Tödlicher Schnappschuss
Chip, den er mit spitzen Fingern
hervorzog. Es war einer dieser winzigen Dinger, die man unter anderem auch
als Speicher karten in Fotoapparaten verwendete.
Offenbar war er dem Geheimnis
auf der Spur. Das, was Vorbergs Mörder nicht in der Wohnung gefunden
hatte, war ihm beim Pinkeln aufgefallen. Mit einem breiten Grinsen schob
sich Ulbricht die Speicherkarte in die Hosentasche, dann faltete er den
Gefrierbeutel wieder zusammen und schob ihn in den Hohlraum des Deckels,
bevor er die Styroporschicht wieder in das Rechteck drückte. Anschließend
verschloss er den Spülkasten. Er ging dabei sorgfältiger als
sein Vorgänger zu Werke und betrachtete sein Werk schließlich
zufrieden. Niemand würde darauf kommen, dass der altertümliche
Spülkasten ein Geheimnis barg, oder besser, geborgen hatte. Ulbricht
war sicher, das gefunden zu haben, wofür Vorberg hatte sterben müssen.
Sicherlich waren die Kollegen aus Hameln nicht dumm. Wenn man keinen Schlüssel
beim Toten gefunden hatte, lag der Verdacht nahe, dass man in seiner
Wohnung etwas ganz Bestimmtes suchte. Etwas, das Ulbricht nun in seinen
Besitz gebracht hatte. Zufrieden wandte er sich ab. Ihn hielt hier nichts
mehr. Diesem arroganten Grundmann würde er schon noch zeigen, wie gründliche
Polizeiarbeit aussah.
Zufrieden trat er wieder
hinaus in den Hausflur. Er zog die Handschuhe aus und stopfte sie in die
Manteltasche, dann schloss er sorgfältig ab und klingelte wieder an
Martha Hutmachers Wohnungstüre. Kaum, dass das Schrillen der
altmodischen Türglocke verebbt war, flog die Tür auf.
»Ah«, machte
Martha Hutmacher. »Das passt gut. Ihre Kollegin ist auch gerade
eingetroffen. Darf ich Ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten?«
Sekundenlang überlegte
Ulbricht, wovon die alte Dame wohl sprach, dann ahnte er, dass es sich um
keine andere Kollegin als um Maja Klausen handeln konnte. Er winkte
dankend ab. »Das ist nett, aber ich bin ein wenig in Eile!«
Dann drückte er der alten Dame den Wohnungsschlüssel in die Hand
und verließ das Haus so schnell es ging. Auf Ärger hatte er nun
wirklich keine Lust.
VIER
Maja Klausen machte gute
Miene zum bösen Spiel. Sie wollte der netten alten Dame nicht erklären,
dass Kommissar Ulbricht hier in Niedersachsen keine Befugnisse hatte und
nicht mit den Ermittlungen im Tötungsdelikt Christian Vorberg betraut
war. Am liebsten hätte sie diesen Ulbricht sofort zur Rechenschaft
gezogen und ihn gefragt, was er sich einbildete, hier herumzuschnüffeln.
Und das war ihm auch nur geglückt, weil sich die Kollegen von der
Spurensicherung so viel Zeit gelassen hatten. Unter anderen Umständen
wären sie lange vor Ulbricht hier gewesen und hätten so
Schlimmeres verhindern können. Maja hoffte, dass Ulbricht keine
Spuren vernichtet hatte. Und wenn doch, dann war es jetzt auch zu spät.
So übte sich Maja in Schadensbegrenzung, ließ sich von Martha
Hutmacher zu einer Tasse Kaffee überreden und fragte sie beinahe all
das, was die alte Dame bereits Ulbricht erzählt hatte. Martha
Hutmacher stellte keine Fragen und half ihr, so gut es ging. Als die alte
Frau kurz in der Küche verschwunden war, um sich um ihr Essen zu kümmern,
telefonierte Maja mit den Kollegen.
»Wir sind in ein paar
Minuten bei dir, halte aus«, lachte Grundmann und war ihr zum ersten
Mal seit langer Zeit sympathisch.
»Du hast gut reden«,
zischte Maja leise. »Dieser Ulbricht war vor mir hier und hat in
Vorbergs Wohnung herumgeschnüffelt. Ich will nicht wissen, wie viele
Spuren er bereits verwischt hat. Er ist Zeuge, und ich habe keine Lust,
mir alles von ihm verderben zu lassen.«
»Ich bring ihn um, wenn
der sich weiterhin in unsere Arbeit einmischt«, polterte Grundmann
am anderen Ende der Leitung.
»Bleib mal locker. Er
ist in erster Linie ein Kollege«, erwiderte Maja und versuchte sich
selbst zu beruhigen. »Und er wird wissen, was er tut. Wahrscheinlich
hat er in seiner Laufbahn schon mehr Tatorte besichtigt als du, also
entspann dich, Jürgen.«
»Der soll mir mal
über den Weg laufen!«
Genau das hatte sie nicht hören
wollen, aber es war typisch für Grundmann. Majas Wangen hatten eine
tiefrote Färbung angenommen. In der Küche klimperte Frau
Hutmacher mit den Töpfen, dann näherten sich Schritte. »Ich
muss Schluss machen«, flüsterte Maja ins Telefon und drückte
die rote Taste. Sie schenkte Martha
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