Toedlicher Hinterhalt
zu stellen, legte er ihn sich auf den Schoß und machte ihn auf. »Ich hab mir überlegt, dass du dir meine Kamera ausleihen könntest, wenn du möchtest.«
»Was?«
Er zog den Apparat am Trageriemen aus dem Rucksack, das riesige Objektiv war wieder aufgesetzt. »Meine Kamera. Ein neuer Film ist eingelegt. Farbe, mit sechsunddreißig Aufnahmen. Du hast doch heute Abend und morgen Vormittag frei – wenn du möchtest, kannst du den ganzen Film vollknipsen.«
Mallory starrte ihn an. »Du möchtest mir deine Kamera borgen?« Das Teil hatte einen Wert von mindestens vier Gehäl-
tern.
»Klar.« Er hielt sie ihr hin, und als sie sie nicht nahm, legte er sie einfach neben sie auf das Bett. »Die Handhabung ist ganz einfach. Man muss praktisch nur draufhalten und abdrücken. Vielleicht willst du ein bisschen mit den Einstellungen herumspielen, wenn es dunkel wird, aber wie das geht, weißt du ja wahrscheinlich noch aus dem Fotoklub.«
Er vertraute ihr seine Kamera an.
David stellte seinen Rucksack auf den Boden und streckte dann die Hände nach dem Fotoalbum aus, das sie umklammert hielt. »Also, zeig mir mal deine Bilder.«
Sie presste das Buch noch enger an ihre Brust, denn sie hatte Angst, dass sie nicht gut genug war und er schon nach einem kurzen Blick auf die Fotos zu lachen anfangen würde. »Die habe ich mit einer Instamatic gemacht. Sie sind mies, also tu nicht so, als wären sie toll, okay?«
Er lächelte. »Okay.«
Als Mallory ihm das Album gab, kribbelte es ein klein wenig in ihrem Bauch. Er hatte ein schönes Lächeln. Und tiefbraune Augen.
Er schlug die erste Seite auf, schrie und klappte den Deckel ruckartig wieder zu. »Oh mein Gott! Sind die mies! «
Mallory lachte und versetzte ihm mit nacktem Fuß einen Tritt. »Sei kein Blödmann.«
»Whow«, machte er. »Versteh ich das richtig: Wenn ich sage, sie sind mies, bin ich ein Blödmann. Wenn du das sagst …« Er schaute sie erwartungsvoll an.
Mallory verdrehte die Augen. »Bin ich auch ein Blödmann. Na gut, sie sind nicht mies, okay?«
»Aha. Jetzt kommt die Wahrheit raus.«
»Du sollst nur … nicht zu viel erwarten und nicht lügen, ja?«
»Okay.« Er schob die Kamera beiseite, damit er das Fotoalbum auf dem Bett aufklappen konnte. Und mit einem Mal saß er ganz vertieft und konzentriert über die Bilder gebeugt.
»Einige von denen sind richtig gut, Mal. Sieh dir zum Beispiel das hier an.« Er zeigte auf ein Foto, das beim Babysitten der O’Keefe-Zwillinge entstanden war. Das hatte sie selbst auch immer mit am besten gefunden. »Schau dir die Bildkomposition an. Wie du das Schaukelgerüst als Rahmen für das Foto genutzt hast, ist großartig. Und die Bewegung der beiden Kinder wurde eingefangen – es ist wirklich dynamisch, dabei hast du es mit einer Instamatic aufgenommen.
Mallory musterte ihn, während er redete. Er zeigte sich so enthusiastisch, sprach mit den Händen, den Augen, mit dem ganzen Körper. Er war ganz anders als Brandon, Mr Ich-bin-zu-cool-um-was-anderes-als-gelangweilt-zu-sein.
David hatte an diesem Tag ziemlich modische Shorts an, die bis über die Knie reichten. Trotzdem kam der Idioten-Faktor durch, denn dazu trug er echt blöde dunkle Socken, seine ausgelatschten Sneakers und ein enorm hässliches kurzärmeliges, kariertes Hemd mit Button-down-Kragen. Aber das machte nichts. Auch sein fieser Haarschnitt und die hässliche Brille waren egal.
Bei alldem ging es nur um Oberflächliches. Eine Stunde im Einkaufszentrum, ein paar Fakten über Dos and Don’ts in Sachen Mode, und David würde sich vom Streber in einen durchschnittlich aussehenden Kerl verwandeln. Aber ein supergeiler Typ wie Brandon ließ sich natürlich nicht aus ihm machen.
Umgekehrt hingegen wäre sehr viel mehr als nur ein Ausflug ins Einkaufszentrum nötig, um Brandon in jemanden zu verwandeln, der so klug und lustig und nett und echt süß war wie Da-
vid.
Mallory musste lachen.
David lächelte sie bloß an und redete weiter – er fand es gar nicht komisch, dass sie plötzlich laut auflachen hatte müssen.
Es war lächerlich, nicht zu fassen und doch unglaublich cool.
Sie, Mallory Paoletti, verknallte sich gerade total in David Sullivan.
»Dachte ich’s mir doch, dass ich dich habe kommen hören.« Charles schaltete das Deckenlicht ein. »Warum sitzt du denn im Dunkeln hier im Wohnzimmer herum?«
Kelly wandte sich nicht zu ihm um. »Ich bin erschöpft und verkrieche mich. Warum bist du noch auf? Joe hat einen Zettel hingelegt, auf dem
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