Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
Housing. Die haben preiswerte Unterkünfte und Wohnheime für Obdachlose. Hier stehen auch ein paar Namen.« Ich starrte auf die ungelenke Schrift. »Sieht aus wie … Diane?«
»Glendale ist vermutlich dabei, weil es in der Nähe seiner Wohnung liegt«, sagte Bailey. »Venice klingt interessanter.«
»Wenn sich dort nichts ergibt, können wir immer noch nach Glendale fahren.«
Draußen war es kühler als gestern, und ein paar Wolken waren aufgezogen. Für Dezember war es aber immer noch ziemlich mild. Ich zog ein langärmeliges Shirt, Jeans und eine Lederjacke an. Die verschiedenen Schichten würden es mir erlauben, mich anzupassen, wenn es wärmer wurde. Wir waren gerade auf dem Weg zur Tür, als mein Handy klingelte. The Crystal Ship . »Das ist Toni«, sagte ich. »Wahrscheinlich möchte sie wissen, was wir heute Abend machen.«
Bailey zuckte mit den Schultern. »Wir sollten erst einmal sehen, was der Tag so bringt.«
Ich nickte und ließ die Mailbox anspringen. »Ich werde sie später zurückrufen.«
Das Obdachlosenheim in Venice erwies sich als hübsches Haus mit einer ziegelfarben abgesetzten blauen Holzverkleidung. Da es dort keinen Parkplatz gab, bedeutete Bailey unserem Begleitschutz, auf den freien Platz vor dem Gebäude zu fahren, während wir ein Stück weiter in einer roten Zone parkten.
Demonstrativ blickte ich auf den rot gestrichenen Bordstein. »Diesmal bist du nicht mit mir allein, Keller«, sagte ich. »Heute sind noch andere eingeschworene Rechtsvertreter dabei, und die könnten dich bei deinen gesetzesbrecherischen Ohren packen.«
Sie ließ mich einfach stehen. Gary war ausgestiegen, beobachtete den Fußgänger- und Autoverkehr und wandte sich nach rechts und links.
Als wir näher kamen, sagte er zu Bailey: »Den Platz wollte ich eigentlich nehmen.«
Sie schenkte mir ein breites Grinsen.
»Das ignoriere ich einfach«, sagte ich.
Wir gingen den Weg zum Eingang hoch, und Bailey klopfte an die Tür. Innerhalb weniger Sekunden öffnete eine kleine schlanke Frau in den Fünfzigern. Sie trug eine schwarze Hose und ein langes cremefarbenes Hemd. Ihr freundliches Gesicht tat sicher gut, wenn man seinen Platz im Leben verloren hatte.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
Bailey stellte uns vor, und wir zeigten unsere Dienstmarken.
»Kommen Sie rein«, sagte sie. »Ich bin Teresa Solis.«
Teresa führte uns in einen Vorraum, dessen Fenster auf die Straße hinausgingen. Überall hingen Fotos von Frauen und Kindern, allein und in Gruppen.
»Wir suchen einen Mann, der obdachlos war und vor ein paar Monaten hier gewesen sein könnte«, sagte Bailey.
Sie sah uns irritiert an. »Das kann nicht sein.«
»Wieso?«, fragte ich.
»Dies ist ein Wohnheim für obdachlose Frauen mit Kindern«, antwortete Teresa.
Aha. Daher also diese Fotos. Jetzt war ich allerdings irritiert. Warum hatte Simon eine Broschüre von einem Frauenwohnheim aufbewahrt?
»Arbeitet hier jemand, der Diane heißt?«, fragte ich, da mir wieder einfiel, dass Simon den Namen auf die Broschüre gekritzelt hatte.
Teresa runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste, und ich bin schon sechs Jahre hier.«
Ich machte eine Pause und blickte über die Schulter auf die Fotos an der Wand.
»Oder hat hier vielleicht mal eine Diane gewohnt?«, fragte ich.
»Hier wohnt eine Diane. Ich weiß aber nicht, wie lange schon. Wann soll dieser Mann denn Kontakt zu ihr gehabt haben?«
»Irgendwann in den letzten Monaten vermutlich«, antwortete Bailey.
Teresa drehte sich zu einem kleinen metallenen Aktenschrank unter dem Fenster um und setzte eine schwarz-grüne Lesebrille auf. Dann öffnete sie die oberste Schublade, kramte darin herum und zog irgendwann eine schmale rote Mappe heraus.
»Diane Nguyen«, las sie vor. »Sie und ihre Tochter sind vor zwei Monaten gekommen. Offenbar war sie aber vor vier, fünf Jahren schon einmal hier.« Teresa las weiter und sah dann auf. »Damals hatte sie einen Jungen bei sich.«
Mir lief ein Schauer über den Rücken, wie es nur passierte, wenn sich etwas Unerwartetes anbahnte.
»Steht da auch der Name des Jungen?«, fragte ich.
Teresa beäugte die Mappe und schüttelte den Kopf.
Bailey blickte sich im Zimmer um. Offenbar spürte sie es auch.
Ich versuchte es noch einmal anders. »Steht denn drin, wie alt er war?«
Wieder konsultierte Teresa die Akte. »Vierzehn.«
Jungen, und vor allem kleine Jungen, wirken oft wesentlich jünger, als sie es tatsächlich sind. »Gibt es
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