Toedlicher Irrtum
erhalten.
»Das soll nicht Ihre Sorge sein, Mr Black«, erwiderte Brass. »Wenn Rita Bennett schon am Donnerstag gestorben ist, warum haben Sie dann bis zum folgenden Dienstag mit der Beerdigung gewartet? Ist das nicht ein ungewöhnlich langer Zeitraum?«
»Das ist unterschiedlich. In diesem Fall wollte der Ehemann Peter es seiner Schwester aus Atlanta ermöglichen, an der Beerdigung teilzunehmen. Doch die hätte es nicht vor Montagabend geschafft.«
Brass’ Innereien rumorten. Irgendwas stimmte nicht. Für den Augenblick behielt der Detective sein ungutes Gefühl für sich, ganz für sich, wo er es in Ruhe hegen und pflegen konnte.
»Eine letzte Frage noch«, sagte Brass.
»Bitte.«
»Wussten Sie, dass Kathy Dean schwanger war?«
Für einen kurzen Augenblick versteifte sich der Mann, und ein harter Glanz trat in seine Augen. Die Reaktion war nicht sonderlich auffallend, aber Brass entging sie nicht.
Der Bestatter hatte sich schnell wieder im Griff. »Wie traurig … aber woher hätte ich das wissen sollen? Und warum sollte ich das gewusst haben?«
»Die Eltern der jungen Frau glauben, sie hätte nicht einmal einen Freund gehabt. Vielleicht hätte sie sich mit einem Problem wie der Schwangerschaft gern an einen Erwachsenen gewendet, dem sie vertrauen konnte. An eine Vaterfigur vielleicht.«
»Wir kamen gut miteinander aus, aber ich kann nicht behaupten, sie hätte sich mir anvertraut.«
»In Ordnung. Hätte ja sein können.«
Auf dem Parkplatz, unterwegs zum Auto, sagte Brass zu Grissom: »Sie waren da drin nicht besonders gesprächig.«
»Sie sind doch gut zurechtgekommen.«
»Bin ich?«
»Er weiß etwas, das er uns nicht verraten will.«
Brass blieb stehen und drehte sich zu Grissom um. »Dann ist es Ihnen also auch aufgefallen. In irgendeiner Form hat er Schuld auf sich geladen.«
Grissom ließ ein Lächeln aufblitzen. »Haben wir das nicht alle? Die Frage in Blacks Fall lautet: Schuld, woran? Sammeln wir Beweise, Jim, denn das Woran sollten wir geklärt haben, ehe Sie ihm seine Miranda-Rechte vorlesen.«
Als Sara das Labor betrat, beugte sich Nick gerade über eine Kiste, von der sie annahm, dass Sie aus dem Beweismittelarchiv stammte und Kathy Deans Besitztümer barg. Diverse kleinere Gegenstände lagen auf dem Tisch, aber der größte Teil ruhte noch immer in der Kiste. »Was gefunden?«, fragte sie.
Nick antwortete mit einem schiefen Lächeln. »Wie wäre es damit? Kathy Dean hatte Sex in der Nacht, in der sie verschwunden ist.«
»Hatte sie?«
»Das jedenfalls sagt der Laborbericht über ihre Kleidung.«
Sara runzelte die Stirn. »Die Autopsie hat nichts dergleichen ergeben?«
Eine Braue schob sich auf Nicks Stirn empor. »Sie ist nach Hause gegangen und hat sich umgezogen. Vielleicht hat sie auch geduscht, und nur Gott allein weiß, was mit ihr passiert ist, bevor sie in dem Sarg gelandet ist.«
Sara holte die eingetütete Notiz aus ihrem Koffer.
»Was ist das?«, fragte Nick.
»Sag du es mir.«
Nick untersuchte den Zettel, ohne ihn aus seiner Kunststoffbehausung zu nehmen. »Die Eltern wissen nicht, wer »FB« ist?«
»Nein«, entgegnete Sara. »Die glauben, ihre Tochter sei noch Jungfrau gewesen. Und wer »A« ist, wissen sie auch nicht.«
»In welcher Wundertüte hast du das denn gefunden?«
»In ihrem Zimmer«, erklärte sie und zeigte ihm den Beutel mit dem Buch.
»Lady Chatterley … Jungfrauenlektüre ist das nicht gera de.«
»Vielleicht hat sie ein bisschen geforscht. Jedenfalls werde ich diese Notiz der Handschriftenexpertin vorlegen. Vielleicht kann sie etwas damit anfangen. Was hast du sonst noch entdeckt?«
»Tomas Nunez hat Kathy Deans Computer untersucht, als Ecklies Leute ihn hergebracht hatten.«
»Was hat Tomas herausgefunden? So, wie ich ihn kenne, hat er irgendwas gefunden. Vielleicht das elektronische Tagebuch.«
»Nein – nichts, das uns weiterhelfen würde. Vor allem eine Menge Musiktitel. Sie hat digitale Stücke runtergeladen, als gäbe es kein Morgen mehr.«
»Legal?«
»Fünfundneunzig Prozent davon.«
»Sonst noch irgendwas aus dem Internet?«
»Da waren ein paar E-Mails von verschiedenen Leuten, aber die waren fast in demselben Code geschrieben wie der Zettel.«
Sara überlegte kurz und fragte: »Hat Tomas die eingegangenen E-Mails zurückverfolgt?«
»Ja, nur ein paar Absender stammen aus dieser Gegend, und die halfen nicht weiter. Wir haben die E-Mails ausgewertet, aber das hat ebenfalls nichts gebracht. Freundinnen aus
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