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Toedlicher Hinterhalt

Toedlicher Hinterhalt

Titel: Toedlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Brockmann
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Spitze, doch die Erinnerungen verschwanden davon nicht.
    Frankreich.
    1944.
    Der Sommer nach der Landung in der Normandie.
    Er blinzelte, und plötzlich schien in seinem Zimmer helllichter Tag zu sein. Und als er noch einmal blinzelte, befand er sich nicht mehr in seinem Zimmer, sondern in Cybeles Küche.
    Statt ein achtzigjähriger, sterbender Mann zu sein, war er vierundzwanzig und genas gerade von seinen Verletzungen.
    Es ging ihm gut. Mit einem Stock konnte er umherschlurfen. Die Fäden an seiner Seite und an der Schulter waren ihm von Cybele gezogen worden, und erst tags zuvor hatte er die Schlinge abgelegt.
    Cybele – die in ihm eine Art Held sah, weil er noch einmal in diese Kirche gelaufen war, um ein zurückgelassenes Kind zu holen. Dabei wusste er nicht, warum er es getan hatte. Er konnte sich noch nicht einmal mehr richtig daran erinnern. Die gesamte Schlacht lag für ihn im Nebel. Und als er von den Kugeln getroffen worden war, hatte er fest damit gerechnet, sterben zu müssen.
    Doch da war er nun und nahm immer noch Raum in Anspruch – wenn auch zum Glück keinen in einem Kriegsgefangenenlager der Krauts. Vielmehr behandelte man ihn in diesem Hauptquartier des französischen Widerstands in einer Kleinstadt wie einen Helden.
    Dieser Joe Paoletti – Charles sollte ihn Guiseppe nennen – hatte viel mehr seinen Mann gestanden als er selbst. Er arbeitete für das OSS , verdammt noch einmal, und dennoch bekam er beim Abendessen kein zusätzliches Ei. Und selbst wenn, hätte er es wohl nicht gegessen. Er war viel zu heroisch, um das Ei nicht an jemanden weiterzugeben, der die Nahrung dringender brauchte als er.
    Obwohl sich Joe in Sachen Heldentum ein bisschen zu ehrgeizig zeigte, trotz seiner eindringlichen und etwas zu ernsten Art, mochte Charles den Mann. Wie denn auch nicht? Es wäre so, als könnte man Jesus nicht leiden.
    Es war nur eine Frage von Tagen, bis er, Cybele und die anderen ihn wieder hinüber zur anderen Seite der Front schleusen würden, die Seite der Alliierten.
    Charles konnte es nicht erwarten, zu gehen.
    Und das, obgleich sich sein Leben hier in Ste.-Hélène verglichen mit den Alternativen – Gevatter Tod und seinem Großcousin oder einem Dasein in einem Konzentrationslager der Nazis – ziemlich angenehm gestaltete. Er wagte es zwar nicht, bei Tageslicht einen Fuß vor die Tür zu setzen, denn fünf Häuser weiter von Cybele wohnte einer der ranghöchsten Nazis der Stadt, aber das passte schon. Wie die meisten anderen Männer verbrachte er die Tage meistens recht träge. Henri, die beiden Typen, die er Luc Un und Luc Deux getauft hatte, sowie die anderen Kerle gingen selten bei Tageslicht irgendwohin. Sie waren überwiegend nachts aktiv und bewegten sich nur im Schatten vorwärts, wie Ghule oder Vampire. Noch vor Sonnenaufgang kehrten sie dann in Cybeles Haus zurück, schliefen bis mittags oder noch länger auf dem Küchenfußboden und hielten sich vor den Nazis versteckt.
    Cybele und die anderen Frauen indes führten ein Doppelleben. Sie nahmen trotz der Gefahren oft an den nächtlichen Aktionen der Männer teil, lebten jedoch auch einen »normalen« Alltag, kochten für die kleine Armee von Widerstandskämpfern, die auf dem Küchenboden schlief, putzten, machten die Wäsche oder angelten im Fluss.
    Cybele zum Beispiel führte Flickarbeiten aus, um etwas Geld für Mehl und Brot zu verdienen. Sie und die anderen Frauen saßen nicht herum, ohne eine Socke und eine Stopfnadel in den Händen zu halten.
    Und welch Ironie – ihre besten Kunden waren die Nazisoldaten, die in den Straßen der Stadt patrouillierten. Immer wieder landeten ihre löchrigen Socken im Korb der Französin.
    Der heilige Joe schien ebenso rastlos zu sein wie Cybele. Er verbrachte den Großteil des Tages draußen auf dem kleinen Grundstück hinter dem Haus – selbst dann, wenn er bis zum Morgengrauen auf den Beinen gewesen war. Er hatte jeden brauchbaren Zentimeter Land in einen Gemüsegarten verwandelt, hegte diesen mit noch mehr Sorgfalt als ein Geizkragen eine Truhe Gold und rang der Erde wertvolle Nahrung ab. Für ein Kind aus New York City besaß er einen verdammt grünen Daumen.
    Charles’ Französisch wurde besser. Oder vielmehr verstand er immer mehr von dem, was die anderen sagten. Denn trotz Cybeles großmütiger Nachhilfe, konnte er die Sprache immer noch nicht sprechen.
    Sie lachte jedoch jedes Mal über seine Versuche. Und offen gestanden, machte diese Reaktion das Scheitern wieder wett.
    Auf

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