Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Irrtum

Tödlicher Irrtum

Titel: Tödlicher Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
war in Gedanken bereits bei der Unterhaltung mit Tina.
    Er bemerkte Marys sonderbaren Gesichtsausdruck und sagte: »Denkst du etwa noch immer, dass ich heimlich in Hester verliebt bin, Polly?«
    Sie blickte weg. »Du findest sie aber bezaubernd, nicht wahr?«
    »Allerdings – sie ist schlank und zart und elfenhaft.«
    Er fügte trocken hinzu: »Wie dem auch sei, die Rolle des Verführers kann ich sowieso nicht spielen.«
    »Vielleicht würdest du es gern…«
    »Mach dich doch nicht lächerlich, Polly, ich wusste gar nicht, dass du zur Eifersucht neigst.«
    »Was weißt du denn überhaupt von mir, Philip? Ich habe nur einen Wunsch, du sollst mir gehören, mir allein. Ich wünschte, wir beide wären ganz allein auf der Welt – nur du und ich.«
    »Dann würde uns der Gesprächsstoff bald ausgehen«, sagte er leichthin, aber er fühlte sich etwas unbehaglich. Über den hellen Morgen schien sich plötzlich ein grauer Schleier zu legen.
    »Lass uns nach Hause gehen, Philip, bitte, bitte, lass uns nach Hause gehen«, drang sie auf ihn ein.
    »Bald, mein Liebling, gib mir noch etwas Zeit. Gerade jetzt scheinen sich die Dinge zu entwickeln. Heute Nachmittag kommt Tina, und ich verspreche mir viel von unserer Unterhaltung.«
    »Inwiefern?«
    »Tina weiß etwas.«
    »Über den Mord?«
    »Ja.«
    »Aber wie ist das möglich? Sie ist in der Mordnacht nicht einmal hier gewesen.«
    »Ich glaube, sie war doch hier. Unsere Putzfrau hat mir etwas Merkwürdiges erzählt.«
    »Was hat sie dir erzählt?«
    »Ein bisschen Dorfklatsch. Ein kleiner Junge namens Cyril ist mit seiner Mutter auf der Polizei gewesen, weil er am Mordabend etwas gesehen haben will.«
    »Was will er gesehen haben?«
    »Das ist alles nicht so klar, aber man kann es sich zusammenreimen… Der kleine Cyril war nicht im Haus, also muss er draußen etwas gesehen haben, und somit ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder handelt es sich um Micky oder um Tina. Ich vermute, dass Tina an jenem Abend hier war.«
    »Das hätte sie uns doch gesagt.«
    »Nicht unbedingt. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass Tina uns etwas verheimlicht. Vielleicht ist sie ins Haus gekommen und hat Mutters Leiche gefunden.«
    »Glaubst du wirklich, dass sie in diesem Fall fortgegangen wäre, ohne uns etwas zu sagen? Unsinn!«
    »Sie mag ihre Gründe gehabt haben; vielleicht hat sie etwas gesehen oder gehört, das sie auf die Identität des Täters schließen ließ.«
    »Sie konnte Clark nicht leiden, ich bin sicher, dass sie nicht die Absicht hatte, ihn zu schützen.«
    »Vielleicht glaubte sie einen anderen gesehen zu haben, aber als Clark verhaftet wurde, kam sie zu der Überzeugung, dass sie sich geirrt haben musste. Nachdem sie einmal behauptet hatte, nicht hier gewesen zu sein, musste sie bei ihrer Aussage bleiben. Jetzt sieht die Sache natürlich ganz anders aus.«
    »Ich glaube, du redest dir das alles nur ein, du hast eine zu lebhafte Phantasie, Philip«, sagte Mary ungeduldig.
    »Nun, wir werden ja sehen. Auf jeden Fall will ich versuchen, Tina die Wahrheit zu entlocken.«
    »Sie wird dir nur so viel erzählen, wie sie mag.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht, Tina sagt ja nie viel, sie ist ein sehr verschlossener Mensch; andererseits kann sie nicht gut lügen. Ich werde ihr geschickte Fragen stellen, und ich hoffe, auf diese Weise etwas zu erfahren. Ich werde Vermutungen anstellen und diese in Form von Fragen äußern, die mit ja oder nein zu beantworten sind. Weißt du, was dann passiert? Dreierlei. Entweder sie sagt ja – und es ist die Wahrheit. Oder sie sagt Nein – und da sie, wie gesagt, nicht gut lügen kann, werde ich merken, ob ihr Nein stimmt oder nicht. Oder sie sagt gar nichts und setzt ihre Pokermiene auf – und das, Polly, wäre fast soviel wert wie ein ja. Komm schon, du musst doch zugeben, dass meine Technik einiges für sich hat.«
    »Ich wünschte, du würdest die Finger davonlassen, Philip, es kann zu nichts Gutem führen.«
    »Nein, das ist unmöglich. Diese Angelegenheit muss aufgeklärt werden, sonst wird Hester sich über kurz oder lang aus dem Fenster stürzen und Kirsten einen Nervenzusammenbruch bekommen. Leo ist bereits zu einer Art Salzsäule erstarrt, und die arme Gwenda ist im Begriff, eine Stellung in Rhodesien anzutreten.«
    »Warum nimmst du dir das Schicksal der anderen so zu Herzen?«
    »Dir sind alle anderen gleichgültig, nicht wahr, du interessierst dich nur für unser Wohlergehen?«
    Sein harter, ärgerlicher Ausdruck erschreckte Mary.

Weitere Kostenlose Bücher