Tödlicher Schnappschuss
durch die altehrwürdigen Hallen und war einigermaßen
beeindruckt von dem Werk eines begnadeten Architekten, der an dieser
Immobilie unter Beweis gestellt hatte, was man aus einer alten Fabrik
machen konnte. Die Räume waren trotz - oder gerade wegen - ihrer
Vergangenheit imposant. Moderne mischte sich hervorragend mit
Industriekultur, und auch wenn Ulbricht von solchen Dingen nicht viel
verstand, so wusste er sehr wohl, dass der Inhaber des Unternehmens Wert
auf Stil und guten Geschmack legte. Dennoch wunderte sich der Kommissar
aus Wuppertal, als sie der Weg an einer Art Cafeteria und sogar an einem
Billardtisch, einem knallgelben Flipperautomaten und an einem Kicker
vorbeiführte. War dies der Pausenraum von Stichers Team?
Ihre Schritte klangen ein
wenig hohl auf dem Steinboden der Büros. Legte man an anderen Stellen
Wert auf geräuschdämmende Läufer, so war es hier der ursprüngliche
Ziegelboden, den man an seinem Platz belassen hatte. Über eine
eiserne Treppe gelangten sie ins obere Geschoss der Büroräume.
Hier gab es eine Galerie, von der man die offenen Räume im
Erdgeschoss einsehen konnte. Durch die hohen Fenster drang das Sonnenlicht
herein und tauchte die Szenerie in ein warmes Licht.
Die Empfangsdame öffnete
eine gläserne Tür, dann befanden sie sich in einer Art
Vorzimmer.
»Bitte warten Sie hier.«
»Natürlich.«
Ulbricht nickte und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
Es dauerte keine zwei Minuten, bis die junge Frau wieder auf der Bildfläche erschien und ihn in das Chefbüro
bat. Sie zog sich dezent zurück.
»Guten Tag, was kann
ich für Sie tun?« Fritz-Eckhard Sticher erhob sich und
umrundete seinen Schreibtisch. Ulbricht schätzte ihn auf Mitte,
vielleicht Ende vierzig. Er trug einen eleganten dunklen Anzug; die
Krawatte korrespondierte hervorragend mit der Farbe seines Hemdes. Sticher
trug die dunkelbraunen Haare kurz geschnitten. Sein Händedruck war
angenehm fest, und Ulbricht erwiderte das freundliche Lächeln, während
er sich umblickte. Auch im Büro des Chefs herrschte nüchterne
Sachlichkeit: Stählerne Säulen und Doppel-H-Träger stützten
die Deckenkonstruktion, dicke Heizrohre verliefen unter der hohen Decke
des Raumes. Ein dünner, anthrazitfarbener Teppich dämmte nun
seine Schritte. Bilder an den weiß getünchten Wänden;
Ulbricht erkannte in einer Ecke ein Bild von Max und Moritz. Rundum gab es
große Glasflächen, die dafür sorgten, dass Stichers Büro
lichtdurchflutet war. Sie signalisierten dem Besucher Transparenz, und
ganz nebenbei hatte der Chef einen Ausblick auf die Arbeitsplätze
seiner Mitarbeiter.
»Schön haben Sie
es hier«, erwiderte Ulbricht, mehr um Zeit zu gewinnen.
»Es ist zu klein«,
erwiderte Sticher und winkte ab. »Wir werden bald umziehen müssen.«
»Entschuldigen Sie,
wenn ich das so sage, aber für einen Steuerberater sind diese Räume
schon ziemlich üppig«, entgegnete Ulbricht.
»Nicht, wenn man
zahlreiche Mandanten hat. Außerdem unterhalten wir sehr erfolgreiche
Niederlassungen in Hannover, Münster und in Bielefeld.«
Stichers Ausführungen wirkten nicht angeberisch, sondern sachlich und
sympathisch. Er deutete auf einen freien Besucherstuhl
vor seinem Schreibtisch. »Aber bitte«, forderte er Ulbricht
auf. »Nehmen Sie doch Platz.«
Ulbricht setzte sich dankend
hin.
»Also: Wie kann ich
Ihnen helfen?« Sticher beugte sich über die Tischplatte.
»Mein Name ist
Kriminalhauptkommissar Ulbricht, ich arbeite an einem Mordfall.«
Ulbricht zeigte ihm den Dienstausweis - wieder so, dass sein Daumen auf
dem NRW-Wappen lag. Doch diesmal ging seine Rechnung nicht auf. Bei
Fritz-Eckhard Sticher handelte es sich um einen gewissenhaften Mann, was
sicherlich auch mit seinem Beruf zusammenhing. Der Steuerberater nahm
seinen Besucher ernst und versicherte sich davon, dass er es nicht mit
einem Hochstapler zu tun hatte. Sticher nahm den Ausweis aus Ulbrichts
Hand und studierte das Dokument sorgfältig.
»Der Ausweis ist von
der nordrhein-westfälischen Behörde ausgestellt«, stellte
er mit einer erhobenen Augenbraue fest. »Haben Sie die Befugnis,
mich zu verhören?«
»Das ist kein Verhör«,
antwortete Ulbricht schnell. »Ich habe nur ein paar Fragen an Sie,
und dann bin ich auch schon wieder verschwunden. Es wird nicht lange
dauern.«
»Dann schießen
Sie los.« Sticher händigte Ulbricht
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