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Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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unterbrach Kirsten ihn ungeduldig, »nur weil er ein bekannter, berühmter Mann ist, glauben Sie ihm alles. Aber auf eines können Sie sich verlassen: Wenn jemand eine so schwere Gehirnerschütterung hatte wie er, wird er höchstwahrscheinlich an Gedächtnisstörungen leiden. Es mag sich um einen anderen Tag gehandelt haben, um eine andere Zeit, um einen anderen Ort.«
    Philip sah sie von der Seite an.
    »Sie haben also vor, bei dieser Version zu bleiben, obwohl Sie selbst nicht daran glauben, Kirsty?«
    »Ich habe Sie gewarnt, mehr kann ich nicht tun«, beendete Kirsten das Gespräch und verließ den Raum.
    Einen Augenblick später steckte sie den Kopf noch einmal ins Zimmer und sagte ruhig:
    »Bitte richten Sie Mary aus, dass ich die saubere Wäsche in die mittlere Schublade gelegt habe.«
    Philip lächelte ein wenig über den plötzlichen Umschwung ihrer Stimmung, doch dann verging ihm das Lachen, und er spürte eine große innere Erregung. Er hatte das Gefühl, der Wahrheit ganz nahe gekommen zu sein. Das Experiment mit Kirsten war höchst erfolgreich verlaufen, obwohl er kaum annahm, noch mehr aus ihr herauszubekommen. Ihre Besorgtheit um ihn ärgerte ihn nicht wenig; glaubte sie wirklich, dass er sich nicht zu schützen wüsste, nur weil er im Rollstuhl saß? Wurde er nicht genügend bewacht und behütet? Schließlich wich Mary fast nie von seiner Seite.
    Er nahm einen Briefbogen zur Hand und begann zu schreiben… Kurze Notizen, Namen, Fragezeichen…
    Plötzlich nickte er und schrieb: Tina…
    Er nahm ein weiteres Blatt Papier, und als Mary das Zimmer betrat, blickte er kaum auf.
    »Was machst du da, Philip?«
    »Ich schreibe einen Brief.«
    »An Hester?«
    »Hester? Nein, ich weiß nicht mal, wo sie wohnt. Kirsty hat gerade eine Ansichtskarte aus London ohne Absender von ihr bekommen. Bist du etwa eifersüchtig auf Hester, Polly?«
    Sie warf ihm einen eiskalten Blick zu.
    »Vielleicht.«
    Er fühlte sich etwas unbehaglich. Sie kam einen Schritt näher.
    »An wen schreibst du?«
    »An den Staatsanwalt«, erwiderte Philip lächelnd, obwohl Ärger in ihm aufstieg. Konnte man nicht einmal einen Brief schreiben, ohne ins Kreuzverhör genommen zu werden?
    Dann blickte er in ihr besorgtes Gesicht und gab sich zufrieden. »Es war nur ein Scherz, Polly, ich schreibe an Tina.«
    »An Tina, warum?«
    »Weil ich mich etwas gründlicher mit ihr beschäftigen will. Wohin willst du, Polly?«
    »Ins Badezimmer«, sagte Mary und ging hinaus.
    Ins Badezimmer… Wie in der Mordnacht… Philip lachte, als er sich ihrer Unterhaltung über dieses Thema entsann.
     
    »Na, dann leg mal los, mein Junge«, sagte Superintendent Huish aufmunternd.
    Cyril Green holte tief Atem, aber bevor er etwas sagen konnte, ergriff seine Mutter das Wort.
    »Sie wissen ja selber, wie das ist, Sir, zuerst hab ich gar nicht richtig hingehört, die Kinder denken doch nur noch an Raumschifffahrt und an Sputniks und so was. Früher waren’s meistens diese fliegenden Untertassen… Und ich sage immer, an allem sind die Russen schuld.«
    Superintendent Huish seufzte und dachte, wie viel einfacher alles wäre, wenn Mütter nicht immer darauf bestünden, ihre Söhne zu begleiten und für sie zu sprechen.
    »Also Cyril, du bist nach Hause gegangen und hast deiner Mutter erzählt, dass du diesen russischen Sputnik gesehen hast, oder was immer es gewesen sein mag.«
    »Na ja, damals hab ich’s eben noch nicht besser verstanden«, erklärte Cyril. »Ich war ja noch klein und wusste noch nicht so gut Bescheid wie heute.«
    »Damals waren diese kleinen Dinger auch noch ganz neu, wie heißen sie doch gleich – Kabinenroller, nicht wahr?«, unterbrach seine Mutter. »So was hatte er noch nie gesehen, außerdem war’s noch feuerrot, und da hat er’s eben nicht für ein gewöhnliches Auto gehalten. Na, und am nächsten Morgen hörten wir dann, dass sie Mrs Jackson umgebracht hatten… ›Muttchen‹, sagte Cyril zu mir, ›das waren die Russen, die sind in diesem Sputnik gelandet und haben sie ermordet!‹ – ›Rede keinen Quatsch‹, fuhr ich ihn an, na, und dann später hörten wir plötzlich, dass die Polizei ihren Sohn verhaftet habe.«
    Superintendent Huish wandte sich nochmals an Cyril.
    »Kannst du dich an die genaue Zeit erinnern, mein Junge?«
    Cyril, der angestrengt nachzudenken schien, atmete schwer.
    »Also, ich hatte schon Tee getrunken, und Mutti war zum Hausfrauenverein gegangen, und da bin ich noch mal rausgelaufen und hab mit den andern Jungen

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