Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
Obdachlose. Auf einige hatte Simon Namen und Telefonnummern gekritzelt. Vermutlich waren das Kontakte aus den Obdachlosenheimen. Ich wies Bailey darauf hin.
»Nimm sie mit. Dann haben wir wenigstens noch etwas, wo wir suchen können.«
Und noch etwas, wo wir nichts finden werden. Ich hatte nicht erwartet, auf eine Goldmine zu stoßen, aber dass wir derart erfolglos waren, machte mir langsam zu schaffen.
Gary kam zu uns. »Irgendwas gefunden?«
Bailey und ich hatten die Broschüren auf dem Boden ausgebreitet, weil wir sie dann besser mit der Taschenlampe anstrahlen konnten. Ich rückte ein Stück zur Seite und zeigte sie ihm.
»Davon haben wir auch noch welche«, sagte er und ließ den Strahl der Taschenlampe über die Kisten gleiten, die seine Ermittler soeben durchsucht hatten. »Größtenteils bekritzelte Papiere, die man bei diesem Licht schlecht lesen kann. Ich würde sagen, wir nehmen sie mit ins Büro, da können wir uns Zeit lassen.«
Ich war für alles zu haben, was uns hier wegbringen würde. »Gute Idee«, stimmte ich erleichtert zu.
Gary bat seine Männer, alle Kisten, die sie noch nicht gesichtet hatten, zum Wagen hinunterzutragen. Jeder hievte ein paar der vollgepackten Kartons hoch und trat hinaus in den Flur.
»Die nehme ich«, sagte Gary, zeigte auf die beiden letzten Kisten und gab mir den Schlüssel vom Lagerraum. »Da Sie die Bayers sicher demnächst sehen, können Sie abschließen und den Schlüssel mitnehmen.«
»Wir kommen sofort nach«, sagte ich.
Ich steckte die Broschüren in die Jackentasche und half Bailey, unsere letzte Kiste wieder einzupacken. Als ich das letzte Blatt Papier aufgehoben hatte, klopfte sie mir auf den Arm und hielt mir einen Zeitungsartikel hin. Es ging um einen Fall, der in Riverside verhandelt worden war. Der Angeklagte war von dem Vorwurf, seinen Geschäftspartner ermordet zu haben, freigesprochen worden. Daraufhin hatte das Bundesgericht den Fall angenommen und zu Lasten des Angeklagten entschieden. Der Artikel war angestrichen, Namen waren eingekreist, am Rand standen Bleistiftnotizen.
»Jetzt wissen wir auch, woher Simon die Idee hatte«, sagte Bailey.
Ich nickte. Wir überflogen den Text. Mich interessierte, warum der Fall beim ersten Gericht gescheitert war und warum das Bundesgericht ihn angenommen hatte. Nachdem ich den halben Artikel gelesen hatte, wurde mir plötzlich bewusst, dass sich um uns herum eine schwere Stille herabgesenkt hatte. Ich blickte auf. Wir waren allein.
»Komm«, sagte ich mit einer gewissen Dringlichkeit. »Wir können ihn auch im Auto lesen.«
Wir warfen den Rest der Papiere in die Kiste, und Bailey trug sie hinaus. Ich schob die Tür zu und fummelte nervös mit dem Schlüssel im Schlüsselloch herum, aber er wollte sich einfach nicht umdrehen lassen. Zweimal musste ich ihn herausziehen und mit Gewalt wieder reinstecken, bis ich die verdammte Tür schließlich zubekam.
Rasch gingen wir zum Aufzug. Ich hielt Bailey die Tür auf. Drinnen tippte ich die Kombination in das Tastenfeld. Die Tür schloss sich, und der Fahrstuhl fuhr los. Bevor wir aber unten waren, dröhnte ein ohrenbetäubendes Klong durch die Wände. Mein Magen machte einen Satz. Bailey und ich sahen uns mit weit aufgerissenen Augen an.
»Was zum Teufel war das?«, fragte ich.
Bailey schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
Sie griff zum Holster. Ich folgte ihrem Beispiel und holte meine Waffe aus der Handtasche.
Im Erdgeschoss blieb der Aufzug stehen, und die Türen glitten auf. Bailey hob die Kiste hoch, aber ich bedeutete ihr dortzubleiben. Mit klopfendem Herzen lugte ich in den Flur hinaus. Nichts. Ich streckte meine Hand aus, um die Fahrstuhltür zu blockieren, und sah nach rechts. Nichts. Ich sah nach links. Und erkannte, woher das Geräusch gekommen war. Ich blinzelte und versuchte, wieder klar zu sehen. Vielleicht hatte ich mich ja getäuscht. Hatte ich aber nicht. Ich drehte mich zu Bailey um.
»Wir sind eingeschlossen.«
80
A m Haupteingang war eine Art Garagentor heruntergeknallt und hatte uns eingesperrt. Bailey stellte die Kiste vor dem Aufzug ab. Der Flur am Eingang war erleuchtet, aber der Gang, der senkrecht dazu verlief, war komplett finster. Und diesen Gang mussten wir passieren. Ich strengte meine Augen an, aber die Finsternis war so vollkommen, als würde ich in einen tiefen Brunnen spähen.
Ich zielte mit meiner .38 in die Dunkelheit, während Bailey ihre .44 gesenkt an der Seite hielt. Langsam und angespannt, weil ich einen Hinterhalt
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