Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
»Er war ein guter Polizist und ziemlich klug. Hat nie das Wesentliche aus dem Auge verloren. Außerdem hatte er für jeden ein gutes Wort.«
»Seine Leute mochten ihn also?«, fragte Bailey.
»Absolut«, antwortete Paul. »Außerdem wollte er Captain werden, und Sie wissen ja, mit Honig fängt man Fliegen.« Er verschränkte die Finger hinter dem Nacken. »Nicht dass er es nicht ehrlich gemeint hätte, aber er war ein cleverer Typ, karrieretechnisch gesehen.«
»Wie hat er Lilah kennengelernt?«, fragte Bailey.
Paul sah an die Decke. Nach einer kurzen Pause schüttelte er den Kopf. »Das weiß ich nicht, und ich habe auch nie wirklich darüber nachgedacht.« Er verzog den Mund zu einer säuerlichen Grimasse. »Bei einer so scharfen Frau wie Lilah stellt man sich solche Fragen nicht.«
»Kannten Sie Zack, bevor er Lilah kennenlernte?«, fragte ich.
»Wir sind eine kleine Wache, da kennt jeder jeden.«
»Waren Sie auf seiner Hochzeit?«
Paul runzelte die Stirn. »Die beiden sind ausgebüxt. Sie wollten nicht viel Geld für eine große Hochzeit verschwenden.« Er zuckte mit den Achseln. »Damals fand ich das überzeugend, obwohl ich mich mittlerweile frage … Es gibt so einiges, das ich mich frage.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel hatte sie ja die große Karriere vor sich – das sind ganz andere Dimensionen als bei Ihnen, nichts für ungut.«
»Schon okay«, sagte ich und fragte mich, wie oft man mich heute noch daran erinnern wollte, dass ich im Frondienst des Staates stand.
Paul nahm mich beim Wort und fuhr fort. »Was wollte sie da schon mit einem Polizisten, selbst wenn er es bis zum Captain schaffen würde? Schon nachvollziehbar, warum sie eine Weile zusammen waren, aber heiraten? Das passte einfach nicht. Aus irgendeinem Grund habe ich mich das aber nie gefragt.« Paul sah auf seinen Schreibtisch und fügte dann schnell hinzu: »Ich wünschte, ich hätte es getan.«
Wahrscheinlich hätte das keinen großen Unterschied gemacht. Wenn es um Sex und Verliebtheit ging, waren die Leute nicht zu bremsen, sogar wenn sie sich selbst damit schadeten. Noch ein Thema, bei dem ich nicht allzu lange verweilen wollte.
»Haben Sie Lilah überhaupt kennengelernt?«
»Nein«, sagte Paul. »Zack hat sie nur zu ein paar größeren Veranstaltungen mitgebracht, wo es keine Gelegenheit gab, sich mit ihr zu unterhalten.«
»Hatten die beiden privat mit anderen Polizisten zu tun?«
»Nein«, antwortete er bestimmt.
»Wissen Sie, warum?«
Meiner Erfahrung nach hingen die Mitarbeiter kleinerer Ämter auch privat gerne zusammen ab. Und das bezog meist die Frauen mit ein.
»Lilah hatte kein Interesse daran, das war offenkundig«, sagte Paul. »Bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen sie auftauchte, war sie höflich, aber das kostete sie sichtlich Mühe.« Er schwieg einen Moment. »Der Ehrlichkeit halber muss man allerdings sagen, dass auch Zack nicht besonders kontaktfreudig war. Gelegentlich hat er sich zu den Jungs gesellt, und zwar vor allem dann, wenn irgendwelche hohen Tiere dabei waren, aber er ist nie einen trinken gegangen. Soweit ich weiß, hat er auch nie jemanden zu sich nach Hause eingeladen.«
Zack war also ebenfalls ein einsamer Karrierist. Da hatten er und Lilah eine nicht ganz unbedeutende Gemeinsamkeit. Ehrgeiz hatte schon in vielen Ehen das Feuer geschürt – was es allerdings noch schwerer machte, den Grund zu erkennen, warum Lilah ihn hätte umbringen sollen. Und was Paul nun sagte, ließ es noch rätselhafter werden.
»Ich muss schon sagen, dass ich wirklich vom Glauben abgefallen bin, als ich hörte, dass sie eine Familie gründen wollen«, sagte er und schüttelte den Kopf.
»Wie bitte?«, fragte ich in der Annahme, ich hätte mich verhört.
»Ja«, bestätigte Paul. »Während des Prozesses stand in einem Artikel, dass Lilah bei einem Reproduktionsmediziner in Behandlung war. Ich wette, die Verteidigung hat das absichtlich durchsickern lassen, so nach dem Motto, wie kann sie ihn umgebracht haben, wenn sie doch ein Kind von ihm wollte. Damals haben wir aber zum ersten Mal davon gehört.«
Das passte zu keinem von beiden, und ganz besonders nicht zu Lilah. Babys und ein beschleunigtes Partnerverfahren schlossen sich wechselseitig aus.
»Haben Sie das denn geglaubt?«, fragte ich.
»Im Artikel stand auch der Name des Arztes«, antwortete Paul. »Es wird also vermutlich Unterlagen darüber geben.«
Das ließ sich leicht nachprüfen. Paul konnte sich noch erinnern, dass der Artikel in
Weitere Kostenlose Bücher