Tödlicher Schnappschuss
das ist
sie«, schmunzelte Ulbricht und fragte sich, ob Maja sich selbst auch
als Rubens-Modell bezeichnen würde. Er beschloss, sie beizeiten
danach zu fragen.
Torsten Maar war ernst
geworden und führte seinen Besucher weiter.
»Aber Sie sehen nicht
aus, als würden Sie sich gern von mir fotografieren lassen. Was kann
ich für Sie tun?«
»Es geht um den Mord an
Christian Vorberg.« Ulbricht sah, wie sich die Miene des smarten
Knipsers verdunkelte.
»Eine schreckliche
Sache«, bedauerte Maar. »Aber was habe ich damit zu tun?«
»Sie haben ihm ab und
zu Ihr Studio vermietet.«
»Er hat immer pünktlich
bezahlt.« Ein nervöses Kichern folgte. »Also habe ich
kein Motiv für den Mord an Christian.«
Maar schien Ulbricht zu
vertrauen - anscheinend sah er mit seinem zerknitterten Trenchcoat und den
ungekämmten, etwas zu langen Haaren tatsächlich aus wie ein
übernächtigter Kripomann auf der Suche nach einem Mörder.
»Mich würde
interessieren, wie Ihr Verhältnis zueinander war.«
»Oh.« Maar errötete.
»Lassen Sie das nicht den Jan hören. Wir sind seit zwei Jahren
zusammen und wollen im nächsten Jahr heiraten. So was geht ja jetzt
dankenswerterweise. Er lebt augenblicklich auf der grünen Insel, in
Irland, um dort mal abzuschalten. So was brauchen wir Kreativen manchmal.«
Ein verständnisvolles Lächeln. »Schwamm drüber, er
macht gerade Urlaub vom Urlaub und ist hier bei mir. In drei Wochen mache
ich den Laden hier dicht, und dann fahre ich mit Jan auf die Insel. Ich
muss auch mal raus hier, wissen Sie.« Dann schüttelte er den
Kopf. »Ich langweile Sie. Aber, um beim Thema zu bleiben: Ich war
mit Christian befreundet, wir kennen uns seit Ewigkeiten. Ein netter Kerl
und sogar recht gut aussehend. Allerdings nicht schwul, ganz im Gegenteil.«
Nun machte er ein Zeichen. »Kommen Sie, gehen wir in mein Office, da
lässt es sich entspannter plaudern.«
Ulbricht hatte keine Einwände
und folgte dem Fotografen in ein großes, helles Büro mit
modernem Mobiliar, das sicherlich von begnadeten Designern stammte und
wahrscheinlich ein Heidengeld gekostet hatte. Wären nicht die dunklen
Balken unter der Decke, hätte Ulbricht glatt vergessen, dass er sich
in einem von außen historisch anmutenden Fachwerkhaus befand, das
sicherlich unter Denkmalschutz stand. Ulbricht sank in ein weiches Sitzmöbel,
während sich Maar hinter einem gläsernen Schreibtisch verkroch
und den Gast mit betroffener Miene musterte. Ulbricht entdeckte ein
kleines gerahmtes Bild auf Maars Schreibtisch. Es zeigte ihn im Arm eines
anderen Mannes. Auf dem Foto blickten sie sich verliebt in die Augen.
Ulbricht hatte keine Vorurteile, und Torsten Maar schien recht offensiv
mit seiner Homosexualität umzugehen. Maars Partner war hochgewachsen
und muskulös, er hatte dichtes braunes Haar, das er kurz geschnitten
trug und braune Augen.
»Das ist er, mein Jan«,
sagte Maar lächelnd, als er Ulbrichts Blicke bemerkt hatte.
»Nett.« Mehr fiel
Ulbricht nicht zu ihm ein. Wären Torsten Maar oder Jan ihm auf der
Straße begegnet, hätte er wohl weder den einen noch den anderen
als homosexuell erkannt. Doch er war nicht hier, um über Homo- und
Heterosexualität zu philosophieren.
»Aber zurück zu
Christian Vorberg: Hatte er Frauengeschichten?«
»Und wie, kein Wunder,
bei seinem Aussehen. Abgesehen davon war er ein talentierter Fotograf, ich
habe mich immer gefragt, warum er für diese Zeitungen arbeitet,
anstatt seine Kunst auszuleben und damit Geld zu verdienen.« Maar
klang pikiert.
»Das, was Sie machen,
ist also Kunst?«
Schulterzucken. »Das mögen
einige Zeitgenossen so bezeichnen. Ich habe mich auf die erotische
Fotografie eingeschossen, und der Umstand, dass ich die Damen einiger
Escort-Dienste im Umland in Szene setze, ist eine lukrative Geldquelle.«
Er lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
Beim Wort Escort-Dienst wurde
Ulbricht hellhörig. »Wie muss ich mir das vorstellen?«,
hakte er nach.
»Nun, jeder
Begleitdienst hat längst eine Präsenz im Internet, das ist heute
so. Hier können sich die Herren eine Dame nach ihrem Geschmack
aussuchen, können vor der Buchung besondere Vorlieben der Damen
nachlesen, und sie können sich die Dame ansehen, die in Frage kommt.«
»Für diese
Internetseiten machen Sie die Fotos?«
Er nickte und legte die
Fingerspitzen
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