Tödlicher Mittsommer
dass es sich auf die Kostenseite auswirkt. Es muss ja etwas geliefert werden, und das bedeutet im Regelfall einen Anstieg der Kosten. Aber bei Philip Fahlén ist es genau umgekehrt.«
Sie zeigte ihm ein zweites Blatt mit weiteren Berechnungen.
»Hier, plötzlich ist die Summe auf der Einnahmenseite wesentlich höher als die auf der Kostenseite. Und dafür gibt es keine logische Erklärung. Soweit ich das den Jahresbilanzen entnehmen kann, hat er weder eine andere Firma aufgekauft noch wichtige neue Verträge abgeschlossen. Es gibt keine Veräußerungsgewinne und auch keine sonstigen außergewöhnlichen Einnahmen, die den Anstieg erklären würden. Es ist, als hätte eine gute Fee ihren Zauberstab geschwungen, sodass Fahlén plötzlich viel mehr Geld als vorher verdient.«
Nora unterbrach sich und begann von der Paella zu essen, die sie bisher vor lauter Eifer, Thomas ihre Entdeckung zu berichten, kaum angerührt hatte.
Thomas sah sie konzentriert an.
»Weiter. Ich höre zu.«
»Außerdem sind auch die Zuteilungen an den Eigentümer gestiegen, also Philip Fahlén selbst. Früher hat er sich mit recht bescheidenen Zuteilungen begnügt, aber mittlerweile zieht er jedes Jahr richtig viel Geld aus der Firma. Was dem Unternehmen an und für sich nicht wehtut, weil die Gewinne so enorm gestiegen sind.«
»Und wie erklärt sich das alles?«
Nora hob den Blick von dem Blatt mit den Berechnungen und sah Thomas in die Augen.
»Meine Theorie sieht so aus: Er beliefert seine Kunden in der Restaurantbranche über die normalen Bestellungen hinaus noch mit einer anderen Ware.«
»Zum Beispiel mit geschmuggeltem Alkohol«, rief Thomas aus.
Nora nickte.
»Zum Beispiel. In dem Fall kann er die Kosten für den Erwerb der Ware, also das, was er selbst für den Schmuggelalkohol bezahlt, ja kaum durch die Bücher laufen lassen.«
Thomas nickte zustimmend, während er gleichzeitig die letzten Pommes frites in den Mund schob. Sein Teller war nun beinahe klinisch rein, nicht ein Tropfen Sauce war übrig geblieben.
»Das verstehe ich. Es wäre wohl ziemlich schwierig, den Steuerbehörden das zu erklären.«
Er lächelte ironisch, hörte aber weiterhin aufmerksam Noras Erläuterungen zu.
»Genau. Aber gleichzeitig muss er sich für die Mehreinnahmen etwas überlegen, damit sie legitim werden. Es ist nicht besonders praktisch, eine Menge Schwarzgeld herumfliegen zu haben. Wohin damit, ohne dass die Steuerbehörden einem auf die Schliche kommen? Die Banken sind ja heutzutage verpflichtet, alle Guthaben zu melden. Er muss sich also etwas einfallen lassen, um die Herkunft der Extraeinnahmen plausibel zu machen.«
Thomas legte sein Besteck beiseite und trank einen Schluck Wein.
»Das klingt logisch.«
»Was ich mir vorstellen könnte, ist Folgendes: Philip Fahlén stellt den Restaurants, die seine Schwarzlieferungen kaufen, überhöhte Rechnungen aus. Das heißt, er setzt die Preise für seine regulären Waren extrem hoch an, was ja nicht verboten ist. Das gibt den Restaurants die Möglichkeit, ihre Ausgaben für den Schmuggelalkohol mithilfe der Warenrechnung abzusetzen. Philip Fahléns Firma wiederum kann auf diese Art ihre deutlich höheren Einnahmen und damit ihre gestiegenen Gewinne erklären. Den Gewinn schüttet die Firma an ihren Eigentümer Philip Fahlén aus, der seinerseits mit einem Teil davon die Lieferanten des Schmuggelalkohols bezahlt.«
Nora sah Thomas triumphierend an und zog einen weiteren Zettel mit Berechnungen hervor.
»Und simsalabim gibt es keine schwarzen Gelder mehr.«
Thomas lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das war eine interessante Theorie, die dazu noch einleuchtend klang. Ihm fielen wieder Agneta Ahlins Worte ein. Auf Sandhamn, da ist das Geld, hatte Kicki Berggren gesagt. Hatte sie damit Fahléns Schwarzgeld gemeint?
Nora legte ein weiteres Blatt mit Zahlen auf den Tisch.
»Das ist noch nicht alles. Auch die Bonuszahlungen an die Vorstandsmitglieder sind enorm gestiegen.«
»In denselben Jahren wie alles andere?«
Nora nickte bestätigend.
»Viele Jahre lang haben sich die Vorstände mit Boni von fünfzigtausend Kronen begnügt. Vor vier Jahren wurde der Betrag auf sechshunderttausend Kronen jährlich pro Vorstandsmitglied erhöht. Seitdem ist diese Summe unverändert geblieben.«
Thomas pfiff leise durch die Zähne. Sechshunderttausend Kronen. Als Bonuszahlung. Weit mehr als das Jahreseinkommen der allermeisten Arbeitnehmer.
»Wer sitzt im Vorstand?«, fragte
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