Tödlicher Schnappschuss
Ihre Diskretion nehmen.«
Er leerte sein Glas und stand
auf.
»Ich werde
wiederkommen. Morgen. Bitte halten Sie dann alle nötigen Unterlagen
bereit.« Ohne eine Antwort abzuwarten, marschierte er auf den
Ausgang zu. Alexandra Voosen war aufgesprungen und folgte ihm sichtlich
nervös.
»Sie klingen wie mein
Steuerberater«, gab sie sich empört.
An der Tür angekommen,
wandte sich Ulbricht noch einmal zu ihr um. Er schenkte ihr ein Lächeln.
»Das kommt gar nicht von ungefähr«, erwiderte er, dann
stand er an der frischen Luft.
Holzminden, 14.10 Uhr
Weit war es nicht nach
Holzminden, und diesmal fand er das Haus, in dem Vorberg gelebt hatte, auf
Anhieb. Wieder klingelte er bei Frau Hutmacher. Es dauerte nicht lange,
und er wurde ins Haus gelassen. Im Treppenhaus herrschte angenehme Kühle,
und am liebsten hätte er sich einen Moment lang auf die Stufen
gesetzt, um sich zu erfrischen. Diese Hitze war einfach nichts für
ihn.
»Sie schon wieder, Herr
Kommissar. Na gut, kommen Sie rein, ich komme gerade vom Friseur. Meine
Freundin Karla hat Geburtstag, und viel Zeit habe ich nicht.« Martha
Hutmacher ließ ihn ein und bot ihm im Wohnzimmer Platz an. »Ich
kann uns auch einen Kaffee machen«, schlug sie leutselig vor. So
eilig schien sie also doch nicht zu sein.
»Danke, gern.«
Ulbricht verdrängte die Mahnungen seines Arztes. Er war schließlich
im Urlaub, und da konnte er sich schon einmal etwas gönnen. Jetzt
bemerkte er, dass Martha Hutmacher Lippenstift aufgelegt hatte. Eine feine
Parfümwolke umgab die alte Dame, und sie hatte eine lange Perlenkette
umgelegt. Diesmal trug sie keine geblümte Schürze, sondern einen
cremefarbenen Rock und eine weiße Bluse -keine Frage, Martha
Hutmacher war auf dem Weg zu
einem Geburtstag, denn sie
hatte sich fein gemacht. Nun ließ sie ihn kurz allein und verschwand
in der Küche.
»Sie wollen bestimmt
noch was über den Herrn Vorberg wissen«, rief sie aus dem
Nebenraum.
Ulbricht hörte, wie sie
eine Kaffeemaschine in Betrieb nahm. Während das Wasser schnaufend
durch die Innereien der Maschine tröpfelte, kehrte sie zu ihm zurück.
Auf dem Sofa lag eine Wolldecke, die sie eilig zusammenlegte und sich zu
ihm gesellte.
Ulbricht nickte und zog das
Foto von Alexandra Voosen und Christian Vorberg aus der Tasche. Wieder
legte er es auf den Tisch und strich die Ecken glatt. Er tippte auf
Alexandra Voosen.
»Wer ist diese Dame?«,
fragte er. »Haben Sie sie hier gesehen?«
Martha Hutmacher setzte eine
Brille auf, nahm das Bild an sich und blickte nachdenklich auf die
Fotografie. Mit gerunzelter Stirn ließ sie das Foto sinken und
blickte ihn an.
»Sie war hier«,
sagte sie. »Mehrmals. Sie kam und ging zu den unmöglichsten
Zeiten. Mitten in der Nacht kam sie, um in den frühen Morgenstunden
wieder zu verschwinden. Eine seltsame Person, wenn Sie mich fragen. Oft
habe ich überlegt, ob sie eine Professionelle ist, wenn Sie
verstehen?«
»Natürlich.«
Ulbricht nickte und wunderte sich einmal mehr über die
Auffassungsgabe der alten Dame. Martha Hutmacher ahnte nicht, wie nahe sie
sich an der Wahrheit befand.
»Ich bin zwar alt, aber
nicht dumm«, stellte sie klar und schien seine Gedanken erraten zu
haben. »Und taub bin ich auch nicht. Das Treppenhaus ist aus Holz,
und nachts, wenn die Stadt schläft, kann man das Haus nicht unbemerkt betreten. Ich
bin oft aus dem Bett aufgestanden und habe die Frau hinter der Gardine
beobachtet, wenn sie gegangen ist.«
»Das Haus ist hellhörig?«
Martha Hutmacher nickte.
»Ja«, sagte sie und kicherte. »Und ich weiß, was
Sie als nächstes fragen wollen. Ich habe die beiden oft gehört.
Sie haben es getrieben wie die Karnickel.«
Nun wunderte sich Ulbricht
doch ein wenig über die Art der alten Dame, doch er sagte nichts
dazu, schmunzelte nur. Demnach hatten Christian Vorberg und Alexandra
Voosen ein Verhältnis; vermutlich aber eines der geschäftlichen
Art. Er beschloss, sie beim nächsten Treffen darauf anzusprechen. Im
Grunde genommen hatte er es gleich geahnt, dass sich Vorberg und das
Callgirl näher gestanden hatten, als sie es zugegeben hatte.
Wahrscheinlich stand er auf ihrer Klientenliste. Vorberg schien in der Tat
nicht schlecht verdient zu haben, denn der Besuch einer Escort-Dame war
sicherlich ein teures Vergnügen.
Ein asthmatisches Schnaufen
aus der
Weitere Kostenlose Bücher