Tödlicher Schnappschuss
ist.« Der junge Kollege
blätterte in seinen Notizen. »Allerdings wurden auch Spuren
gefunden, die auf Beifahrerinnen hindeuten. Offenbar hatte er erst vor
kurzer Zeit eine Dame bei sich. Man hat auf der Kopfstütze des
Beifahrersitzes Haare gefunden, die nun zum DNA-Vergleich geschickt
werden. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werde ich mich melden.«
»Also«, sagte
Dauber und trommelte auf der Tischplatte herum. »Wie gehen wir
weiter vor?«
»Ich werde noch einmal
die Bilddateien sichten und dann sehen, wer in Kontakt mit Vorberg stand.
Wenn die Kollegen von der IT-Abteilung das Adressbuch von Vorbergs
Rechnern ausgewertet haben, können wir eine Liste erstellen und die
Personen, mit denen der Tote in näherem Kontakt stand, systematisch
durchleuchten«, schlug Maja vor.
»Sobald das Gutachten
der Ballistiker vorliegt, können wir damit beginnen, die Aufnahmen
der Sphäron-Kamera auszuwerten«, murmelte Grundmann. »Ich
werd denen mal Dampf machen.«
Ja, dachte Maja. Das kann er.
Heiße Luft verbreiten.
Kriminaloberrat Dauber löste
die Sitzung auf und wünschte allen viel Erfolg bei der Arbeit. Er
machte klar, dass er im Meeting am späten
Nachmittag mit ersten Ergebnissen rechnete.
Hefe Hof Hameln, 12.05 Uhr
Den vollständigen Namen
und die Adresse des Steuerberaters Sticher hatte er sich aus Majas
Telefonbuch notiert. Ulbricht hatte den Namen gestern kurz aufgeschnappt.
Fritz-Eckhard Sticher war auf einem der Fotos von Christian Vorberg
aufgetaucht - gemeinsam mit dieser gut aussehenden Frau, die Ulbricht auch
auf einigen anderen Bilddateien gesehen hatte.
Nachdem er sich an der
Westfalen-Tankstelle an der Pyrmonter Straße einen Stadtplan besorgt
hatte, musste er sich zunächst um den Vectra kümmern, der immer
noch ein seltsames Geräusch von sich gab. Doch der Ölstand
stimmte, und auch der Mechaniker der kleinen Werkstatt konnte auf den
ersten Blick keinen Fehler am Motor des alten Opel feststellen. Und so
hatte sich Ulbricht einigermaßen beruhigt auf den Weg zum Hefe Hof
gemacht, der auf der gegenüberliegenden Seite der Weser am
Hastenbecker Weg lag. Der Tankwart, den er nach dem Hefe Hof gefragt
hatte, wusste zu berichten, dass es sich dabei um eine alte Zuckerfabrik
handelte, die man Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Boden gestampft hatte,
um die Wirtschaft anzukurbeln. Heute waren in dem ehemaligen Industriegebäude
Geschäfte, Gastronomie und eben die Büroräume des
Steuerberaters Sticher untergebracht.
Von der Münsterbrücke
war er beeindruckt gewesen, und als er am Hefe Hof auf Anhieb einen
Parkplatz gefunden hatte, konnte der Tag für ihn kaum besser werden. Nachdem er sich ein paarmal
durchgefragt hatte, stand er vor dem Backsteingebäude, in dem
Stichers Büroräume untergebracht waren. Dem Namen nach handelte
es sich um ein historisches Industriegebäude, das man für den
modernen Zweck umgerüstet hatte, ohne den Charme längst
vergangener Zeiten zu zerstören.
Industriedenkmal nennt man so
etwas in Wuppertal, durchzuckte es Ulbricht, als er den Eingangsbereich
der Steuerkanzlei betrat. Hohe Decken, helle Wände mit riesigen Gemälden
und massive Säulen bestimmten das Bild. Es gab eine Art
Empfangstresen mit roten Elementen. Hinter einem modernen Flachbildmonitor
saß eine Mittzwanzigerin, die ihn freundlich anlächelte und ihn
nach seinen Wünschen fragte.
Ulbricht hielt seinen
Dienstausweis in der Hand. »Kriminalhauptkommissar Ulbricht, ich
muss Herrn Sticher in einer dringenden Angelegenheit sprechen.«
»Haben Sie einen
Termin?«
»Ich sagte doch, es ist
dringend.«
»Vielleicht kann Ihnen
einer seiner Mitarbeiter helfen …« Die junge Frau strich sich
nervös eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie errötete
unter dem Make-up.
»Leider nein.«
Ulbricht presste bedauernd die Lippen zu einem Strich zusammen und schüttelte
den Kopf. »Es wird auch nicht lange dauern.«
»Ich werde sehen, was
ich für Sie tun kann«, versprach die junge Dame und griff zum Hörer.
Sie sprach leise, so dass Ulbricht nichts von dem, was sie sagte,
mitbekam. Nach einer halben Minute legte sie auf und lächelte ihn
freundlich an.
»Herr Sticher ist
gerade auf dem Weg zu einem Termin, aber wenn er Ihnen schnell helfen
kann, nimmt er sich ein paar Minuten Zeit.«
Sie erhob sich. »Ich bringe Sie zu ihm.«
»Vielen Dank.«
Ulbricht folgte ihr
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