Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
sagte ich. »Sie sind wirklich wunderbar. Danke.«
»Nun«, sagte sie und schaute vorsichtshalber über meine Schulter in Richtung Flur. »Eigentlich würde ich auch lieber mit Staatsanwälten zusammenarbeiten. Das wäre viel interessanter. Sie sind doch bei der Staatsanwaltschaft, oder?«
»Bin ich«, sagte ich. »Und Sie haben vollkommen recht, wir sind viel interessanter.«
Warum bescheiden sein?
»Würden Sie mir verraten, was erfahrene Rechtsanwaltsgehilfen dort so verdienen?«, fragte sie.
Ich verriet es ihr.
»Oh«, sagte sie, riss die Augen auf und rückte ihre Brille zurecht. »Nun, viel Glück bei Ihrem Fall. Melden Sie sich, wenn Sie noch etwas brauchen.«
Und wieder einmal hatte die Aussicht auf ein mageres Gehalt eine vielversprechende Karriere bei der Staatsanwaltschaft im Ansatz erstickt.
Bailey und ich begaben uns eine Etage tiefer. Unter Einsatz all unserer Ermittlungskünste schafften wir es rasch, unsere Zielobjekte ausfindig zu machen. Die Namensschilder an den Türen taten das Ihre.
»Lange niemanden mehr mit dem Namen Phyliss kennengelernt«, stellte ich fest.
Bailey nickte. »Der Name ist schon vor einer Weile von der Liste der coolsten Babynamen gestrichen worden.«
Wir überraschten Phyliss mit dem uncoolen Namen just in dem Moment, als sie sich von ihrem Schreibtisch wegschob. Zweifellos wollte sie sich soeben in die einzige körperliche Ertüchtigung stürzen, die sie und die anderen Juniorpartner an diesem Tag bekommen würden – den Gang in die Cafeteria für ein schnelles Mittagessen.
»Klopf, klopf«, sagte Bailey von der Schwelle aus und streckte der Frau ihre Dienstmarke hin.
Phyliss, der kurzhaarige, sachliche, athletische Typ, wich unwillkürlich zurück.
»Wow«, sagte sie und riss die Hände hoch. »Mir schon klar, dass ich meine Strafzettel ein wenig spät bezahlt habe, aber ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
»Falschparken ist eine ernste Angelegenheit Ms Blankmeyer«, sagte ich streng.
»Und wer sind Sie?«, fragte sie sichtlich alarmiert.
Ich zog ebenfalls meine Dienstmarke hervor. »Rachel Knight. Staatsanwaltschaft.«
»Sie machen Witze«, sagte sie und schaute von mir wieder zu Bailey zurück.
»Stimmt, das tu ich«, sagte ich kichernd. »Der schlichte Humor der Gesetzesvollstrecker.«
Bailey warf mir einen missbilligenden Blick zu. »Wir würden gern mit Ihnen über Lilah Bayer sprechen.«
Phyliss seufzte und schüttelte den Kopf. »Okay. Ich kann Ihnen aber auch nicht mehr erzählen als diesem Typen damals.«
»Rick Meyer?«, fragte ich.
Phyliss blinzelte. »Ich denke schon … Ja genau. Seit Lilah verhaftet worden ist, habe ich sie nicht mehr gesehen. Mann, wie krass.«
»Haben Sie zufällig eine Idee, wo sie abgeblieben sein könnte? Oder wie wir sie erreichen könnten?« Ich verband keine großen Hoffnungen mit meiner Frage.
Phyllis zuckte mit den Achseln. »Seit sie verhaftet wurde, war sie eine Unberührbare. Plötzlich litten alle unter Gedächtnisschwund. Lilah wer? Ich muss zugeben, dass sie mir ein bisschen leidgetan hat. Das war doch Schwachsinn, das wussten wir alle, aber trotzdem. Wo bleibt denn da die Unschuldsvermutung?«
»War je die Rede davon, sie nach dem Freispruch wieder einzustellen?«, fragte ich.
»Vielleicht hätte man darüber nachgedacht – wenn sie denn je den Wunsch geäußert hätte«, sagte Phyliss.
Sie hatte es gar nicht versucht. Das war erstaunlich und gleichzeitig bezeichnend. Nirgendwo wäre eine nachsichtige Entscheidung so wahrscheinlich gewesen wie in ihrer alten Kanzlei – auch wenn die Chancen nicht gut stehen mochten. Arbeitgeber hingegen, bei denen sie ihre Fähigkeiten noch gar nicht unter Beweis gestellt hatte, würden sich vor dem Hintergrund einer Mordanklage sicher nicht für sie interessieren. Irgendetwas musste sie aber doch getan haben? Was auch immer es war, sie musste es in aller Heimlichkeit getan haben.
»Haben Sie auch privat mit ihr zu tun gehabt, als sie Juniorpartnerin hier war?«, fragte ich.
»Ja und nein«, sagte sie. »Manchmal ist sie nach Feierabend mit uns ausgegan…« Phyliss unterbrach sich so abrupt, dass ich ein mentales Schleudertrauma erlitt.
»Aber?«, hakte Bailey nach.
Phyliss starrte an uns vorbei. »Ich hatte nie das Gefühl, dass es ihr um unsere Gesellschaft ging. Sie schien sich eher mit dem neuesten Bürotratsch versorgen zu wollen. Lilah war unglaublich ehrgeizig. Nicht dass wir das nicht wären, aber …«
Wieder unterbrach sich Phyliss
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