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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sahen Sie jemanden ins Haus gehen oder es verlassen, vielleicht jemanden, dessen Anwesenheit damals nicht bekannt ist… War es Ihr Bruder Michael, Miss Jackson?«
    »Ich habe niemanden gesehen«, erwiderte Tina.
    »Und was haben Sie gehört?«, fragte Huish eindringlich.
    »Ich habe nichts gehört und nichts gesehen, ich habe es mir ganz einfach anders überlegt.«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, Miss Jackson, das glaube ich Ihnen einfach nicht. Warum sollten Sie von Redmyn zum Sonneneck und wieder zurückfahren, ohne Ihre Familie zu besuchen? Sie müssen es sich aus einem ganz bestimmten Grund anders überlegt haben…
    Miss Jackson, ich glaube, Sie wissen, wer Ihre Mutter ermordet hat.«
    Tina schüttelte den Kopf.
    »Irgendetwas wissen Sie«, beharrte Huish, »aber Sie sind fest entschlossen, es mir nicht zu sagen. Bitte, überlegen Sie sich das alles noch einmal gründlich. Sind Sie sich darüber klar, dass Ihre Familie unendlich leidet, Miss Jackson? Wissen Sie, dass jedes einzelne Familienmitglied weiterhin unter Verdacht stehen wird, wenn es uns nicht gelingt, die Wahrheit zu ergründen? Der Mörder Ihrer Mutter, wer immer es sei, verdient es nicht, von Ihnen gedeckt zu werden.«
    Wieder sah Tina ihn mit großen, undurchdringlichen Augen an. »Ich weiß von nichts. Ich habe nichts gehört und nichts gesehen, ich habe es mir nur anders überlegt.«

20
     
    C algary und Huish sahen einander an. Der Superintendent machte auf Calgary einen sehr enttäuschten, deprimierten Eindruck. Der hagere, intelligente, vorzeitig ergraute Mann mit den leicht abfallenden Schultern, der ihm an dem breiten Schreibtisch gegenübersaß, zwang sich zu einem liebenswürdigen Lächeln.
    »Ich fürchte, Sie wissen nicht, wer ich bin«, begann Calgary.
    »Doch, doch, Sie sind der Mann, der den Stein ins Rollen gebracht hat«, erwiderte Huish. »Aufgrund Ihrer Aussage sahen wir uns gezwungen, den Fall wieder neu aufzunehmen.«
    »Und daher werden Sie gewiss nicht entzückt sein, meine Bekanntschaft zu machen«, stellte Calgary fest.
    »Im Gegenteil, in unserem Beruf muss man mit derartigen Komplikationen rechnen«, erwiderte Huish. »Der Fall schien ganz klar zu liegen, und niemand konnte uns seinerzeit einen Vorwurf machen. Wie gesagt, solche Dinge kommen nun einmal vor, und wir machen Sie bestimmt nicht dafür verantwortlich. Schließlich kämpfen wir alle für die gerechte Sache, für den Sieg der Wahrheit, nicht wahr?«
    »Ja – für die gerechte Sache«, sagte Calgary. Dann fügte er leise hinzu: »Wir wollen einem jeden Gerechtigkeit widerfahren lassen.«
    »Magna Charta«, bemerkte der Superintendent.
    »Miss Tina Jackson hat mich an dieses Zitat erinnert«, bemerkte Calgary.
    Huish hob die Augenbrauen.
    »Tatsächlich? Hochinteressant! Bisher hat diese junge Dame sich nicht sehr bemüht, der gerechten Sache zu helfen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Calgary.
    »Wir wissen mit Bestimmtheit, dass sie uns gewisse Informationen vorenthalten hat.«
    »Aus welchem Grund?« fragte Calgary.
    »Schwer zu sagen, wahrscheinlich aus familiären Rücksichten. Aber kommen wir zur Sache. Weshalb wollten Sie mich sprechen, Dr. Calgary?«
    »Ich möchte Sie um eine Auskunft bitten, obwohl ich eigentlich kein Recht habe, Ihnen Fragen zu stellen.«
    »Aber bitte, ich kann völlig verstehen, dass Sie sich in gewisser Weise verantwortlich fühlen.«
    »Ich danke Ihnen sehr für Ihr Verständnis, Superintendent.
    Ich wollte Sie darum bitten, mir Näheres über Clark Jackson mitzuteilen.«
    »Clark Jackson! Das ist allerdings eine unerwartete Frage«, sagte Huish.
    »Ich weiß, dass er vorbestraft war, aber ich würde gern Genaueres wissen«, erläuterte Calgary.
    »Nichts leichter als das«, erwiderte Huish, »er ist zweimal mit Bewährungsfrist davongekommen; einmal handelte es sich um eine Unterschlagung, und er konnte sich nur dadurch retten, dass er im letzten Augenblick den ganzen Betrag auf den Tisch legte.«
    »Mit anderen Worten, der junge Mann war auf dem besten Weg, eine kriminelle Karriere einzuschlagen«, stellte Calgary fest.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung, Dr. Calgary, auch wenn wir seit Ihrer Aussage wissen, dass er kein Mörder war. Meiner Ansicht nach war er nicht aus hartem Holz geschnitzt, und ich glaube kaum, dass er jemals Verbrechen im großen Stil beging. Eher hätte ich ihm einen Portokassendiebstahl zugetraut. Außerdem war es seine Spezialität, ältere Frauen um ihre Ersparnisse zu prellen.«
    »Auf diesem

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