Tödlicher Schnappschuss
Fotostudios um. »Was muss ich eigentlich tun, wenn ich
eines der von Ihnen ausgestellten Werke käuflich erwerben möchte?«
Maars Miene drückte
Bedauern aus. »Das tut mir leid. Aber ich fürchte, dass Sie
sich dabei an eine der Damen wenden müssen, die mir Modell gestanden
haben.«
»Das habe ich geahnt«,
murmelte Ulbricht, dann stand er in der Nachmittagssonne.
ACHTZEHN
Immer wieder blickte er auf
die Armbanduhr. Vor knapp fünf Stunden hatte er diesen seltsamen
Ermittler angerufen. Norbert Ulbricht war sein Mann. Nachdem er in den
letzten Tagen so viele Enttäuschungen hatte erleben müssen, galt
es nun, das weitere Vorgehen genau zu planen. Ihm durfte kein Fehler mehr
unterlaufen. Er hatte sich lange genug mit schlecht bezahlten Dilettanten
herumgeärgert, die ihm eine Menge Ärger und schlaflose Nächte
bereitet hatten. Nun hatte er seine Mission zur Chefsache gemacht und war
sicher, dass das der einzig wahre Weg war. Deshalb hatte er die Flucht
nach vorn gewagt und zu diesem seltsamen Ermittler Kontakt aufgenommen.
Wahrscheinlich, so spann er seinen Faden weiter, ging er den Kollegen, die
im Mordfall Christian Vorberg ermittelten, auf die Nerven.
Somit war Ulbricht sein Mann.
Er würde ihn auf seine Seite holen und ihm seine Geschichte erzählen.
Wenn die Rechnung aufging, dann war er ein gemachter Mann. Doch noch
dauerte es ein paar Stunden. Mühsam erhob er sich von seiner
Ledercouch und durchwanderte das große Wohnzimmer. Trat an das
Fenster und blickte hinab in den parkähnlich angelegten Garten, der
bis ans Weserufer reichte. Der Fluss glitzerte im Licht der
Nachmittagssonne; ein strahlend weißer Ausflugsdampfer zog mit
Wesertouristen gemächlich seine Bahn auf dem Wasser. Rechts und links
war das Grundstück durch drei Meter große, blickdichte Hecken
vor allzu neugierigen Blicken abgeschirmt. Niemand musste etwas von dem
mitbekommen, was sich in seiner Villa und in seinem Garten abspielte. Er
hasste seit diesem einen Vorfall die Öffentlichkeit, ließ sich,
wenn möglich, durch einen Mitarbeiter aus der Presseabteilung
vertreten, wenn es darum ging, sein Unternehmen in der Öffentlichkeit
zu präsentieren. So hatte er den Kopf frei, sich um das Tagesgeschäft
zu kümmern.
Und heute war die Zeit
gekommen, um die Weichen endgültig in Richtung Zukunft zu stellen.
Zunächst würde er Ulbricht von seinem tragischen Schicksal
begeistern, dann würde er das Geschäft seines Lebens unter Dach
und Fach bringen.
Mit einem breiten Grinsen
riss er sich vom Blick in den Garten los und trat an das Kabinett, um sich
einen Whisky zu gönnen. Er entschied sich nach kurzem Überlegen
für einen nordirischen Single Malt und griff mit geübtem Blick
nach der Flasche Bushmills, deren Inhalt 16 Jahre alt war. Goldgelb
glitzerte der Whisky im Glas, er hielt es gegen das einfallende Licht und
genoss den würzig samtenen Duft, bevor er daran nippte. Der Geruch
von Zitrusfrüchten, Eichenholz und Vanille stieg in seine Nase. Er
war ein Genießer, was sündhaft teuren Whisky anging, aber von
den Sorten, die man im Supermarkt erstehen konnte, bekam er Sodbrennen.
Für einen Augenblick
lang schloss er die Augen und gab sich dem tiefen Geschmack einer Mischung
aus Marzipan und einer Brise Pfeffer hin, bevor er den Abgang aus Vanille
und Kakao schmeckte. Nachdem er das Glas geleert hatte, ging es ihm ein
wenig besser. Seine Nerven hatten sich beruhigt, und er war
zuversichtlich, dass er den heutigen Abend mit zwei Erfolgen abschließen
würde. Jetzt konnte er es kaum erwarten, Norbert Ulbricht endlich
persönlich gegenüberzustehen. Sicherlich würde der sich
brennend für seine Lebensgeschichte interessieren…
Holzminden, Sollingstraße,
17.05 Uhr
Mit dem Porsche war es ein
Katzensprung bis nach Holzminden, und um ein Haar wäre Ulbricht kurz
hinter dem Ortseingangsschild in eine Radarfalle gerast. Er musste nicht
lange suchen, bis er die Tankstelle fand, zu der sein Vectra geschleppt
worden war. Seitlich gab es eine Reparaturhalle. Durch das offene Rolltor
sah er seinen alten Opel auf der Hebebühne stehen. Ulbricht parkte
den Sportwagen am Rand des Tankstellengeländes und marschierte
zielstrebig in die kleine Werkstatt. Als er seinen Wagen völlig
verwaist und mit offener Motorhaube antraf, ging er hinüber zum gläsernen
Kassenhäuschen der Tankstelle. Gleich
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