schlank, in einem schlichten blauen Kostüm. Sie hatte sinnliche Augen und eine tiefe Stimme, als sie Tom freundlich begrüßte. Er antwortete mit einem Nicken und schrieb sich unter dem Namen Ulrich Kramer ein, eines ostdeutschen Dirigenten, der sich, wie er wusste, gerade an der Oper in Sidney aufhielt. Mehr wollte die Frau nicht wissen. Tom bezahlte für zwei Tage im Voraus, und sie wünschte ihm einen angenehmen

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