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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Vorleistung«, informierte der Beerdigungsunternehmer geschäftig. »Die Rückzahlungsart wird der Sachbearbeiter mit Ihnen festlegen. Die entsprechenden Anträge finden Sie im Internet.« Seine kleinen Schweineaugen funkelten zufrieden.
    Eisiges Schweigen ließ die Luft in dem geräumigen, lichtdurchfluteten Raum klirren.
    Ich tastete unter dem Tisch nach Danners Oberschenkel. Als ich ihn berührte, reagierte er zu meiner Überraschung tatsächlich: Er ließ seine Stirn stöhnend auf die Tischplatte sinken.
    Vielleicht bewertete ich die Sache mit dem Reden über. Im Augenblick war es eigentlich gar nicht schwierig, Danners Gedanken zu erraten.
    Die fünftausend Euro, die der Bestatter für das günstigste Begräbnispaket, inklusive Billigurne in Töpferkurs-Optik und Trauerrede verlangte, hatten wir in einem ganzen Jahr nicht übrig.
    Blieb der Gang zum Sozialamt. Doch wenn der Staat in Vorleistung ging, würde er sich seine Kohle zurückholen. Im Klartext bedeutete das, dass es in absehbarer Zeit keine Aussicht auf eine Verbesserung unserer finanziellen Situation geben würde.
    »Tief im Westen« , röhrte Herbert Grönemeyer in die gerade nicht sonderlich besinnliche Stille.
    Danner hob den Kopf vom Tisch und fummelte beinahe erleichtert sein Handy aus der Tasche. Nach einem kurzen Blick aufs Display war er auf den Beinen.
    »Lenny?« Mit dem Apparat am Ohr entfernte er sich vom Kirschbaumtisch und schlenderte zu der gewaltigen Glasfront der neu erbauten Geschäftsstelle des Beerdigungsinstitutes, vor der unser schwarzer Oldtimer auf dem gepflasterten Parkplatz stand. Der Lack war poliert, die verchromten Felgen glänzten.
    »Wirklich?« Danners Blick blieb am Wagen hängen. »Ja, natürlich holen wir sie ab. Danke dir.«
    Danner drehte sich um, schnappte dem Bestatter den Vertrag aus der Hand und kritzelte seine Unterschrift drunter.
    »Wir müssen los.«

29.
    Oran Mongabadhi kaute auf seiner Unterlippe. Regen und Schweiß kräuselten seine dunklen Haare. Die Wassertropfen glitzerten im künstlichen Licht der Stadionbeleuchtung.
    Sein Blick wanderte zum Spielfeldrand zu seinem Trainer, dann hefteten sich seine Augen entschlossen auf das Leder mit den orangefarbenen Applikationen im regennassen Gras.
    Sein Gesicht verzerrte sich, als er losrannte.
    Mit aller Kraft trat er zu – und als der Torwart den Ball in letzter Sekunde abwehrte, trat er gleich noch einmal nach. Der Ball verschwand über dem Tor im Regen.
    Danner tippte das Display seines Smartphones an. Die Zeitlupe stoppte. Mongabadhis Fehlschuss zählte mittlerweile zu den am häufigsten angeklickten Videos im Internet.
    »Absichtlich hat der nicht verschossen«, meinte ich.
    »Da kommt sie.« Danner deutete mit einem Nicken durch die Frontscheibe unseres Wagens.
    Die Eingangstür des flachen Backsteinbaus hatte sich geöffnet. Das Mädchen blieb zögernd unter dem Vordach stehen. Ihr Blick wanderte in die Höhe, zu den drei großen, schwarzen Buchstaben auf weißem Grund, die auf die Funktion des Gebäudes hinwiesen: JVA.
    Der Regen prasselte auf das Vordach und Curly zog sich die mit Kunstfell besetzte Kapuze ihrer Jacke über die strubbelige Afromähne.
    »Sie lassen Curly laufen«, hatte mich Danner über den Grund unserer plötzlichen Eile aufgeklärt, nachdem wir das Urnenfachgeschäft verlassen hatten. »Sie hat Lenny gebeten, uns Bescheid zu sagen.«
    »Steht sie denn nicht mehr unter Verdacht?«
    »Offenbar nicht, sonst würde Lenny sie kaum entlassen.«
    »Und ist unsere Arbeit damit erledigt?«, hatte ich mich erkundigt.
    »Nur, wenn unsere Auftraggeberin die Aufklärung des Mordes jetzt der Polizei überlassen will«, hatte Danner orakelt. »Allerdings hat die Spurensicherung auf einer Packung Zigaretten am Tatort Fingerabdrücke ihres Stiefvater gefunden.«
    »Was?«
    »Angeblich hat Ralfi Schmidtmüller daraufhin den Mord gestanden. Deshalb ist Curly jetzt frei, aber sie könnte durchaus Interesse daran haben, dass wir an dem Fall dranbleiben.«
    »Das bedeutet, Ralfi Schmidtmüller hat wirklich einen Rachefeldzug gestartet?«
    »Klingt das so abwegig?«, erkundigte sich Danner.
    Eigentlich nicht.
    Curly stand noch immer unentschlossen unter dem Vordach der Justizvollzugsanstalt, ihre Augen glitten über den videoüberwachten Parkplatz.
    Ich öffnete die Wagentür, stieg aus und winkte ihr zu.
    Die Erleichterung in ihrem Gesicht war auch aus der Entfernung zu erkennen. Vermutlich war es ein blödes Gefühl, aus einem Gefängnis entlassen zu

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