Tödlicher Schnappschuss
Hausherrin, nur gab es zwei große, zusätzliche Räume.
Bevor er mit der Besichtigung begann, zog er ein Paar hauchdünne
Einmalhandschuhe über, die er immer bei sich trug -sogar in der Kur,
wie er ein wenig von sich selbst überrascht feststellte. Was ihn
weniger überraschte, war der Umstand, dass hier offensichtlich etwas
gesucht worden war. Die Eindringlinge hatten nichts an seinem Platz
gelassen - Schubladen waren aus den Schränken gezogen, und deren
Inhalt hatten die ungebetenen Besucher auf dem Fußboden verteilt.
Ulbricht bahnte sich vorsichtig den Weg durch die Wohnung. Neben der Tür
gab es eine Pinnwand aus Kork. An einem Haken hing ein Schlüssel. Bei
näherem Hinsehen erkannte Ulbricht, dass es sich wohl um den
Zweitschlüssel des knallroten Porsche handelte. Er nahm den Schlüssel
vom Board und wog ihn nachdenklich in der Hand. Allein der Schlüssel
des Sportwagens wirkte wertiger als der Schlüssel seines alten
Vectra. Ulbricht blickte zu der Korkwand und entdeckte ein kleines Foto.
Hastig steckte er den Schlüssel in die Manteltasche
und nahm das Bild in die Hand. Darauf erkannte er einen sichtlich gut
gelaunten Christian Vorberg an der Seite einer bildhübschen Frau.
Wahrscheinlich eines seiner Models, dachte Ulbricht und ließ auch
das Foto in seine Tasche gleiten. Dann setzte er seine
Wohnungsbesichtigung fort. In einem der Zimmer fand Ulbricht eine Art
Arbeitszimmer vor, das von zwei großen Computermonitoren beherrscht
wurde, die auf einer drei Meter langen Arbeitsplatte am Fenster standen.
Natürlich hatte Vorberg die Vorzüge der digitalen Fotografie längst
zu schätzen gelernt und bearbeitete seine Werke am Rechner, um die
besten Ergebnisse zu erzielen. Das Seltsame war nur, dass es gar keine
Computer gab. Ulbricht blickte auf die Anschlusskabel der Monitore, die
nirgendwo angeschlossen waren. So langsam ahnte er, worauf es die Täter
abgesehen hatten. Man hatte seine Rechner verschwinden lassen, um
eventuell brisantes Material zu vernichten, das sich auf einer der
Festplatten befand. Den Monitoren nach zu urteilen waren es mindestens
zwei Rechner gewesen, und womöglich hatte Vorberg noch einen Laptop
besessen.
Ulbricht setzte die
Besichtigung der Wohnung fort. An den Wänden gab es große
Fotografien in halterlosen Glasrahmen. Ulbricht betrachtete die Werke.
Naturaufnahmen, einige Still-Leben, auch künstlerisch wertvolle Porträts
erkannte er neben Detailaufnahmen einer elegant geschwungenen
Oldtimerkarosserie. Tatsächlich schien sich Vorberg für jedes
brauchbare Motiv interessiert zu haben.
Die Jalousien waren
zugezogen, und das Licht der Sonne drang in breiten Streifen ins Zimmer.
Staubpartikel tanzten im Sonnenlicht. Unter dem Fenster standen ein paar
aufgeklappte Alukoffer. Darin sah Ulbricht Objektive verschiedenster
Brennweiten. In einer Ecke des Raumes stand eine professionelle
Studioblitzanlage, die sicherlich sündhaft teuer gewesen war.
Ulbricht wandte sich ab und betrat den angrenzenden Raum. Das
Schlafzimmer. Ein großer Kleiderschrank, der bis zur Decke reichte
und ein französisches Bett. Vorberg hatte es nicht gerichtet, als er
aufgestanden war; die Bettdecke und das Kopfkissen waren zerwühlt. An
den Eisenstreben des Kopfendes hing ein Paar Handschellen mit Plüschüberzug.
»Sieh an«, grinste Ulbricht. »Unser Toter scheint ein
verspielter Zeitgenosse gewesen zu sein.« Er ging neben dem Bett in
die Hocke und öffnete den Nachtschrank. Darin fand er eine Packung
Kondome. Verantwortungsvoll schien Vorberg wenigstens gewesen zu sein. Vor
dem Kleiderschrank gab es einen Berg aus unterschiedlichsten Textilien,
die Ulbricht vorsichtig umschichtete. Er fand nichts von Bedeutung.
Herrenbekleidung, Größe 50, vom Jogginganzug bis hin zum feinen
Zwirn war alles vertreten. Vorberg war in der Lage gewesen, sich jedem
Anlass entsprechend kleiden zu können. Wahrscheinlich brachte das der
Beruf mit sich. Wenn er professionell gearbeitet hatte, dann hatte er
Pferderennen in Hannover genauso abgelichtet wie vornehme Empfänge
der oberen Zehntausend. Auch das Bad gab nicht viel her; im Becher fand
Ulbricht nur eine einzige Zahnbürste, kein Make-up und kein Damenparfüm.
Demnach hatte keine seiner Freundinnen hier über einen längeren
Zeitraum gelebt. Die Küche war der Traum so mancher Hausfrau:
hochmodern und maßgeschneidert. Auch die Einbaugeräte
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