Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
Vom Netzwerk:
angespannt und grau.
    Sah man so aus, wenn man an der Schwelle des Todes stand?
    Sie hielt das Streichholz an den Leinenstoff. Es brannte ab, ohne dass irgendwas geschah. Sie entzündete noch ein Streichholz. Und noch eins. Es tat sich immer noch nichts.
    Verzweifelt nahm sie drei Streichhölzer auf einmal und hielt sie so dicht es irgend ging an das Tuch. Zuerst sah es so aus, als würden auch sie nutzlos verbrennen, aber plötzlich züngelten Flammen an dem Stoff hoch.
    Unwillkürlich schluchzte Nora vor Erleichterung auf. Jetzt brannte es. Ordentlich. Eines der Holzstücke fing Feuer und die Flammen breiteten sich aus.
    Benommen wich sie zurück und kletterte die Stiege hinunter. Jede Bewegung war eine Qual. Es war, als hätte sie Blei in den Gliedern. Sie musste sich mit beiden Händen am Geländer festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    »Nicht einschlafen«, murmelte sie immer wieder, wie ein Mantra, »um Gottes willen nicht einschlafen. Wach bleiben.«
    Rückwärts kroch sie die Treppe hinunter zum letzten Absatz, an dem Signe die Tür zugesperrt hatte. Der Rauch des Feuers folgte ihr und machte das Atmen schwer.
    Sie war müde, so müde. Sie hatte nur noch einen einzigen Wunsch – sich hinlegen und die Augen zumachen. Für den Bruchteil einer Sekunde durchzuckte sie ein Gedanke an das Ventil in der Laternenkuppel: Hoffentlich ließ es genug Sauerstoff herein, damit sie nicht im Qualm erstickte.
    Aber dann war ihr auch das egal.
    Mit letzter Kraft presste sie sich gegen die verschlossene Tür, so weit weg vom Feuer, wie es nur ging.

[Menü]
Kapitel 75
Samstag, vierte Woche
Kapitel 75
    Thomas’ Handy klingelte hartnäckig.
    Der Radiowecker an seinem Bett zeigte 01:43.
    »Ja, hallo«, murmelte er schlaftrunken.
    »Hier ist Henrik.«
    Thomas setzte sich im Bett auf. Sein Polizisteninstinkt war sofort alarmiert. Henrik würde niemals grundlos um diese Zeit anrufen.
    »Was ist passiert?«
    Es blieb einen Moment still, dann war Henriks Stimme wieder da.
    »Ich weiß, dass es spät ist. Aber ich bin gerade erst vom Vierundzwanzigstundentörn nach Hause gekommen. Nora ist weg. Ihr Bett ist unbenutzt. In der Küche liegt keine Nachricht. Sie ist einfach weg.«
    »Hattet ihr Streit?«
    Die routinierte Polizeifrage kam Thomas ganz automatisch über die Lippen, noch ehe er darüber nachdenken konnte. Er wusste, dass bei den Lindes in den letzten Wochen nicht alles zum Besten gewesen war. Nora hatte zwar keine Details erzählen wollen, aber Thomas hatte immerhin so viel mitbekommen, dass ihr angestrebter Job in Malmö bei Henrik keine Begeisterung ausgelöst hatte.
    »Das verstehst du falsch.« Die Ungeduld in Henriks Stimme war nicht zu überhören. »Wir haben uns gestritten, bevor ich zum Segeln gegangen bin, ja. Aber das hier ist nicht ihre Art. Nora würde niemals einfach so abhauen. Wenn ich daran denke, was in der letzten Zeit alles passiert ist, möchte ich kein Risiko eingehen. Und hier stimmt was nicht.«
    Thomas ließ sich nicht beirren.
    »Hast du versucht, sie auf dem Handy anzurufen?«
    »Natürlich, was denkst du denn!«, erwiderte Henrik. »Sie geht nicht ran, da meldet sich immer nur die Mailbox. Aber es klingelt mehrmals, also ist es nicht abgeschaltet.«
    Thomas merkte, wie sich sein Magen zusammenzog. Henrik hatte vollkommen recht. Das sah Nora überhaupt nicht ähnlich. Sie war Juristin durch und durch, immer darauf bedacht, dass alles seine Ordnung hatte. Sie hätte zumindest eine Nachricht hinterlassen.
    »Sie ist nicht vielleicht ins Seglerrestaurant gegangen oder in die Taucherbar? Hast du mit ihren Eltern gesprochen?«
    »Ja. Sie haben schon geschlafen, als ich kam. Susanne sagt, dass die Jungs bei ihnen übernachten, um mit ihrem Opa morgen früh rauszufahren und Netze auszuwerfen. Und dass Nora gesagt hat, sie würde früh ins Bett gehen und noch ein gutes Buch lesen.«
    »Bist du ganz sicher, dass sie nicht auf ein Glas Wein zu irgendwelchen Nachbarn gegangen ist?«
    »Bis jetzt? Nora hält abends nie lange durch. Sie streicht schon weit vor Mitternacht die Segel, das solltest du doch am besten wissen. Nein, da muss was passiert sein.«
    Der Ärger in Henriks Stimme war Besorgnis gewichen.
    Thomas hatte schon während des Gesprächs begonnen, seine Jeans anzuziehen. Er war im höchsten Grade alarmiert.
    »Liegt euer Boot am Steg?«
    Die bejahende Antwort kam unmittelbar.
    »Dort habe ich als Erstes nachgesehen. Das Motorboot ist da.«
    Thomas war schon unterwegs.
    »Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher