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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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Buch für Rudi. Nur der letzte Check hatte noch ausgestanden.
    Dabei hatte er die Meldung gesehen. »Katja Henning hat Ihnen eine Nachricht über Facebook geschickt. Hei, so eine nette Überraschung! Treffe mich gerne auf einen Kaffee mit dir. Gruß, Katja.«
    Rudi hatte die Meldung zu Facebook zurückverfolgt und dort auch den weiteren Dialog der beiden einsehen können.
    »Wie wär’s stattdessen mit einem Abendessen?«
    »Sehr gerne, wann?«
    »Morgen Abend, im Zum Drei Husaren, 21 Uhr?«
    Rudi hatte Facebook geschlossen und den Rechner exakt wieder so platziert, wie er bei seinem Kommen gestanden war.
    Dann kannte Katja also Tom Hartmann. Das gefiel ihm gar nicht. Er hatte Schubladen und Schränke durchsucht, um sich ein Bild von dem Ausmaß der Bedrohung zu machen, die Tom Hartmann darstellte. Bis jetzt hatte er nichts von Bedeutung entdeckt. Der Mann schien wirklich zu sein, wofür er sich ausgab: ein Journalist, der dabei war, das wichtigste Werk seines Lebens zu verfassen, James Medinas Nachruf. Nach Rudis Einschätzung war Hartmann nur insofern ein Risiko, als er ihn als Passagier des Fluges von Oslo nach Wien wiedererkannt hatte. Sein Alibi war zwar wasserdicht, aber wenn Katja sich Tom anvertraute, würden bei einem scharfsinnigen Journalisten vermutlich alle Alarmglocken schrillen.
    Rudi lauschte konzentriert. Tom Hartmann ging zurück in den Flur und auf die Toilette. Rudi hörte, wie er den Deckel hochklappte und sich setzte. Verdammt, er hat die Tür nicht zugemacht! Vorsichtig und ohne ein Geräusch zu machen, zog Rudi einen Schuh aus, streifte seinen dünnen schwarzen Strumpf vom Fuß und zog den Schuh wieder an. Dann weitete er den Strumpf, um ihn sich über den Kopf zu ziehen. Sollte er zur Flucht gezwungen sein, wären so wenigstens Gesicht und Haar verborgen.
    Hartmann spülte, wusch sich die Hände und stellte den Fernseher an. Als er sich aufs Bett fallen ließ, stieß der Lattenrost gegen Rudis Körper. Einen Augenblick schien Hartmann dort oben zu stutzen. Doch dann nahm er die Fernbedienung und zappte sich durch die Kanäle. Rudi hörte Deutsch, Englisch, Arabisch und dann etwas, das Skandinavisch klang. Hartmann stand auf, ging allem Anschein nach zur Minibar und holte sich etwas zu trinken, ehe er mit einem Satz zurück aufs Bett sprang. Dieses Mal jedoch war Rudi vorbereitet und drückte sich flach auf den Boden. Tom schaltete sich weiter durch die Programme. Plötzlich war erregtes Stöhnen zu hören. Hartmann hatte offensichtlich auf Pay-TV umgeschaltet.
    Rudi Maier fühlte sich unangenehm an seine Kindheit erinnert. Auch damals hatte er dieses Stöhnen gehört. Immer spät am Abend, nachdem einer der Angestellten in den Schlafsaal gekommen war und sich zu einem der Jungs gelegt hatte. Er hatte in diesen Momenten immer unbeweglich dagelegen, genau wie jetzt, und dem Stöhnen gelauscht, in Todesangst, dass man ihn entdecken könnte.
    Hartmann schien von der geballten Pornoflut, die so plötzlich bei ihm eingedrungen war, überrascht worden zu sein. Die Lautstärke schoss plötzlich auf maximales Volumen hoch, dann fiel etwas scheppernd zu Boden. Eine Batterie rollte unter das Bett. Die Fernbedienung! Rudi Maier zog den Strumpf über den Kopf und wartete auf das Unvermeidliche.
    Tom lief zum Fernseher, in der Hoffnung, dort Tasten für die Lautstärke und den Kanal zu finden, doch vergeblich. Jetzt klingelte auch noch das Handy. Medinas Turm-Arie übertönte monumental die Pornodarsteller. Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Mobilbox sich einschaltete. Tom sammelte die Teile der Fernbedienung ein, begleitet von heftigem Schreien und Stöhnen. Wo zum Teufel war die blöde Batterie? Schließlich hob er den Bettüberwurf an, schaute unter das Bett und erstarrte. Er blinzelte, um sicherzugehen, dass er richtig gesehen hatte. Unter dem Bett lag ein dunkles Kleiderbündel. Im ersten Augenblick dachte er an eine zusammengeknüllte Bettdecke. Dann begriff er, dass das ein Mensch war.
    Tom war außerstande, sich zu rühren. Eine Mischung aus Angst und maßloser Wut lähmte ihn. Die Gestalt unter dem Bett bewegte sich nicht, und auch die Zeit schien stillzustehen. Nur die wilden Lustschreie, die sich langsam dem Höhepunkt näherten, waren zu hören.
    Eine Faust schoss vor, und Hartmanns Gehirn explodierte in einem Farbfeuerwerk, während sich die Gestalt auf der anderen Seite unter dem Bett hervorzwängte. Tom reagierte instinktiv: Er stürzte sich auf den über den Boden kriechenden Körper und

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