Tödlicher Schnappschuss
haben?«
»Nicht, wenn Sie ein
Alibi haben. Und das scheint der Fall zu sein.«
Sie nickte. Als sie ihm ihre
Hannoveraner Anschrift auf einen Zettel kritzelte, bemerkte Ulbricht, dass
ihre Hand zitterte. Unwillkürlich fragte er sich, ob sie ein
schlechtes Gewissen hatte. Dass sie log, konnte er ihr nicht beweisen -
noch nicht, aber er spürte es. Offenbar hatte sie Vorberg nähergestanden,
als sie ihm gegenüber zugeben wollte.
Als Ulbricht ihr eine Frage
stellen wollte, klingelte das Telefon. Alexandra Voosen starrte auf das
mobile Gerät, sprang auf und entschuldigte sich, während sie mit
dem Telefon in ein anderes Zimmer verschwand. Die Tür der Wohnküche
hatte sie hinter sich zugezogen. Er hörte sie leise sprechen,
verstand aber nicht die Worte, die sie mit dem Anrufer wechselte. Ulbricht
erhob sich und sah sich in der gemütlich eingerichteten Wohnküche
um.
An einer Pinnwand blieb er
stehen. Hier hing ein Müllkalender, der Kassenbon vom letzten Einkauf
in Bodenwerder und eine Telefonnummer. Unter der Telefonnummer eine eilig
hingekritzelte Notiz:
Lutterburg, am 21. um 22.00
Uhr.
Unter dem Wort Lutterburg
hatte sie einen Strich gezogen. Ulbricht hatte den Namen noch nie gehört
und fragte sich, ob es sich dabei um den Namen eines ihrer Kunden
handelte. Vielleicht aber auch um die Bezeichnung eines Ortes. In dieser
Gegend gab es unzählige kleinere Dörfer, die er namentlich nicht
kannte. Ulbricht prägte sich die auf der Erinnerung notierte
Handynummer ein. Als er hörte, dass nebenan das Telefonat beendet
wurde, machte Ulbricht, dass er wieder zum Tisch kam.
Er setzte sich just in dem Moment, als die Tür zur Wohnküche geöffnet
wurde.
»Entschuldigung«,
murmelte sie freundlich, als sie sich zu ihm setzte. »Aber ich habe
sozusagen immer Rufbereitschaft.«
»Arbeiten Sie für
eine Agentur oder auf eigene Rechnung?«
»Niemals würde ich
mich durch eine Agentur vertreten lassen.« Sie schüttelte den
Kopf. »Nein, ich bin meine eigene Chefin, wenn Sie so wollen, bin
niemandem Rechenschaft schuldig und der gesamte Verdienst für meine
Leistungen bleibt bei mir.«
»Demnach haben Sie
einen festen Kundenstamm?«
»Viele der Herren sind
Stammkunden, das ist richtig.«
»Wie führen Sie
Ihre Termine?«
Sie lächelte und hielt
ein flaches Telefon mit Touch-screen in die Höhe. Es war eins dieser
modernen Smartphones. Eines von diesen Dingern, die so ziemlich alles können.
Dass man mit den kleinen Taschencomputern auch telefonieren konnte, war
fast nebensächlich geworden.
»Hier«, sagte
sie. »Ich speichere alles auf meinem iPhone. Termine, Kontaktdaten,
Mails und Notizen. Das Ding ist mein zweites Gedächtnis.« Das
Telefon verschwand in der Tasche ihres Morgenmantels.
Ulbricht überlegte, das
Gerät einzukassieren. Sicherlich würden die darauf enthaltenen
Dateien Bände über seine Besitzerin berichten können. Doch
er hatte kein entsprechendes Formular eines Richters dabei, noch nicht
einmal eine Quittung hätte er ihr für den Empfang des
Smartphones ausstellen können. Das würde wohl oder übel
Maja übernehmen müssen. Immerhin hatte er ihr dann schon den
Ball zugespielt, überlegte er und erinnerte
sich siedend heiß daran, am Nachmittag eine Behandlung in Bad
Pyrmont zu haben.
Sein Blick huschte hinüber
zur Pinnwand. Wenn sie sich alles auf dem Handy merkte, warum hatte sie
dann einen einzelnen Termin handschriftlich notiert und ihn ans Brett
geheftet?
»Sicherlich können
Sie belegen, dass Sie in den letzten vierundzwanzig Stunden in München
waren?«
»Natürlich.
Sicherlich genügt ein Anruf, dann wird man Ihnen am Flughafen
Hannover die entsprechende Auskunft erteilen und Ihnen bestätigen,
dass ich um 1.55 Uhr mit der Maschine aus München gelandet bin.«
»Es wäre
einfacher, wenn Sie mir ein Ticket zeigen könnten, eine Bordkarte
oder so etwas.«
»Das tut mir leid.«
Sie lächelte immer noch. »Das Ticket hat mein Klient, der es für
seine Abrechnung benötigt.«
Sie wollte spielen. Das kann
sie haben, dachte Ulbricht genervt. »Ich benötige eine
komplette Liste Ihrer Kunden.«
Ihr Lächeln war wie
weggewischt. »Das ist völlig ausgeschlossen. Einer meiner größten
Vorteile für meine Kunden ist die strikte Diskretion.«
»Leider ermittele ich
in einem Tötungsdelikt«, erwiderte Ulbricht. »Da kann ich
keine Rücksicht auf
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