Tödlicher Ruhm
Gazzer ist ein bisschen volle Kanne neben der Spur.«
Gazzer war nicht nur neben der Spur, er war sprachlos vor Wut. Großer Schmerz und lodernder Zorn brodelten in seinem Herzen und in seiner Seele. Doch es gelang ihm, diese Gefühle zu verbergen und den Eindruck zu erwecken, als wäre er lediglich wütend. »Ja, na gut, meinetwegen«, sagte er.
»Ich wollte damit gar nichts sagen, Gazz«, meinte Kelly. »Weißt du, ich meine ja nur, mehr nicht.«
»Ja, na gut, meinetwegen«, wiederholte Garry. »Will jemand einen Becher Tee?« Er wandte sich von der Gruppe ab, aber es gab kein Entrinnen vor den Kameras, und ein Hothead folgte ihm zum Wasserkessel. Tränen standen in Garrys Augen, und er biss sich so fest auf die Lippe, dass Blut zu sehen war.
Wie konnte sie es wagen? Es war nicht zu fassen. Es war nicht seine Schuld, dass er mit der Mutter des Kindes nicht mehr zurechtkam. Was sollte er denn machen? Vierundzwanzig Stunden am Tag vor ihrem Haus campieren? Er musste doch auch sein Leben leben, oder?
Er liebte seinen Jungen wirklich. Sie hatte kein Recht dazu. Absolut kein Recht.
17. Tag 10:00 Uhr
Layla war erst eine Stunde bei der Arbeit gewesen, als sie wieder ging.
Wieder zur Arbeit? Es war unvorstellbar. Schrecklich. Niederschmetternd.
Während der ganzen Zeit, als sie im Haus gewesen war — im Grunde seit sie die aufregende Neuigkeit erhalten hatte, dass sie für das Team von Hausarrest ausgewählt worden war — hatte Layla kaum gewagt, darüber nachzudenken, was sie am dritten Tag nach ihrem Auszug tun würde. Natürlich hatte sie ein wenig geträumt, und in ihren wildesten Fantasien stellte sie sich vor, dass sie sich vor Angeboten kaum würde retten können, dass sie atemberaubende Kleider vorführen und aufregende Fernsehsendungen über Beauty-Produkte und alternative Kultur moderieren würde. In ihren düsteren Momenten der Angst und des Zweifels hatte sie befürchtet, dass man sie in der Boulevardpresse verhöhnen würde und sie ihr Hippie-Ding in Radio-Chat-Shows verteidigen müsste.
Die brutale Wahrheit war, dass sich niemand für sie interessierte. Die Geschichte von Woggles Aufstieg und seinem spektakulären Absturz war die Story der ersten vierzehn Tage gewesen, und selbst das war inzwischen Schnee von gestern. Die Show war weitergegangen. Layla hatte der Presse nur insofern genutzt, als sie etwas über Woggle erzählen konnte. Und nachdem man diese kleine Goldader trauriger Berühmtheit nun ausgeschöpft hatte, war sie nur noch die hübsche, aber eitle Hippiebraut, die als Erste hatte gehen müssen.
Die eine, die beschissene Gedichte schrieb. Die eine, die offensichtlich voll und ganz von ihrer eigenen Pracht und Herrlichkeit geblendet war.
So hatte Peeping Tom sie dargestellt, wenn überhaupt. Als eingebildete, dumme Kuh, für die nur sprach, dass sie einen ausgesprochen bumsbaren Eindruck machte. Doch da die Woggle-Story etwaige Liebesgeschichten in den Hintergrund drängte, war selbst diese zweifelhafte Karte so gut wie nie ins Spiel gekommen.
Hinzu kam, dass Layla als letzte Tat im Haus den Beichtstuhl betreten und der Welt erzählt hatte, dass sie unzählige entzündete Flohbisse am After hatte. Es war der einzige Schnipsel von Laylas finaler Schimpfkanonade, den Geraldine gesendet hatte. Und der dämpfte ihre sexuelle Ausstrahlung um einiges.
Layla war mit der Chance, ein Star zu werden, ins Haus gegangen und nur zwei Wochen später wieder ausgezogen: als verzweifelte Wichtigtuerin, die sich am Ende in eine armselige Verliererin verwandelt hatte. Selbst ihre Freundinnen sahen sie inzwischen mit anderen Augen.
»Konntest du die anderen nicht daran hindern, so gemein zu Woggle zu sein?«, wollten die Radikaleren unter ihnen wissen. »Ich meine, in gewisser Weise hatte er doch Recht. Wo ist denn schon der Unterschied zwischen einem Fuchs und einem Floh?«
»Ich finde, du hättest David dein Gedicht aufsagen lassen sollen, als er es dir angeboten hat«, meinte ihre Mutter. »Ich fürchte, es ihm zu verweigern, sah doch etwas geziert aus, Liebes.«
Layla hatte das Gefühl, als sei ihr Leben ruiniert. Und wofür? Für nichts. Sie war verschmäht worden und schlimmer noch: Sie war pleite. Peeping Tom bezahlte seine Kandidaten nicht (vom Sieger einmal abgesehen). Man gab ihnen eine kleine Unterstützung, damit sie ihre Miete oder Kredite bezahlen konnten, solange sie im Haus waren, aber das war es auch schon. Von Ex-Kandidaten erwartete man, dass sie für sich selbst sorgten, aber
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