Tödlicher Ruhm
Sendestandards zu beachten. Aus diesem Grund hatte Peeping Tom Alkohol tagsüber verboten und an den Abenden während der Woche rationiert. An den Wochenenden dagegen war Partytime, und die Bewohner durften so viel trinken, wie sie wollten.
»Und mein ganzes Leben lang hat die Regel gegolten«, erklärte Geraldine auf einer Pressekonferenz, »dass das Wochenende am Donnerstag beginnt.«
An diesem Nachmittag, dem Donnerstag nach Laylas Rausschmiss und Woggles Verhaftung, stapelte sich in dem Raum, in dem Peeping Tom die Vorräte lagerte, der Alkohol.
Unter normalen Umständen hätte am Donnerstag die nächste Runde der Nominierungen stattfinden sollen, doch nach Woggles unerwartetem Abgang verkündete man, die Wahlen seien für diese Woche abgesagt, und man würde erst am kommenden Donnerstag wie gewohnt weitermachen. Wenn es einen guten Grund für eine Party gab, dann diesen.
36. Tag 13:00 Uhr
Coleridge hatte einen weiteren ergebnislosen Morgen damit verbracht, auf dem Gelände der Shepperton Studios herumzuwandern und seine Fantasie nach einem Geistesblitz zu durchforsten, der in einer Theorie münden konnte.
Irgendetwas wuchs in ihm heran, der Keim einer Idee, doch es war nur eine Theorie. Bisher gab es nicht viel, womit sie sich stützen ließe. Allerdings war es immer noch besser, auf irgendwas herumzukauen als auf gar nichts, selbst wenn es sich am Ende als Pferdefuß entpuppen sollte. Als er wieder aufs Revier kam, wartete dort schon ein Fax der irischen Polizei auf ihn. Es war die Antwort auf seine Nachfrage wegen Ballymagoon, jenem Dorf, von dem Coleridge im Radio gehört hatte und das sich im Zentrum der bäuerlichen Wirtschaftsflaute Irlands befand. Dervlas Heimatort.
Familie der Tatverdächtigen im Dorf ansässig, stand in dem Fax. Beide Eltern und zwei jüngere Schwestern wohnen noch zusammen. Familie scheint den Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht entgangen zu sein. Erhebliche finanzielle Not, Auto verkauft, Hypothek auf Haus und Hof, Schuldenberg. Jüngstes Kreditersuchen negativ.
Nun, dachte Coleridge, wenn je ein Mädchen einen dringenden Grund hatte, eine halbe Million Pfund gewinnen zu wollen, dann Dervla. Andererseits wusste er aus langjähriger Erfahrung, dass die meisten Menschen keinen dringenden Grund brauchten, wenn es darum ging, eine halbe Million Pfund besitzen zu wollen.
Aber ihre Eltern liefen Gefahr, ihren Hof zu verlieren. Und sich freiwillig für Hausarrest zu melden passte nicht recht zu einem Mädchen wie Dervla. Von allen Bewohnern war sie zweifellos die... Coleridge suchte nach dem richtigen Wort... »Bezauberndste« kam ihm in den Sinn, doch er schob es wieder beiseite. Schließlich entschied er sich für »Ungewöhnlichste«. Dervla war die Ungewöhnlichste.
Im Hinblick auf Motive stand zweifellos fest, dass Geld immer eine gute Wahl war. Gepaart mit drohender Familienschande war es mehr als gut... nur konnte ihr der Mord an einem Mitbewohner kaum den Sieg sichern. Sie befanden sich erst in der vierten Woche, und es gab noch sieben weitere Mitbewerber. Es war wohl eher unwahrscheinlich, dass sie alle umbringen wollte.
Sie konnte noch nicht einmal wissen, dass sie beliebt war. Keiner wusste, wie die Welt draußen über ihn dachte.
Etwas, das er sich für später aufsparen wollte... mehr konnte Coleridge aus dem Fax der irischen Polizei nicht herauslesen. Er legte es zu Dervlas Akte und bat einen Constable, einen »Motiv«-Zettel neben ihr Foto an der Wandkarte zu kleben. Dann gesellte er sich zu Trisha und Hooper, die in ihrer üblichen Haltung vor dem Videobildschirm kauerten.
Sie widmeten sich dem achtzehnten Tag.
»Seht euch die vielen Flaschen an. Die müssen mindestens hundert Pfund gekostet haben«, sagte Trisha.
»Es war die einzige Möglichkeit, Schwung in die Sache zu bringen«, erwiderte Hooper. »Geraldine Hennessy hat so was in der Art auch damals der Presse gegenüber gesagt.«
»Diesen Leuten muss doch aber klar gewesen sein, dass sie manipuliert wurden, oder?«, meinte Coleridge. »Sie betrunken zu machen ist doch ein plumper Trick.«
» Natürlich war es ihnen klar, aber Sie müssen versuchen zu verstehen, dass diese Leute anders sind als Sie. Es war ihnen egal Und ehrlich gesagt: Wäre ich mit David und seiner Gitarre wochenlang in so einem Haus eingesperrt, und mir würde jemand fünf Kisten Alkohol auf den Tisch stellen, würde ich auch zuschlagen.«
»Aber haben diese Leute denn keinen Sinn für Privatsphäre? Für ihre eigene
Weitere Kostenlose Bücher