Tödlicher Schnappschuss
durchleuchten das gesellschaftliche Umfeld von
Vorberg, aber viel mehr können wir nicht tun.«
Sie machte keinen Hehl
daraus, dass sie unzufrieden war.
»Vielleicht kann ich
dir etwas Arbeit abnehmen«, schlug Ulbricht vor, als das Klingeln
von Majas Handy das Gespräch unterbrach. Eilig legte sie das Besteck
zur Seite, tupfte sich die Lippen an der Serviette ab und kramte in der
Tasche nach dem Telefon. Mit einem Blick auf das Display stellte sie fest,
dass der Anruf aus der Polizeiinspektion kam. Am anderen Ende der Leitung
war Dauber. Der Kriminaloberrat hatte eine Nachricht für sie. Maja
lauschte angestrengt und registrierte mit jeder Sekunde, dass ihre
Herzfrequenz sich schlagartig erhöhte.
»Ja«, sagte sie,
nachdem Dauber seine Ausführungen abgeschlossen hatte. »Den
Namen habe ich schon mal gehört. Ich werde mich darum kümmern.
Natürlich. Bis bald.« Sie drückte die rote Taste, starrte
kopfschüttelnd auf das Handy in ihrer Hand, bevor sie es inder Tasche
verschwinden ließ und Ulbricht mit tiefrotem Gesicht musterte. Er
genoss in aller Ruhe sein Fleisch und grinste sie an.
»Gibt 's Probleme?«
»Das kann man wohl
sagen«, zischte sie und war um Fassung bemüht. Maja nahm die
Serviette in die Hand und knetete das Papier. »Das war
Kriminaloberrat Dauber - mein Chef. Er hatte gerade einen Anruf von einem
guten Freund. Sie treffen sich jede Woche zum Golfspielen auf dem Rasen
und tauschen auf höchster Ebene Neuigkeiten aus.«
»So was machen manche
Leute«, erwiderte Ulbricht schulterzuckend.
»Ja, und Dauber hat
einen Anruf von seinem Freund Sticher bekommen. Er fragte, ob es in
Ordnung sei, dass du bei ihm herumgeschnüffelt hast.« Maja war
außer sich. Ärger mit ihrem Vorgesetzten war genau das, was sie
augenblicklich nicht gebrauchen konnte.
»Ich hab nicht
herumgeschnüffelt«, verteidigte sich Ulbricht und spülte
das Fleisch mit einem Schluck Bier herunter.
Maja ging nicht auf seine
halbherzige Rechtfertigung ein.
»Sag mir, dass das
nicht dein Ernst ist«, zischte sie wütend und knüllte die
gemusterte Serviette zusammen, um sie schwungvoll auf den geleerten Teller
zu werfen. Unwillkürlich war sie laut geworden.
»Maja, bitte, mach doch
keinen Aufstand«, bat er sie und blickte sich im Restaurant um. Es
war ihm peinlich, dass sie im Zentrum des Interesses aller anderen Gäste
standen. »Ja«, sagte er dann leise. »Ich war bei diesem
Steuerberater und habe ihn gefragt, ob er die Frau, mit der wir ihn auf
dem Foto gesehen haben, näher kennt.«
»Er ist glücklich
verheiratet«, giftete sie.
»Das hat er mir auch
gesagt. Und, dass er einen guten Ruf zu verlieren hat. Ich habe ihm
Diskretion zugesichert. Maja, wir ermitteln in einem Mordfall.«
»Ich ermittele in einem
Mordfall«, korrigierte sie ihn. Dass Dauber Ulbrichts Mitarbeit in
der Morgensitzung mehr oder weniger geduldet hatte, band sie ihm nicht auf
die Nase. »Es ist immer noch mein Fall, Norbert. Und ich trage die
Verantwortung für den Erfolg oder den Misserfolg meiner Arbeit.«
»Was soll das jetzt?«
Ulbricht wurde langsam auch wütend. Eine steile Falte hatte sich
zwischen seinen Augenbrauen gebildet. »Ich wollte dir zuarbeiten, während
du am Schreibtisch hängst und die Drecksarbeit machen musst.«
»Damit komme ich gut
klar, wenn mir niemand dazwischenpfuscht.« Maja konnte es nicht
glauben. Warum hatte er ihr nicht gesagt, was er vorhatte? Dann hätte
sie ihn davor bewahren können, ins offene Messer zu laufen.
Ulbricht wollte etwas
erwidern, doch sie brachte ihn mit einer energischen Handbewegung zum
Schweigen. »Der Krümel schweigt, wenn der Kuchen redet«,
sagte sie schnell. »Also: Fritz-Eckhard Sticher ist nicht irgendein
Steuerberater. Zahlreiche wichtige Leute aus Politik und Wirtschaft zählen
zu seinen Mandanten. Sicher kannst du dir jetzt vorstellen, dass auch
Sticher ein sehr einflussreicher Mann ist. Und er war befremdet, dass du
ihn zu einer seiner Mandantinnen befragt hast und fürchtet nun, in
den Dunstkreis des Mordfalles zu geraten.«
»Ich hasse diesen Klüngel.«
»Das ist kein Klüngel,
das sind seriöse Geschäfte, die dort abgewickelt werden.
Alexandra Voosen ist ein in der Stadt bekanntes Luxus-Callgirl.«
»Und nach den Geschäften
gönnt man sich eine Prostituierte, um den Feierabend gemütlich
ausklingen zu lassen?« Jetzt war
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