Tödlicher Champagner (German Edition)
Michael beobachtete sie mit objektiver Bewunderung. Sie müsste großartig auf einer Leinwand aussehen. Das hatte er schon immer gefunden. Ihre Haltung, ihr Hochmut. Die paar Pfunde, die sie optisch durch die Kamera mehr bekommen würde, konnten ihrem zu eckigen, gertenschlanken Körper nicht schaden. Und das brandrote Haar wäre auf der Leinwand zu einem Signalfeuer geworden, wogegen es in der Realität einfach zu stark leuchtete. Er hatte sich oft gefragt, warum sie es nicht etwas unauffälliger färbte.
Im Moment interessierte er sich jedoch nur für ihre Gedanken. Das Geld war ihm verdammt gleichgültig, aber er wollte nicht zusehen, wie alles unter die Geier fiel. Und wenn er Pandora dafür rau anfassenmusste, tat er es eben. Und vielleicht würde es ihm sogar Spaß machen.
Millionen! Pandora zuckte zusammen. Über oder unter einem bestimmten Einkommen gab es nichts als Sorgen. Aber auf einem netten, angenehmen Niveau ließ es sich leben, und sie hatte es fast schon gefunden. Wie sie die Sache sah, musste sie wie bei einem Schachspiel ihre Züge überlegen.
Sie hatte nie mit einem Mann zusammengelebt. Ganz bewusst nicht, Pandora wollte sich nur nach sich selbst richten müssen. Es war weniger, dass sie Dinge nicht teilen wollte. Sie wollte Lebensraum nicht teilen. Wenn sie jetzt zustimmte, war das schon die erste Konzession.
Dazu kam die Tatsache, dass Michael attraktiv war, attraktiv genug, um beunruhigend zu wirken, wäre er nicht gleichzeitig so ärgerlich gewesen. Ärgerlich und selbst leicht verärgert, erinnerte sie sich amüsiert. Sie wusste, welche Knöpfe sie drücken musste, um ihn zu irritieren. Hatte sie sich nicht stets damit gebrüstet, dass sie mit ihm umgehen könne? Es war nicht immer einfach gewesen. Dafür war er zu klug, aber das hatte ihre Wortwechsel interessant gemacht. Allerdings waren sie nie länger als eine Woche zusammen gewesen.
Es gab eine klare, unbestreitbare Tatsache: Sie hatte ihren Onkel geliebt. Wie konnte sie mit sich leben, wenn sie ihm einen letzten Wunsch verwehrte? Oder einen letzten Scherz?
Pandora blieb stehen und betrachtete Michael. „Sag mal, Cousin, wie können wir sechs Monate unter einem Dach leben, ohne uns zu schlagen?“
„Gar nicht.“
Michael hatte so schnell geantwortet, dass sie lachte. „Ich glaube, ich würde mich langweilen, falls wir uns nicht schlagen sollten. Ich könnte innerhalb von drei, höchstens vier Tagen einziehen.“
„Sehr gut.“ Als sich seine Schultern entspannten, erkannte er, wie sehr er gefürchtet hatte, sie werde ablehnen. Im Moment wollte er nicht untersuchen, warum ihm das so wichtig war. Er streckte ihr die Hand entgegen. „Abgemacht.“
Pandora neigte den Kopf und schlug ein. „Abgemacht.“ Sie war überrascht, dass sich seine Hand hart und ein wenig schwielig anfühlte, nicht wie erwartet weich und schlaff. Immerhin tippte er bloß auf der Maschine. Vielleicht hielten die nächsten sechs Monate einige Überraschungen bereit.
„Sollen wir es den anderen mitteilen?“, fragte er.
„Sie werden uns umbringen wollen.“
Michael fand ihr Lächeln gleichzeitig reizend und boshaft. „Ich weiß“, bestätigte er. „Versuche, nicht zu sehr zu strahlen.“
Als sie den Salon verließen, hatten sich die Verwandten auf dem Korridor versammelt und taten, was sie gemeinsam am besten konnten: Sie stritten.
„Du würdest deinen Anteil für Möhrensaft verplempern“, sagte Biff verächtlich zu Hank. „Ich wüsste wenigstens etwas mit dem Geld anzufangen.“
„Es auf Pferde zu verwetten“, sagte Monroe und stieß eine alles erstickende Wolke Zigarrenrauch aus. „Investieren. Abzüglich Steuern.“
„Du könntest für dein Geld einen Kurs besuchen, wie man in ganzen Sätzen spricht.“ Carlson zog sich aus dem Rauch zurück und richtete seinen Krawattenknoten. „Ich bin der einzige Sohn des alten Herrn. Es ist meine Aufgabe, seine Unzurechnungsfähigkeit zu beweisen.“
„Onkel Jolley besaß mehr Zurechnungsfähigkeit als ihr alle zusammen.“ Frustriert und angewidert trat Pandora vor. „Er hat jedem von euch genau das hinterlassen, was er euch zukommen lassen wollte.“
Biff zog ein flaches goldenes Zigarettenetui hervor und warf seiner Cousine einen Blick zu. „Sieht so aus, als hätte unsere Pandora ihre Meinung geändert. Nun, du hast dafür gearbeitet, nicht wahr, Darling?“
Michael legte seine Hand auf Pandoras Schulter, bevor sie auf Biff losgehen konnte. „Du möchtest doch dein Profil behalten,
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