Tödlicher Schnappschuss
der Anzug, heute sommerlich leicht und grau, saß
perfekt. Klaus Dauber achtete sehr auf ein gepflegtes Äußeres.
Der Oberkriminalrat war Mitte fünfzig, Vater von zwei erwachsenen Töchtern
und lebte in einem schmucken Eigenheim am Rand des Klütviertels,
einer besseren Wohngegend von Hameln. Viel mehr wussten seine Mitarbeiter
nicht von ihm.
Nachdem er die Ereignisse des
Vortages in wenigen Sätzen zusammengefasst hatte, blickte er in die
Runde.
Zwei Kollegen von der
IT-Abteilung saßen ebenfalls am Tisch. Hinrichs, der ältere, räusperte
sich. »Die Spiegelung der Festplatten, die wir in dem bei Bad
Pyrmont verunglückten Fahrzeug gefunden haben, hat ergeben, dass die
Computer tatsächlich vom Einbruch in Christian Vorbergs Wohnung
stammen. Wir haben zahlreiche Fotodateien gefunden und konnten die Bilder
teilweise schon zuordnen. Die Auswertung der E-Mail-Kontakte dauert noch
an, wir rechnen damit, dass wir heute Abend schon mehr darüber
wissen, mit wem Vorberg in näherem Kontakt stand.«
»Damit wissen wir schon
mal, dass es sich bei dem Hoteldieb, der Norbert Ulbricht lästig
wurde, um den gleichen Mann handelt, der bereits zuvor in Vorbergs Wohnung
eingedrungen ist«, bemerkte Maja und spielte mit ihrem
Kugelschreiber. »Den Unterlagen habe ich entnommen, dass es sich bei
Gerhard Plott um einen kleinen Gauner handelt, der bereits
erkennungsdienstlich behandelt wurde. Nun müssen wir herausfinden, in
wessen Auftrag er die Einbrüche verübt hat.«
Alders lachte leise. »Das
würden wir ihn gern fragen, allerdings befindet er sich seit dem
Unfall im Koma. Er war nicht angeschnallt und hat schwere Verletzungen
davongetragen.« Er tauschte einen Blick mit Lisa Stendal.
»Ich werde eben im
Krankenhaus anrufen und versuchen mit den Ärzten zu sprechen«,
versprach sie und verließ den Raum.
»Plott bewohnt eine
kleine Wohnung in Holzminden. Möglicherweise finden wir bei einer
Durchsuchung seiner Wohnräume weiteres Diebesgut«, überlegte
Alders und machte sich Notizen. »Die Adresse haben wir. Dann fahren
wir da nach dem Krankenhaus vorbei.«
»Den richterlichen
Durchsuchungsbeschluss reichen wir im Zweifelsfall nach«, bestimmte
Dauber. »Wir dürfen keine Zeit verlieren, ich werde das Gefühl
nicht los, dass es sich bei dem Mord an Vorberg und bei den beiden Einbrüchen
nur um die Spitze des Eisbergs handelt.«
Er liebte es, in Metaphern zu
reden, und jeder am Tisch schmunzelte.
Grundmann räusperte sich
vernehmlich, und als er sicher war, dass alle Blicke gespannt auf ihm
ruhten, drückte er das Kreuz durch. »Ich weiß ja nicht,
in welchem Zusammenhang unser werter Kollege aus Wuppertal zu dem Fall
steht«, begann er, wurde aber gleich durch eine Handbewegung von
Maja unterbrochen.
»Er ist in Ordnung«,
sagte sie schnell.
»Seltsamerweise hat er
den Toten auf Burg Polle gefunden. Und er war nach dessen Ableben und vor
unserem Eintreffen in der Wohnung des Fotografen. Haben Sie eine plausible
Erklärung für sein Verhalten, Frau Kollegin? Immerhin befindet
er sich hier zur Kur. Er ist hier in seiner Freizeit und verfügt im
Grunde genommen über keinerlei amtliche Befugnisse, aber das muss ich
Ihnen ja wohl nicht erklären.«
»Hauptkommissar
Ulbricht ist in Ordnung«, wiederholte Maja .
Sie spürte, wie sich
ihre Kehle zuschnürte. »Er ist Polizist mit Leib und Seele,
kann nicht anders, wenn er in einen Fall verwickelt wird.«
»Ich werde im
Wuppertaler Polizeipräsidium anrufen und mich vergewissern, dass
alles mit ihm in Ordnung ist«, schlug Dauber vor. »Dann dürften
auch die letzten Zweifler beruhigt sein«, setzte er in Grundmanns
Richtung nach. Dann stockte er. »Moment«, murmelte er. »Wie
heißt er?«
»Norbert Ulbricht,
Erster Kriminalhauptkommissar beim KK 11 im Wuppertaler Polizeipräsidium«,
half Maja. »Warum? Kennen Sie ihn?«
»Er ist ein alter
Haudegen, und die Welt ist ein Dorf«, murmelte Dauber, bevor er zur
Tagesordnung überging. Er gab Grundmann das Wort.
»Wir sollten dennoch
festhalten, dass wir in dem Tötungsdelikt die Behörde sind, die
die Ermittlungen führt - und zwar nur wir«, polterte Grundmann
und blickte Beifall heischend in die Runde.
Maja wurde es heiß, und
das Blut schoss ihr bis in die Haarspitzen. Am liebsten hätte sie
Grundmann, diesem aufgeblasenen Idioten, die Meinung gesagt, hätte
ihm an den Kopf geworfen,
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