Toedlicher Irrtum
Lippen. »Oh mein Gott … ausgerechnet Rita!«
»Hat Ihnen Ihr Mann nichts davon erzählt?«, fragte Grissom.
»Nein. Nein, als ich vor einigen Jahren einen Bestatter geehelicht habe, gab es eine unumstößliche Regel: Dustin musste seine Arbeit am Arbeitsplatz lassen. Ich denke, diesen Wunsch muss ich nicht rechtfertigen.«
»Nein.« Grissom zuckte mit den Schultern. »Aber andererseits … es ist nicht gerade alltäglich, wenn zwei Leichen die Plätze tauschen.«
»Der Grund unseres Besuchs ist«, begann Brass, »dass wir mit Ihnen über diesen letzten Abend sprechen möchten … den Abend, an dem das Mädchen auf Ihre Kinder aufgepasst hat.«
»Nun … über diese Nacht habe ich bereits mit der Polizei gesprochen. Ad nauseam.«
Brass nickte. »Das war eine recht umfassende Konversation, davon bin ich überzeugt. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Mrs Black, ich habe die Befragungen der zuständigen Beamten noch nicht durchsehen können, weil wir in diesem Mordfall schnell ermitteln müssen. Darum würden wir gern selbst detailliert über besagten Abend mit Ihnen reden.«
»Nun, ich bin natürlich gern bereit, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um Ihnen zu helfen. Diese Tiere, die junge Mädchen umbringen, sollten alle die Todesspritze bekommen, wenn Sie mich fragen.«
»Keine Einwände«, sagte Brass und lächelte.
»Also schön, Captain … Bass, richtig?«
»Brass.«
»Captain Brass.« Sie legte die Hände in den Schoß wie eine katholische Musterschülerin vor dem Gebet. »Was würden Sie gern wissen?«
»Wie wäre es, wenn Sie uns einfach von Anfang an alles über den Abend erzählen?«
Sie dachte eine Weile nach und fing an: »Ich hatte Dustin überredet, an diesem Tag früher nach Hause zu kommen – es war ein Samstag.«
»Ja, Ma’am.«
»Samstags möchte Dustin, wenn keine Beerdigung stattfindet, zusammen mit seinen Mitarbeitern das Institut für die nächste Woche auf Vordermann bringen.«
»Auf Vordermann bringen?«
»Der Leichenwagen und die Limousine müssen gewaschen und gewachst werden, und das Institut wird von oben bis unten geputzt.«
»Dafür, dass Sie darauf bestehen, dass Ihr Mann seine Arbeit nicht mit nach Hause bringt, kennen Sie sich gut in seinem Geschäft aus«, bemerkte Grissom.
»Mir gehört die Hälfte des Geschäfts, Mr Grisham.«
»Grissom.«
»Grissom. Als Miteigentümerin muss ich über vieles informiert sein. Das bedeutet aber nicht, dass ich über die steigenden Kosten für Leichenwagen oder Särge diskutieren möchte. Oder über die neueste Entwicklung der Einbalsamierung.«
»Verständlich.«
»Also«, nahm Brass den Faden wieder auf, »Sie haben Ihren Mann dazu gebracht, früher Feierabend zu machen.«
»Ja. Wir wollten früh essen gehen und uns danach einen Film ansehen. Uns bleibt so wenig Zeit für uns. Dustins Geschäft und meine Karriere fressen viele Stunden, und die Zeit, die uns dann noch bleibt, versuchen wir mit den Kindern zu verbringen.«
»Ihre Karriere?«, hakte Brass nach.
»Ich bin stellvertretende Direktorin bei der InterOcean Bank. Ich arbeite in der Filiale in Henderson.«
»Sie haben von Ihren Kindern gesprochen – wo sind sie jetzt?«
»Bei meiner Schwester. Patti passt auf sie auf – sie ist ›Nur‹-Hausfrau und Mutter und kümmert sich um David und Diana, wenn Dustin und ich länger arbeiten müssen.«
»Wie heute?«
»Wie heute. Ich habe mir etwas Arbeit mitgebracht.«
»Gut«, sagte Brass. »Dustin ist an diesem Samstag also früher nach Hause gekommen.«
»Ja. Kathy war kurz vorher hier. Dustin und ich sind dann zum Essen gefahren.«
»Wohin?«
»Lux Café im Venetian. Das war schon immer unser Lieblingslokal. Kurz vor sieben waren wir mit dem Essen fertig und sind ins Kino gegangen. Der Film fing um sieben Uhr dreißig an.«
»Was haben Sie sich angesehen?«
»Irgendeinen gewaltverherrlichenden, unverantwortlichen Actionfilm, zu dem Dustin mich überredet hat. Das hat mich regelrecht krank gemacht. Körperlich krank.«
»Danach sind Sie nach Hause gefahren«, sagte Brass. »Und dann?«
Mrs Black verlagerte ein wenig das Gewicht und strich über ihr Hosenbein, als wollte sie es tadeln, weil es so unverfroren war, Falten zu werfen. »Die Kinder haben auf der Couch geschlafen. Ich habe sie ins Bett gebracht und bin selbst auch ins Bett gegangen und beinahe auf der Stelle eingeschlafen. Das ist alles, was ich über diesen Abend weiß.«
»Nur noch ein paar Fragen, bitte. Um welche Zeit sind Sie nach dem Film
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