Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
Vom Netzwerk:
beobachten. Besonders wenn er im Dienst war. Coleridge, nicht Gott. Und Gott war nach Coleridges Ansicht immer im Dienst.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er mit den Gedanken bei seiner Arbeit und nirgendwo anders war, wandte sich Coleridge von der dunklen Wand ab und sah sich wieder das duschende Mädchen und den schwarz gekleideten Kameramann an, der sie dabei filmte.
    In der nächsten Sekunde sah er etwas, das ihn beinahe aufschreien ließ. Er konnte sich gerade noch zurückhalten, einen Satz nach vorn zu machen und den dreckigen kleinen Schweinehund auf der Stelle zu verhaften.
    Carlisle hielt eine zweite Kamera in Händen. Der Mann war unter dem dicken schwarzen Cape hervorgekommen, nachdem er seine Arbeitskamera auf deren Dolly in eine feste Position gebracht hatte, sodass sie die junge Frau unter der Dusche im Weitwinkel aufnahm. Jetzt hielt er einen digitalen Camcorder in der Hand und drehte ganz offensichtlich sein eigenes, privates Video.
    Wütend und angewidert beobachtete Coleridge, wie Carlisle die kleine Linse nur Millimeter vor die schaumige Scheibe hielt — offenbar in dem verzweifelten Versuch, der ahnungslosen Frau so nahe wie möglich zu kommen. Schamlos erkundete er Dervlas Körper, zoomte auf ihren Nabel, ihr Dekolleté, die etwas dunkleren Umrisse ihrer Brustwarzen, die durch den Stoff ihres Oberteils zu erkennen waren. Dann ging Carlisle auf Höhe von Dervlas Schritt und setzte zu einer langen, ungeschnittenen Nahaufnahme ihres Schambereichs an. Dervla stand mit leicht gespreizten Beinen, sodass ihr dünnes und mit Spitzen besetztes Höschen zu sehen war. Ein Hauch von weichem, feuchtem Haar lugte oben am Oberschenkel heraus, während ein funkelnder Wasserstrom am Zwickel herab lief.
    Als Dervla zu Ende geduscht hatte, drehte sie die Hähne ab, schlang sich ein Handtuch um die Brust, zog ihre klatschnasse Unterwäsche darunter hervor und trat ans Waschbecken, um sich die Zähne zu putzen.
    Eilig stellte Carlisle seine Privatkamera ab und verschwand wieder unter dem schwarzen Umhang, um mit der Profikamera zum Spiegel über dem Waschbecken zu fahren.
    Auf der anderen Seite warf Dervla einen kurzen Blick auf ihr Spiegelbild und schüttelte den Kopf.
    Coleridge war noch nie hinter einem Spiegel gewesen, dessen Rückseite durchsichtig war. Man konnte beinahe glauben, dass dieses Mädchen den Kopf nicht für sich selbst, sondern für die Kamera schüttelte, die direkt vor ihrer Nase schwebte. Sie sang ein paar Takte aus einem Rod-Stewart-Song, wobei ihre Stimme hinter dem Glas zwar leise, aber doch hörbar war. »I don’t wanna talk about it...«, sang sie.
    Und dann: »Hey, boy, don’t bother me.« Danach verfiel sie in Schweigen und vermied es, ihr Spiegelbild direkt anzusehen.
    Coleridge sah, wie Carlisles Hand unter der Kamera hervorkam. Er hielt etwas — einen kleinen weißen Beutel — an einer Ecke fest und schüttelte ihn. Ein leises Rasseln durchbrach die Totenstille im dunklen Tunnel, und überrascht erkannte Coleridge, worum es sich bei diesem Beutel handelte: Vor ein paar Wochen erst hatte er bei einer Bergwanderung in Snowdonia selbst einen geschüttelt. Es handelte sich um ein Gel-Wärmekissen für Wanderer, ein Beutel mit Chemikalien und einer Eisenfüllung, der große Hitze produzieren sollte, wenn man sie brauchte. Staunend beobachtete er, wie Carlisle den Beutel in seiner Faust zusammendrückte, bis er eine stumpfe Spitze bildete, und dann Buchstaben auf das Glas schrieb. Offenbar sollte die Hitze das Kondenswasser auf der anderen Seite erwärmen.
    Carlisle schrieb langsam, einerseits bestimmt, damit die Wärme Zeit bekam, durch das Glas zu dringen, und andererseits, weil Carlisle seinen Spaß daran hatte. Sanft strich sein Zeigefinger übers Glas und folgte den Spuren des Wärmekissens. Es war fast so, als würde Carlisle, indem er den Spiegel berührte, in gewisser Weise auch Dervla berühren. Coleridge versuchte zu erkennen, was Carlisle schrieb. Die Buchstaben waren natürlich seitenverkehrt, dennoch war es nicht weiter schwierig, sie nachzuvollziehen.
    Auf der anderen Seite vom Glas zuckte Dervlas Blick abwärts, als die Botschaft erschien.
    »Keine Sorge. Die Leute mögen dich noch immer«, stand auf der beschlagenen Scheibe.
    Dervla zuckte mit keiner Wimper. Unverwandt starrte sie die Buchstaben an.
    Hinter dem Glas, im dunklen Gang, streckte Carlisle, der nicht ahnte, dass ihn die Polizei beobachtete, einen Arm aus und schrieb noch ein paar Worte.
    »Hier

Weitere Kostenlose Bücher