Tödlicher Irrtum
Gebiet scheint er viel Erfolg gehabt zu haben«, bemerkte Calgary.
»Ja, er hatte überhaupt großen Erfolg beim weiblichen Geschlecht, hauptsächlich bei älteren Frauen. Clark Jackson hatte sich eine ausgezeichnet funktionierende Methode zurechtgelegt: Er redete den armen Frauen ein, dass er leidenschaftlich in sie verliebt sei… Eine alternde Frau glaubt alles, was sie glauben möchte.«
»Und dann?« fragte Calgary.
Huish zuckte die Achseln. »Selbstverständlich wurden die Illusionen dieser Frauen nur zu bald zerstört, aber sie erstatteten niemals Anzeige, weil sie fürchteten, sich lächerlich zu machen.«
»Hat er jemals einen Erpressungsversuch gemacht?«, fragte Calgary.
»Uns ist nichts in dieser Richtung bekannt«, erwiderte Huish. »Allerdings hätte ich es ihm zugetraut. Vielleicht ist Erpressung ein etwas zu starker Ausdruck; sagen wir, ich hätte es für möglich gehalten, dass er einer der Damen gelegentlich damit drohte, dem Gatten ein Liebesbriefchen vorzulegen.«
»Ich verstehe«, sagte Calgary.
»Möchten Sie sonst noch etwas wissen?«, fragte Huish.
»Es ist mir bisher nicht gelungen, Mrs Mary Durrant, die älteste Tochter, kennen zu lernen. Als ich sie besuchen wollte, fand ich ihr Haus verschlossen, und es wurde mir gesagt, dass sie und ihr Mann fort seien.«
»Sie wohnen zurzeit im Sonneneck.«
»Sind sie noch immer dort?«
»Ja, Mr Durrant scheint es sich in den Kopf gesetzt zu haben, den Privatdetektiv zu spielen.«
»Wie ich höre, sitzt er im Rollstuhl?«
»Ein trauriger Fall, er leidet an den Folgen einer Kinderlähmung. Der arme Kerl weiß nicht, was er mit seiner Zeit anfangen soll, deshalb hat er sich mit so viel Begeisterung auf die Aufklärung des Mordes gestürzt. Er glaubt, eine Spur gefunden zu haben.«
»Was halten Sie davon?«, fragte Calgary.
»Ich halte es für nicht ganz unmöglich«, erwiderte der Superintendent. »In gewisser Hinsicht hat er bessere Chancen als wir; er kennt die Familie, außerdem ist er ein intelligenter Mensch.«
»Glauben Sie, dass er etwas herausfinden wird?«
»Mag sein«, erwiderte Huish, »aber er wird es uns bestimmt nicht mitteilen. Es bleibt dort alles in der Familie.«
»Wissen Sie, wer der Schuldige ist, Superintendent?«
»So etwas dürfen Sie mich nicht fragen, Dr. Calgary.«
»Bedeutet das, dass Sie es nicht wissen?«
»Was nützt es, etwas zu wissen, wenn man es nicht beweisen kann«, meinte Huish nach kurzem Zögern.
»Ist es nicht möglich, die Beweise zu erbringen?«
»Wir haben viel Geduld, und wir geben die Hoffnung nicht auf«, erwiderte Huish.
»Was soll aus der unglücklichen Familie werden, wenn Sie keinen Erfolg haben sollten?«, fragte Calgary eindringlich. »Haben Sie sich das schon mal überlegt?«
»Machen Sie sich deshalb Sorgen, Dr. Calgary?«
»Es ist außerordentlich wichtig, dass sie die Wahrheit erfahren«, sagte Calgary.
»Glauben Sie nicht, dass sie sie bereits kennen?«
Calgary schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ja die Tragödie.«
»Ach, Sie sind’s!« sagte Maureen Clegg überrascht.
»Hoffentlich störe ich Sie nicht«, erwiderte Calgary.
»Kein bisschen, bitte kommen Sie doch rein! Ich gehe heute nicht zur Arbeit.«
Diese Tatsache war Calgary bereits bekannt, und sie war der Grund seines heutigen Besuches.
»Joe muss jeden Augenblick zurückkommen«, erklärte Maureen.
»Wollen Sie sich nicht setzen? Ich hab übrigens inzwischen nichts mehr in der Zeitung gelesen – über Clark, meine ich. Hat man schon herausgefunden, wer es war?«
»Nein, Sie selbst haben wohl auch keine Ahnung?«
»Vielleicht war es sein Bruder Micky«, meinte Maureen nachdenklich. »So ‘n komischer, launischer Mensch! Joe sieht ihn manchmal, wenn er seine Kunden, herumfährt. Er sieht ganz gut aus, aber er macht einen unfreundlichen Eindruck. Joe hat gehört, dass er nach Persien gehen will – das lässt tief blicken, finden Sie nicht?«
»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Mrs Clegg?«
»Persien ist weit weg, da kann ihn die Polizei nicht mehr erwischen.«
»Sie glauben also, dass er sich aus dem Staube machen will?«
»Man hört so viele Gerüchte; die Leute sagen auch, dass der alte Mr Jackson mit seiner Sekretärin ein Verhältnis hat, aber wenn er es war, hätte er sie wohl eher vergiftet. Das tun Ehemänner doch meistens, nicht wahr?«
»Sie sehen mehr Filme als ich, Mrs Clegg.«
»Eigentlich gucke ich fast nie auf die Leinwand; wenn man im Kino arbeitet, werden einem die
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