Toedlicher Irrtum
Sunny Day.«
»Ja – Deputy Dawg persönlich. Mit dem Tresorraum im Mandalay Bay ist das nicht gerade vergleichbar.«
Nun sah Warrick Catherine an. »Was, wenn unser Mörder nicht zum Personal gehört?«
Catherine schüttelte den Kopf. »Dann macht er hoffentlich bald einen Fehler, oder wir werden es schwer haben, ihn hinter Gitter zu bringen. Aber falls es nicht um Geld geht, wie wählt der Mörder dann seine Opfer aus? Aber falls es um Geld geht und der Mörder nicht zum Personal gehört, dann muss er oder sie einen Komplizen im Krankenhaus haben.«
»Bist du sicher? Ein Außenstehender mit medizinischen Kenntnissen könnte doch genauso die Luft in den IV-Zugang gespritzt haben, oder?«
»Das glaube ich nicht. Die Spritze sieht genauso aus wie die, die im Sunny Day benutzt werden. Vielleicht mag jemand keine alten Leute. Vielleicht ist es sein Hobby, dann und wann einen von ihnen auszuwählen, aber nicht, um ihn zum Essen einzuladen.«
»Cath, du kannst nicht …«
»Ich kann. Die Möglichkeit besteht doch immer, oder?«
»Welche Möglichkeit?«
»Dass wir es mit einem Mörder zu tun haben, der jenseits von Gut und Böse ist.«
Darauf hatte Warrick keine Antwort.
Als er wieder fort war, fing Catherine an, Vivian Elliots persönliche Papiere durchzusehen.
Die Kriminalistin hatte alles mitgenommen, was sie im Haus der Elliot gefunden hatte. Das Scheckbuch mit mehr als tausend Dollar war seit dem Morgen vor Vivians Autounfall nicht mehr benutzt worden. Ein Blick ins Register verriet ihr, dass Vivian mit dem Schecknummer 9842 für eine Überholung ihrer Bremsen, das Auffüllen von Kühlwasser und einen Ölwechsel bezahlt hatte. Empfänger war der Händler, der ihr ihren 99er Chrysler Concorde auch verkauft hatte.
Am nächsten Tag, als Vivian in südlicher Richtung auf dem Nellis Boulevard unterwegs war, übersah ein betrunkener Fahrer eine rote Ampel und verursachte den Unfall. Seither hatte die Frau keinen Scheck mehr ausgestellt, also müsste der oberste freie Scheck die Nummer 9843 tragen. Catherine blätterte weiter und sah, dass der richtige Scheck obenauf lag.
Sie fragte sich, warum Vivian ihr Scheckbuch am Tag des Unfalls nicht bei sich gehabt hatte. Nach einer eingehenderen Betrachtung der Umstände glaubte sie, die Lösung dafür gefunden zu haben. Viele ältere Leute, besonders solche, die zur Zeit der Wirtschaftskrise groß geworden waren, zahlten lieber bar. Dreihundert Dollar, der Preis für die Autoreparatur, war vermutlich mehr Geld, als die Frau gern mit sich herumtragen wollte, daher der Scheck.
Vivians Finanzberater war Christian Northcutt, dessen Büro in einem Neubau an der Robindale in der Nähe des Las Vegas Boulevard untergebracht war, im selben Büropark wie die Newcombe-Gold, eine Werbeagentur, in der Catherine erst im vergangenen Jahr Ermittlungen durchgeführt hatte.
Als sie die Schriftstücke von Northcutt durchsah, erkannte Catherine, dass Mrs Elliot Geldmarktpapiere im Wert von etwa dreitausend Dollar besessen hatte, außerdem ein Guthaben von über fünfzigtausend Dollar in einem Investmentfond und Rentenpapiere im Wert von etwa fünfundvierzigtausend Dollar. Man konnte Vivian Elliot keinesfalls als reich bezeichnen, aber auf die Wohlfahrt war sie auch nicht gerade angewiesen.
Wenn jemand Vivians Vermögen hatte stehlen wollen, wie hatte er dann vorgehen müssen? Hatte sie ein Testament gemacht? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden: Sie würde mit Vivians Anwältin reden müssen.
Ehe Catherine diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, schleppte Vega plötzlich einen monströsen Karton in ihr Büro. Die Ärmel bändigten kaum seinen Bizeps, als er das Ding hereintrug und unsanft auf ihrem Schreibtisch abstellte.
»Die Krankenhausakten«, sagte er. So fit er auch war, trieb die Hitze ihm doch den Schweiß aus den Poren, und er keuchte ein bisschen.
»Was hat Sie so lange aufgehalten?«
Er bedachte sie mit einem scheelen Blick. »Gerichtsbeschluss, Cath – Sie wissen doch, wie das ist.«
»Allerdings. Hat Doktor Whiting irgendwelche Schwierigkeiten gemacht?«
»Nein. Als er die Papiere gesehen hat, hat er sich beinahe überschlagen bei dem Versuch, mir zu helfen. Persönlich hätte er sogar auf einen Gerichtsbeschluss verzichtet, meinte er, aber das Sunny Day ist nun einmal ein Geschäftsbetrieb wie jeder andere auch.«
»Ich denke«, sagte Catherine und deutete auf die Finanzunterlagen, die den anderen Teil ihres Schreibtischs einnahmen, »wir werden mit Vivians
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