Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
Vom Netzwerk:
die hastig zur Toilette lief.
    »Hätte ihr jemand nachstellen können?«, fragte Coleridge. Ja, kam die Antwort, sie glaubten alle, dass es jemanden in dem dunklen Gedränge und diesem Durcheinander sehr wohl möglich gewesen wäre, Kelly unbemerkt aus dem Schwitzkasten zu folgen.
    »Aber Sie selbst haben es nicht gemerkt.«
    »Inspector«, sagte Gazzer und hätte damit für alle sprechen können, »ich habe überhaupt nichts mehr gemerkt.«
    Allein Sallys Erinnerungen unterschieden sich erheblich von denen der anderen. Als sie kam, schreckte Coleridge im ersten Moment vor ihr zurück. Noch nie hatte er eine Frau mit vollständig tätowierten Armen gesehen, und ihm war klar, dass er sich alle Mühe geben musste, sich davon nicht beeinflussen zu lassen.
    »Sie haben sich an den sexuellen Aktivitäten also nicht beteiligt?«, fragte Coleridge.
    »Nein. Ich wollte das Ganze nutzen, um mein Verständnis anderer Kulturen zu verbessern«, erwiderte Sally. »Ich habe mir eine Ecke in der Kiste gesucht, habe nicht darauf geachtet, was die anderen treiben, und mich darauf konzentriert, das Bewusstsein einer eingeborenen amerikanischen Kriegerin zu erlangen.«
    Coleridge konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass seinem besten Wissen und Gewissen nach Männer die Kriege der amerikanischen Ureinwohner geführt hatten, beschloss aber, nicht weiter darauf einzugehen. »Sie wollten nicht am — äh — Spaß teilhaben?«, fragte er.
    »Nein, ich bin lesbisch, und alle anderen Frauen, die in der Kiste saßen, sind hetero oder glauben zumindest, es zu sein. Außerdem wollte ich mich von ihnen ablenken. Ich musste mich konzentrieren .«
    »Weshalb?«
    »Ich mag dunkle, enge Räume nicht. Ich sitze nicht gern in schwarzen Kisten.«
    »Wirklich? Haben Sie vorher schon Erfahrungen damit gemacht?«
    »Eigentlich nicht, nein. Aber ich stelle es mir oft vor.«
    Coleridge fiel auf, dass die Zigarette in Sallys Hand zitterte und die Rauchsäule, die darüber aufstieg, gezackt war. Wie das Schneideblatt einer groben Säge. »Weshalb stellen Sie sich schwarze Kisten vor?«
    »Um mich zu testen. Um zu sehen, was passiert, wenn ich drin sitze.«
    »Und als Sie sich nun mit einer echten schwarzen Kiste konfrontiert sahen, haben Sie beschlossen, anhand von ihr Ihre mentale Stärke zu testen.«
    »Ja, genau.«
    »Und haben Sie den Test bestanden?«
    »Ich weiß nicht. Ich kann mich an nichts erinnern. Das hab ich einfach nicht gerafft, und deshalb bin ich in meinem Kopf woandershin gegangen.«
    Doch sosehr er sie auch bedrängte, es gelang Coleridge nicht, aus Sally noch mehr herauszubringen.
    »Ich verheimliche Ihnen nichts«, protestierte sie. »Ich schwöre! Ich mochte Kelly. Ich würde es Ihnen sagen, wenn ich was wüsste, aber ich erinnere mich an nichts. Ich kann mich nicht mal erinnern, dass ich da war.«
    »Danke, das wäre fürs Erste alles«, sagte Coleridge.
    An der Tür wandte Sally sich noch einmal um. »Eins noch. Alles, was Moon Ihnen erzählt, ist gelogen, okay? Diese Frau wüsste nicht mal, was wahr ist, wenn man es ihr mit einem Messer in den Kopf rammen würde.« Damit ging sie hinaus.
    »Glauben Sie, sie wollte uns sagen, dass Moon es getan hat?«, fragte Hooper.
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Coleridge.
    Weder David noch Hamish schienen mit der Sprache herausrücken zu wollen. Ihre Aussagen glichen mehr oder weniger exakt Garrys, Jasons und Moons, wirkten jedoch nicht offen und ehrlich, sondern eher zurückhaltend.
    »Ich könnte Ihnen nicht sagen, wo Kelly in der Kiste saß«, sagte Hamish. »Ich weiß, dass ich an einem der Mädchen herumgefummelt habe, aber ich könnte Ihnen ehrlich nicht sagen, an welchem.«
    Irgendetwas an seiner Art störte Coleridge. Später, als er mit Hooper darüber sprach, räumte der Sergeant ein, er hätte das gleiche Gefühl gehabt. Sie hatten beide schon genug Lügner verhört, um die Anzeichen erkennen zu können. Die defensive Körpersprache, die verschränkten Arme und eingezogenen Schultern, den Rücken gegen den Sitz gepresst, als wappnete man sich für einen Seitenhieb. Vermutlich log Hamish, doch sie konnten nicht sagen, ob es eine große oder kleine Lüge war.
    »Sie sind Arzt, steht hier«, sagte Coleridge.
    »Bin ich«, erwiderte Hamish.
    »Ich hätte gedacht, dass ein Arzt vielleicht etwas aufmerksamer wäre. Schließlich saßen da nur vier Frauen in der Dunkelheit. Sie kannten alle vier seit einem Monat. Wollen Sie mir ernstlich erzählen, Sie hätten sich an einer davon

Weitere Kostenlose Bücher