Toedlicher Irrtum
etwas. Das … das … hätte nicht so enden dürfen.«
»Passiert so etwas an Orten wie diesem nicht ziemlich oft?«, fragte Catherine.
Kenishas Brauen ruckten hoch. »Hier passiert das ein bisschen zu oft, wenn Sie mich fragen.«
»Wir fragen Sie, Kenisha«, gab Catherine zurück. »Und ich bin Catherine.«
»In Ordnung, Catherine. Ich sage nur, dass ich schon lange vor dieser Sache misstrauisch geworden bin.«
Wieder übernahm Warrick die Gesprächsführung. »Warum haben Sie uns dann nicht gerufen, Kenisha? Oder den stellvertretenden Leichenbeschauer informiert, der regelmäßig hier auftaucht.«
»Und was hätte ich sagen sollen?«, fragte Kenisha nun mit lauterer Stimme, ehe sie in spöttischem Ton fortfuhr: »›Hier im Sunny Day sterben so viele alte Leute. Kommen Sie schnell!‹«
»Ja«, murmelte Warrick verlegen. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
»In einer Welt, in der Desinteresse weit verbreitet ist, lernt man, ruhig zu sein, solange man seiner Sache nicht verdammt sicher ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Zeigen Sie mit dem Finger drauf, fragen alle ›Wo ist der Beweis?‹ Und was hatte ich schon zu bieten, abgesehen von einem unguten Gefühl im Bauch?«
»Und was erzählt Ihnen Ihr Bauch, Kenisha?«, fragte Warrick sanft.
»Er sagt, dass hier etwas nicht stimmt, aber niemand scheint zu wissen, was, oder wie man dem ein Ende machen kann.«
Warricks Miene war ernst. »Kenisha, falls hier tatsächlich irgendwas nicht stimmt, dann verspreche ich Ihnen, dass wir es beenden werden.«
Sie sah ihn aus feuchten Augen an. »Wissen Sie, es ist so einfach, einen Mord an einem Ort wie diesem zu vertuschen. Wieder ein alter Knacker tot, wen zum Teufel kümmert das schon? Naja, mich kümmert es.«
»Glauben Sie mir, Kenisha«, sagte Catherine, »uns kümmert es auch.«
In Kenishas Gesicht war deutlich zu sehen, dass sie ihr glauben wollte.
Bevor sie gingen, gab Kenisha Warrick die Nummer ihres Mobiltelefons. »Falls Sie noch einmal mit mir sprechen wollen … wegen dieses Falls.«
Und Warrick gab der Schwester seine Nummer.
Auf dem Weg hinaus sagte Catherine: »Wow, das nenne ich gründlich. Diesen Austausch der Telefonnummern. Du gibst dir wirklich Mühe.«
Warrick bedachte sie mit einem für einen selbstsicheren Mann wie ihn ungewöhnlich schüchternen Grinsen. »Lass es sein, Cath.«
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Ausdruck des Amüsements, aber sie hob beschwichtigend die Hände, als sie aus dem Sunny Day in den sonnigen Tag hinausmarschierten.
Im Hauptquartier trennten sich ihre Wege.
Vega machte sich gleich wieder auf den Weg, dieses Mal um Mabel Hinton nach ihrem Besuch bei Vivian Elliot zu fragen. Warrick und Catherine verfolgten, während die Labortechniker die Beweise untersuchten, ihre eigene Spur und widmeten sich der Überprüfung der Ärzte und Schwestern, die für das Sunny Day arbeiteten.
Catherine war bereits seit Stunden damit beschäftigt, als Greg Sanders ihre Nachforschung endlich unterbrach. Greg war jung, ambitioniert, wenn auch manchmal ein wenig zerstreut, und sah mit seinem zerzausten blonden Haar aus wie jemand, der gerade eine wilde Fahrt auf einem Karussell hinter sich hatte.
»Hey, Catherine«, sagte er und stellte sich vor ihrem Schreibtisch auf, die Hände hinter dem Rücken.
Catherine schob ihren Stuhl zurück und blickte zu ihm auf. »Spuck’s aus, Greg.«
»Ich … habe … eure … Mordwaffe … gefunden.«
Sie grinste. »Wirklich?«
Ein kurzes Nicken, dann erklärte Greg: »Wir haben die Klinikabfälle, die ihr uns gebracht habt, genau untersucht.«
»Wir?«
Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter. »Ich habe Unterstützung von ein paar Praktikanten bekommen. Kleiner Tipp gefällig? Wann immer du einen Beutel mit Klinikabfällen untersuchen musst – ruf einen Praktikanten.«
»Ist notiert.«
»Als dein Opfer den Herzanfall hatte, hat man ihr ein thrombolytisches Mittel verabreicht.«
Catherine nickte zum Zeichen ihres Verständnisses. »Um das Gerinnsel zu lösen, falls eines vorhanden ist.«
»Exakt. In diesem Fall Streptokinase. Außerdem hat man ihr Dopamin und Nesiritid gegeben, Natrecor heißt das Zeug.«
»Natrecor?«
»Das ist ein Vasodilatator, eine synthetische Version von BNP, ein Hormon, das im Herzen produziert wird.«
Eine Weile hatte sie ihm folgen können, aber nun war sie verloren. Sie war Kriminalistin, keine Medizinerin. »Oooh-kaaayyy«, sagte sie schließlich. »Und die Mordwaffe ist …?«
»Als wir all diese
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