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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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wieder an das Parlament zu wenden, sobald er eine Vorstellung davon habe, wie ihnen zu Mute war.
    Viele Leute zeigten sich überrascht, dass es den sieben Kandidaten rechtlich freistand, in das Haus zurückzukehren, doch natürlich konnte niemand sie daran hindern. Obwohl klar war, dass einer von ihnen Kelly ermordet haben musste, hatte die Polizei bisher doch keinen Beweis gefunden, der genügt hätte, um einen von ihnen in Gewahrsam zu nehmen. Sie blieben allesamt unbehelligt, konnten tun und lassen, was sie wollten, und sie wollten — wie sich bald herausstellen sollte — wieder in das Haus zurück.
    Besorgte Mitbürger bemühten sich darum, jenes Gesetz zum Tragen zu bringen, nach dem niemand von der medialen Ausschlachtung seines Verbrechens profitieren durfte. Doch worin bestand der Profit? Die Bewohner dieses Hauses wurden für ihr Bemühen nicht bezahlt. Und welches Verbrechen? Sechs der Kandidaten hatten keines begangen, und die Identität desjenigen, der es getan hatte, blieb nach wie vor ein Rätsel. Sobald er oder sie entlarvt wäre, konnte man bestimmt verhindern, dass er oder sie im Fernsehen auftrat, aber bis dahin gab es keine Möglichkeit, einen von ihnen daran zu hindern.

28. Tag 18:50 Uhr

    »Scheiße, ich sag, wir machen weiter.«
    Garry hatte sich als Erster zu Wort gemeldet. Er war ein harter Bursche und nicht zimperlich, wenn es darum ging, eine Toilette zu benutzen, auf der jemand erstochen worden war.
    »Ich war schon auf reichlich voll gebluteten Scheißhäusern«, sagte er und dachte im Stillen, dass sich diese Bemerkung im Fernsehen bestimmt gut machen würde, bis ihm einfiel, dass er gar nicht im Haus war und ihn zum ersten Mal seit einem Monat keine Kameras anstarrten. »Also sage ich: Scheiß drauf, ziehen wir’s durch.«
    Geraldine hatte es fertig gebracht, alle sieben übermüdeten, verstörten Hausbewohner einzusammeln, als sie aus der Wache kamen, und sie in einen wartenden Minibus zu verfrachten. Es war nicht einfach gewesen: Sobald die Tür aufgegangen war, hatte man ihnen jede Menge finanzielle Angebote ins Gesicht gebrüllt. Jeder einzelne der verbliebenen Bewohner hätte auf der Stelle hunderttausend Pfund für ein Exklusivinterview kassieren können. Glücklicherweise hatte Geraldine ein Megafon bei sich und scheute nicht davor zurück, es auch zu benutzen. »Ihr schneidet erheblich besser ab, wenn ihr kollektiv kassiert«, rief sie. »Also, ab in den Bus!«
    Schließlich schaffte sie es mit Hilfe der zehn kräftigen Sicherheitsleute in ihrem Schlepptau, ihre kostbaren Schützlinge in das Fahrzeug zu bugsieren, wo sie dann wie folgsame Kinder saßen, während die Polizei versuchte, ihnen einen Weg zu bahnen. Draußen klickten und surrten Hunderte von Kameras, Mikrofone schlugen an die Scheiben. Alle schrien ihre Fragen lauthals durcheinander.
    »Was glauben Sie, wer es getan hat?« — »Wie fühlen Sie sich?« — »Hat sie es verdient?« — »Ging es um Sex?«
    Selbst im Bus musste Geraldine ihr Megafon benutzen, um sich Gehör zu verschaffen. Sie wusste, was sie von den Bewohnern wollte, und sie sagte es ihnen rundheraus.
    »Hört mir zu!«, rief sie.
    Die sieben verstörten Kandidaten starrten sie an.
    »Ich weiß, dass euch das mit Kelly Leid tut, aber wir müssen pragmatisch bleiben. Seht euch an, was da draußen läuft! Die gesamte Weltpresse ist aufgelaufen, und weshalb? Nicht wegen Kelly, die ist tot, sondern euretwegen. Also denkt mal kurz darüber nach.«
    Während die sieben Hausbewohner gehorchten, pflügte der Minibus durch das tosende Meer der Journalisten.
    »Wieso habt ihr euch überhaupt auf diese ganze Sache eingelassen?«, fuhr Geraldine fort. »Wieso habt ihr an Peeping Tom geschrieben?«
    Sie waren vollkommen durcheinander. Anfangs hatte es so viele Gründe gegeben: »Um mich als Mensch weiterzuentwickeln...« — »Um verschiedene Aspekte meines Ichs zu erkunden...« — »Um neue Horizonte zu entdecken und ein Abenteuer zu erleben...« — »Um ein Ziel aufzuzeigen und ein Vorbild zu werden...«
    Alle hatten sie den Code gekannt. Sie wussten genau, was man von ihnen erwartete. Die neue Sprache der frömmlerischen Rechtfertigung. Was natürlich alles völliger Quatsch war, und Geraldine wusste es. Sie wusste, weshalb sich ihre Kandidaten bei Peeping Tom beworben hatten, und kein noch so verlogenes New-Age-Geschwafel auf der Welt konnte es vertuschen. Sie hatten es getan, um berühmt zu werden, und deshalb wusste Geraldine auch, dass sie alle wieder

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