Toedlicher Irrtum
sehr Leid, aber dies ist eine offizielle Untersuchung, und wir können Ihnen bisher noch nichts erzählen.«
»Es ist Vivian, nicht wahr?«, fragte eine Frau auf der rechten Seite.
Gut einsfünfzig groß, kurzes graues Haar, aufrechte Haltung und in ein voluminöses graues Sweatshirt gehüllt – aber hier war es im Gegensatz zu draußen auch tatsächlich kalt.
»Vivian ist heute Morgen gestorben«, sagte Catherine. »Richtig.«
»Eine Schande«, verkündete eine andere, kräftigere Frau. »Sie war so ein süßer Schatz.«
»Sie kannten sie?«, fragte Catherine. »Soweit ich verstanden habe, hat Mrs Elliot nicht hier gelebt.«
»Das hat sie auch nicht«, gab die erste Frau zu. »Es ist nur … wir sind der Club der Tratschbasen, wissen Sie? Wir kennen jeden. Und alles.«
»Das könnte noch hilfreich sein«, murmelte Warrick leise.
»Tratschbasen?«, wiederholte Catherine.
»Wir besuchen die Kranken und die Sterbenden«, erklärte die stämmigere Frau nüchtern. »Eigentlich dachten wir an Besucherclub, aber das klingt so uncharmant.«
»Ich finde, Club der Tratschbasen ist perfekt«, meldete sich einer der wenigen Männer aus dem Hintergrund zu Wort.
»Du bist still, Clarence«, konterte die stämmige Frau gutmütig, was mit allgemeinem Gelächter belohnt wurde.
Catherine konzentrierte sich auf die Frau, die anscheinend die Anführerin war. »Und Sie sind?«
»Alice Deams – ich bin die Präsidentin des Clubs, und das ist meine Vizepräsidentin, Willestra McFee.« Mit einem Nicken deutete sie auf die stämmige Frau. »Und das ist unsere Schatzmeisterin, Lucille …«
Catherine unterbrach die Vorstellung. »Verstehe ich richtig, dass Sie alle hier wohnen?«
Alice nickte. »Die meisten von uns wohnen in dem Tagespflegehaus nebenan. Dora und Helen …« Zwei Frauen, die gleich neben David standen, winkten. »… leben in den Apartmenthäusern auf der anderen Seite.«
»Und Sie kommen jeden Tag hierher?«
»Die meisten von uns«, erklärte Willestra. »Es sei denn, wir haben einen Arzttermin oder Margies Arthritis wird wieder schlimmer, dann verbringt sie den ganzen Tag in ihrem Zimmer und sieht fern.«
»Dann haben Sie es also auf sich genommen, die Kranken zu besuchen?«
»Oh, aber ja. Das ist eine christliche Tat, und außerdem werden wir eines Tages alle auf dieser Station landen, nicht wahr? Und dann werden wir uns Gesellschaft wünschen. Diese Leute sind unsere Freunde und Nachbarn, wissen Sie?«
Lauter fragte Catherine: »Hat jemand von Ihnen Vivian Elliot gut gekannt?«
»Ich habe vermutlich die meiste Zeit mit ihr verbracht«, antwortete Alice. »Sie war wirklich ein tolles Mädchen.«
»Hatte Vivian irgendwelche Angehörigen?«, fragte Warrick.
Alice schüttelte den Kopf. »Nein, und das ist eine Tragödie. Ihr Mann ist erst vor einem Jahr gestorben, und sie hatten nur ein Kind, eine Tochter, die mit siebzehn bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Der Fahrer ist einfach davongefahren. Viv hat immer noch um das Mädchen getrauert.«
»Keine Brüder oder Schwestern?«, hakte Catherine nach.
»Nein.«
»Sie scheinen sich sehr sicher zu sein«, stellte Warrick fest. »Aber eigentlich kennen Sie sie doch erst seit kurzer Zeit. Wie …«
»Oh, sie war wie ich, verstehen sie, ein Einzelkind. Damals gab es so etwas nur selten, Einzelkinder, meine ich. Große Familien waren üblich – jeder hatte Brüder und Schwestern. Aber Viv und ich waren Einzelkinder und haben deshalb beschlossen, dass wir Schwestern sein könnten. Es ist nie zu spät, haben wir uns gesagt!«
»Also hatte sie Ihres Wissens keine Verwandten?«, bohrte Catherine sicherheitshalber nach.
»Keine Seele – nicht einmal viele Freunde. Ich habe in der ganzen Zeit, in der sie hier war, nie erlebt, dass sie Besuch hatte, außer von einer Frau.«
»Diese Frau – kennen Sie ihren Namen?«, fragte Warrick.
»Nein. Nein, tut mir Leid. Ich bin ihr im Grunde nie direkt begegnet, wissen Sie? Wenn Patienten Besuch haben, wollen wir sie nicht stören. Die Arbeit des Clubs besteht darin, sie zu unterstützen, wenn keine Familienangehörigen und keine Freunde da sind.«
»Müssen sich Besucher hier eintragen?«
Wieder schüttelte Alice den Kopf. »Nein. In diesem Punkt geht es auf dieser Station zu wie in einem normalen Krankenhaus. Während der Besuchszeiten können die Leute kommen und gehen, wie sie wollen.«
Catherine vermerkte in Gedanken, dass sie Vega sagen musste, er solle die Mitarbeiter anweisen, auf die nicht
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