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Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)

Titel: Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
Autoren: Marcia Clark
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Fotos in der Mappe?«, fragte ich.
    »Nein, tut mir leid.« Sie sah mich bedauernd an, legte die Mappe zurück in den Schrank und nahm die Brille ab.
    »Ist das Diane?«, fragte Bailey und zeigte auf eine asiatische Frau auf einem Gruppenfoto an der Wand neben dem Fenster.
    Wir traten zu ihr, und Teresa setzte die Brille wieder auf.
    »Ja«, sagte sie. »Das ist sie.«
    Bailey und ich wechselten einen Blick. Dann betrachteten wir wieder das Foto, von dem uns, direkt neben Diane, Tran Lee angrinste.

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    W ir erklärten kurz, wer das war und was wir zu finden hofften.
    »Vermutlich hat sich Tran Lee als ihr Sohn ausgegeben, um eine Bleibe zu bekommen«, schloss Teresa. »Und Sie möchten mit Diane darüber sprechen?«
    »Ja«, sagte ich.
    Sie nickte. »Ich bringe Sie zu ihr, aber ich kann sie nicht zwingen, mit Ihnen zu sprechen. Das verstehen Sie hoffentlich.«
    Teresa stieg mit uns hoch zu den Wohnräumen. Als wir durch den Flur gingen, zählte ich die Türen. Offenbar hatte man das Haus so umgebaut, dass acht abgetrennte Wohnräume entstanden waren, jeder vermutlich für eine Familie. Vor der fünften Tür blieb Teresa stehen und klopfte.
    »Diane?«, fragte sie. »Bist du da? Ich muss mit dir reden.«
    »Einen Moment«, sagte eine sanfte Stimme.
    Wir hörten ein Rascheln, dann wurde eine Schublade geschlossen. Leise Schritte näherten sich der Tür.
    Eine kleine Asiatin öffnete.
    »Ja?«, fragte sie und wirkte leicht erschrocken, als sie Bailey und mich sah.
    »Keine Sorge, Diane«, sagte Teresa freundlich. »Es gibt keine Probleme. Diese Frauen haben nur ein paar Fragen. Hast du etwas dagegen, wenn wir kurz reinkommen?«
    Dianes Gesicht entspannte sich sofort. Mit einem zaghaften Lächeln trat sie beiseite und winkte uns herein. Der kleine Raum war blitzsauber. Mit Bett, Kommode, Tisch und Stuhl war er nur spärlich möbliert, aber die Farben waren hell und munter, was dem Ganzen etwas Anheimelndes verlieh.
    Mein Herz klopfte wild, als ich betete, dass sich unsere Theorie bewahrheiten möge. Ich bemühte mich aber um Gelassenheit, um Diane nicht zu verschrecken. Wir stellten uns vor und versicherten ihr noch einmal, dass es keinerlei Probleme gab. Dann kam ich zur Sache.
    »Kannten Sie einen Mann namens Simon?«
    Diane sah mich ratlos an und schüttelte den Kopf. »Ich kenne keinen Simon.«
    Das konnte nicht sein. Ich musste recht haben, das fühlte ich. »Vielleicht hat er sich anders genannt«, gab ich zu bedenken und holte Simons Foto aus der Tasche.
    Sie nahm es und betrachtete es sorgfältig. Dann lächelte sie. »Oh ja«, sagte Diane. »Er hieß aber Zack.«
    Ich spürte, wie sich meine Kopfhaut anspannte. Es war verrückt, aber emotional durchaus nachvollziehbar, dass Simon den Namen seines Bruders benutzt hatte. »Wir denken, er könnte Ihnen etwas gegeben haben, damit Sie es für ihn aufbewahren. Stimmt das?«
    Diane sah uns an, antwortete aber nicht.
    »Diane.« Jetzt schaltete Bailey sich ein, sehr sanft. »Zack kommt nicht zurück. Irgendjemand hat ihn … umgebracht, und wir versuchen herauszufinden, wer das war.«
    Ihr Gesicht erstarrte, und sie saß ein paar Minuten vollkommen reglos da. Dann rannen langsam Tränen ihre Wangen hinab. Ich ging hin und wollte ihr einen Arm um die Schultern legen, aber sie wich instinktiv zurück. Für einen Moment hatte ich vergessen, mit wem wir es zu tun hatten. Die Welt war nie ein freundlicher Ort, aber für eine obdachlose Frau war sie besonders hart. Ich setzte mich wieder, wartete und faltete die Hände im Schoß, um sie ruhig zu halten. Nach ein paar Minuten wischte sie sich mit dem Ärmel die Wangen ab.
    Schließlich stand sie auf und ging zu der Kommode. Sie nahm die Sachen aus der oberen Schublade und legte sie aufs Bett. Dann ging sie wieder zur Kommode und holte eine gelbe Leinentasche heraus.
    »Die hat er mir gegeben«, sagte sie und reichte sie mir.
    Ich nahm sie entgegen und traute mich kaum zu atmen. Dann schluckte ich und wappnete mich gegen die mögliche Enttäuschung. Baileys Anspannung strahlte in pulsierenden Wellen zu mir herüber.
    Ich blickte hinein. Und fand alles. Einen Schuh, eine starke Brille, ein Polizeiprotokoll – das Lilah Rossmoyne als Opfer eines Autodiebstahls verzeichnete –, eine Karte mit der Adresse von diesem Wohnheim und ein Foto von Tran Lee und Diane. Karte und Foto musste Zack aus dem Beweismittelschrank genommen haben, bevor er den Bericht geschrieben hatte. Wer hätte es schon bemerkt, wenn etwas so Geringfügiges
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