Toedlicher Blick
Lucas eingestiegen war, sagte der Cop vorwurfsvoll: »Vier Raser. Kommen jetzt mit Ungestraftheit davon.«
»Ungestraftheit, hmm? Sie machen wohl gerade einen Wortschatzerweiterungskurs, wie?«
Bei der Rückkehr erwarteten Del und Marshall ihn ungeduldig, und Lucas brauchte zwei Minuten, um ihnen vom Ergebnis seines Gesprächs mit Wood zu berichten. Marshall ergänzte: »Das Fax aus Stout ist eingetroffen. Er war zwei Jahre dort, ging dann im Jahr nach Lauras Verschwinden nach Madison. In Stout hatte er als Hauptfach bildende Kunst belegt, in Madison dann, wie ich durch einen Anruf geklärt habe, Kunstgeschichte.«
»Er ist also fachlich in der Lage, die Zeichnungen anzufertigen«, stellte Lucas fest.
Marshall fragte: »Ich wundere mich, was er mit diesem Zuhälter zu tun haben konnte.«
»Das können wir jetzt ja Randy fragen«, sagte Lucas. »Wir brauchen einen Cop von der Ermittlungsabteilung, der Qatar auf den Fersen bleibt und ein Foto von ihm macht, ohne dass er es merkt.«
»Lane kann das erledigen«, sagte Marcy. »Er ist ein guter Fotograf, und er hat eine Dunkelkammer zu Hause.«
»Okay, klingt nicht schlecht. Setz Lane gleich auf ihn an.«
Als alle versammelt waren, fasste Lucas zusammen, was sich ergeben hatte: Qatar hatte zum Zeitpunkt des Verschwindens von Laura Winston in Stout studiert. Er war ganz in der Nähe der St. Patrick-Universität aufgewachsen, an der sein Vater Professor gewesen war und seine Mutter Verwaltungsangestellte; sie war später zur Leiterin des Wells Museums aufgestiegen. Auf Qatar passte auch die Beschreibung, die Laura von ihm gegeben hatte – man musste sich ihn nur mit noch vollem Haar vorstellen. Er hatte im Rahmen seines Studiums Zeichenunterricht gehabt. Sein Büro lag nur ein paar Türen von Neumanns Büro entfernt, auf demselben Flur. Seine Mutter war zu Tode gekommen, nachdem sie davon gesprochen hatte, wie Miss Marple ein bisschen rumzuschnüffeln. Und seine derzeitige Freundin gleicht vom Äußeren her genau den ermordeten Frauen.
»Ihr Name ist Ellen Barstad«, sagte Marcy. »Glaubt’s oder nicht, es gibt zwei Ellen Barstads in Minneapolis, und wir müssen die richtige noch aussortieren.«
»Wir wissen«, fuhr Lucas fort, »dass er Wertsachen seiner Opfer an sich nimmt – nicht als Souvenirs, sondern um sie zu Geld zu machen. Wenn wir in sein Haus kommen, müssen wir alles ganz sorgfältig durchsuchen, falls er Gegenstände der Opfer bei sich aufbewahrt hat. Wenn wir eine einzige Sache finden, die von einem Opfer stammt, wäre das ein unschlagbarer Beweis.«
»Wir müssen dann auch sofort seinen Computer sicherstellen«, sagte Lane. »Wenn Marcys Künstlerfreund Recht hat und er seine Zeichnungen nach Computerfotos anfertigt, steckt dort vielleicht alles drin, was wir brauchen.«
»Sehr gut«, bestätigte Lucas. Er machte sich eine Notiz, sagte dann: »Ich möchte nur mal wissen, warum wir nicht eher auf Qatar gestoßen sind, nachdem wir so intensiv in St. Patrick recherchiert haben.«
Black gab die Antwort: »Weil wir zunächst mal nach Leuten gesucht haben, die mit bildender Kunst, der
Kunst
-Fakultät und dem Museum zu tun hatten. Das waren hunderte. Und danach haben wir einfach nur noch planlos rumgefragt. Qatar und Neumann gehören aber zur kunst
geschichtlichen
Fakultät.« Er hob die Schultern. »Um diesen Haufen haben wir uns nicht gekümmert.«
Sie hatten sich stehend vor dem Schreibtisch im Erker versammelt, zogen sich aber nach und nach Stühle heran, so dass sie schließlich einen ungeordneten Kreis bildeten. Alle waren eifrig bei der Sache. Nachdem sie sämtliche Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten durchgesprochen hatten, sagte Lucas: »So, jetzt sagt mir mal, ob ich richtig liege … Ich sehe zwei hauptsächliche Ansatzpunkte: Wir brauchen Randy zur Identifizierung des Mannes, der ihm den Schmuck verkauft hat, und vielleicht –
vielleicht –
können wir über Qatars derzeitige Freundin den Fall knacken.«
»Ich kann bestimmt ein sauberes Porträtfoto von ihm schießen«, sagte Lane. »Was allerdings einen oder zwei Tage dauern kann, wenn er mich nicht dabei sehen soll.«
»Du musst dich beeilen«, sagte Lucas. »Am liebsten hätte ich das Foto heute noch, damit wir es Randy zeigen können.«
»Was ist mit der Freundin?«, fragte Del.
»Wir beide erledigen das«, sagte Lucas.
»Ich bin auch dabei«, sagte Marshall.
Lucas nickte und wandte sich an Swanson und Black: »Ihr beiden geht wieder nach St. Patrick. Seht zu, wie ihr es
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