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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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wären sie, würde Medina überleben.
    Er legte den Kranz auf dem schräg ansteigenden Marmor vor dem Haupteingang nieder, faltete die Hände und schloss die Augen. Für die Umstehenden sah es aus, als würde er von seiner Trauer überwältigt. In Wirklichkeit konzentrierte er all seine Energie auf die Frage, wie das entstandene Problem zu lösen sei. Er musste einen Weg zu Medina finden!
    Verblüfft öffnete er die Augen, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Es war eine ältere Frau mit verweinten Augen: »Sie sind nicht allein, wir stehen zusammen. Geteiltes Leid ist halbes Leid«, sagte sie. Rudi Maier drückte ihre Hand und sah sie voller Ernst an. Er nickte, wischte sich eine fiktive Träne von der Wange und zog sich zurück. Auf der anderen Seite der Brücke rief er sich ein Taxi.
    Beim Ullevål Universitätskrankenhaus sah es ähnlich aus wie an der Oper. Überall lagen Blumen. Hier waren Medinas Fans zusammengekommen, hatten Klappstühle mitgebracht, Picknickdecken, Essen und Trinken. Gemeinsame Trauerarbeit vom Ausmaß einer Belagerung. Ein mit einer Sound-Anlage verbundener iPod spielte eine Aufnahme von Medinas Turm-Arie. Sehnsüchtig starrten die Menschen zu einem Fenster in der zweiten Etage empor, hinter dem sie Medina vermuteten. Sie hofften, der Tenor würde sich bald dort zeigen, ihnen zuwinken und mitteilen, alles sei nur ein böser Traum gewesen.
    Rudi nahm das Gebäude in Augenschein. Wie konnte er Medinas Festung überwinden? Die Eingänge wurden von der Polizei überwacht, und vermutlich waren auch zivile Beamte im Einsatz. Sich in das Gebäude zu schleichen war gleichbedeutend mit einem Geständnis. Denk nach, improvisiere, im Krieg muss man improvisieren. Suche die Möglichkeit dort, wo es keine gibt , ermahnte er sich selbst. Vater Joachim hatte ihm das eingeprägt, wieder und wieder.
    Willst du nicht bemerkt werden, tritt sichtbar für alle auf . Rudi stellte sich vor den Augen aller auf die Treppe des Krankenhauses und holte sein Handy heraus. Er tat so, als wählte er eine Nummer, und lief scheinbar ruhelos auf und ab, während er darauf wartete, dass sein Gesprächspartner sich meldete. In Wirklichkeit nutzte er die Zeit, nach einer Möglichkeit Ausschau zu halten, in das Gebäude zu gelangen, ohne von den Wachen überprüft zu werden.
    Eine Ausländerin mit Kinderwagen, die trotz der sommerlichen Wärme einen Wollschal trug, fiel Rudi ins Auge. Die beiden anderen Kinder der Frau kämpften um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter, zerrten und rissen am Kinderwagen, bis dieser auf dem Weg zum Eingang beinahe umstürzte. Die Frau schien einer Ohnmacht nahe, aber niemand machte Anstalten, ihr zu helfen. Ihre großen braunen Augen strahlten dankbar, als Rudi galant den Griff des Kinderwagens nahm und sagte: »Please, let me assist you.« Der Polizist an der Tür zögerte einen Augenblick, machte ihnen dann aber ohne weitere Fragen auf. Rudi bedankte sich mit einem »Thank you, Sir. Very kind of you!« Dann schlossen die Türen sich wieder. Das erste Hindernis war geschafft.
    Mach deine Arbeit, und du wirst die Kraft dafür finden . Wieder hörte er Vater Joachims Worte. Er lächelte innerlich über seine Rolle als Mr. Good Guy, als er die Frau bis zum Empfang der Notaufnahme begleitete. Dann tätschelte er den Kopf des größten Kindes, zwinkerte der Mutter zu und entfernte sich. Für alle, die im Warteraum saßen, war er ein Muster an Toleranz und multikulturellem Verständnis. Ein echter Gentleman.
     

Risiko
    Krankenhauspersonal hastete an ihm vorbei. Allem Anschein nach befand sich am Ende des Flures eine Personalgarderobe. Zwei Minuten später trat Rudi in einem klassischen weißen Arztkittel aus ebendiesem Raum. Er hatte sein Haar nass gemacht, damit es dunkler aussah, und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, den er unter den Kragen des Arztkittels gesteckt hatte, um einen vertrauenswürdigen Eindruck zu erwecken. Im Vorübergehen versuchte Rudi unauffällig die Hinweisschilder zu lesen: »Postoperative Station«. Das war gut zu verstehen, auch wenn man nicht Norwegisch sprach. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis er den Flur erreichte, auf dem Medina ganz offensichtlich lag. Denn vor einem der Zimmer hielt ein Polizist Wache.
    Den Blick auf einen Punkt am Ende des Flures geheftet, marschierte Rudi entschlossen an dem Beamten vorbei. Er hatte das unangenehme Gefühl, vom Blick des Polizisten gescannt zu werden, wurde aber nicht angehalten. Schnellen Schrittes

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