Tödlicher Schnappschuss
aussehen«, eröffnete der Notarzt ihnen, als sie im Keller des
Mehrfamilienhauses Am Kiekenstein eintrafen. Es roch muffig hier unten,
und Maja rümpfte die Nase. Nach der Nachricht von Grundmann hatte sie
sofort ein Tatort-Team losgeschickt, das sich um die Spurensicherung gekümmert
hatte. Auch ein Ballistiker hatte sich sofort auf den Weg gemacht.
Der diensthabende Notarzt,
Dr. Bergert aus Holzminden, hatte die erste Leichenschau vorgenommen und
im Totenschein bei »Todesursache ungeklärt« sein Kreuz
gemacht.
Nun wartete man auf die
Kollegen von der Gerichtsmedizin und den Staatsanwalt. Bergert, ein
untersetzter Mittvierziger mit welligem schwarzem Haar und einer Brille,
winkte mit einem müden Lächeln ab. »Keine Schmauchspuren
an den Händen, und auch der Einschusswinkel hat ganz klar ergeben,
dass sich Vorberg nicht selbst getötet hat. Jemand hat ihn erschossen
und ihm nach Eintreten des Todes die Pistole in die Hand gedrückt.«
»Das wird eine heiße
Nummer«, seufzte Maja und tauschte einen Blick mit Grundmann, der
tatenlos herumstand und ein langes Gesicht machte. Er machte noch immer
keinen Hehl daraus, dass er beleidigt war, weil Dauber ihn eigentlich an
die Seite von Roland Alders gestellt hatte.
»Der Mord an Christian
Vorberg, das missglückte Attentat auf Alexandra Voosen und jetzt das
hier.« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist eine Frage der
Zeit, bis sich das LKA in den Fall einmischt.«
»Die drei müssen
sich gekannt haben«, brummte Grundmann. »Geh mal davon aus,
dass zwischen den Morden ein Zusammenhang besteht.«
»Toll«, erwiderte
Maja. »Und dann sag mir bitte, wo besteht der Zusammenhang?«
Grundmann schob die
Unterlippe vor und erinnerte an einen trotzigen kleinen Jungen, der schon
viel zu viel verraten hatte.
»Dazu sollten wir
abwarten, was die Befragung seines gesellschaftlichen Umfeldes ergibt«,
antwortete Grundmann.
»Wir haben nicht alle
Ewigkeit Zeit«, entgegnete Maja genervt. »Wir treten auf der
Stelle, und das geht mir ziemlich auf die…« Sie brach ab, als
Grundmann blöde grinste.
Bodenwerder, 16.35 Uhr
Als er den Stadtkern von
Bodenwerder erreichte, fühlte sich Ulbricht in die Vergangenheit
versetzt. Malerische, teils windschiefe Fachwerkhäuser aus dem 17.
und 18. Jahrhundert bestimmten das Straßenbild der über 700
Jahre alten Stadt. So konnte er sich die Kur gefallen lassen, dachte er
gut gelaunt, als er den Porsche im Schatten einer alten Kastanie unweit
des Münchhausen-Museums parkte. Den Rest des Weges legte er zu Fuß
zurück. Ein Spaziergang konnte nicht schaden. Der Baron zu Münchhausen
war allgegenwärtig, so schien es Ulbricht; und es wunderte ihn nicht, dass man das Geburtshaus des
Lügenbarons zum Rathaus der Stadt umfunktioniert hatte. Er musste
schmunzeln, als er sich fragte, ob die Menschen, die heute hier
arbeiteten, auch so prächtige Lügner wären wie der gute
alte Baron. Ulbricht erfreute sich an dem mittelalterlichen Stadtbild und
atmete tief durch. Er wagte kaum daran zu denken, dass er sich hier nur für
eine kurze Zeit aufhielt und schon bald den Heimweg ins Bergische Land
antreten würde.
Jetzt, wo Maja eine gute
Freundin, eine Verbündete für ihn geworden war. Sie hatte das
Herz am rechten Fleck und verstand es, ihn in die Schranken zu weisen,
wenn er mal wieder über das Ziel hinausschoss. Vielleicht war es
genau das, was ihm all die Jahre als verbitterter Kommissar in Wuppertal
gefehlt hatte.
Am Münchhausen-Brunnen
turnten ein paar Kinder herum und beäugten ihn neugierig.
An der Homburgstraße
reihten sich Fachwerkhäuser mit farbenfrohen Fassaden wie Perlen auf
einer Schnur. Sicherheitshalber warf Ulbricht einen Blick auf den Zettel,
den er von Martha Hutmacher mitbekommen hatte. Die Hausnummer stimmte, und
so schritt er durch ein grünes Spalier auf den Eingang zu. Ein
kleines Schild rechts neben der Haustür wies Ankömmlinge darauf
hin, dass sie im Begriff waren, eine Kreativinsel zu betreten. So nämlich
hatte der Inhaber des Fotostudios seinen Betrieb getauft. Er blickte sich
um und wurde misstrauisch von einer alten Dame beobachtet, die ihren Hund
an der Leine Gassi führte. Ulbricht lächelte freundlich, und die
Alte zog langsam weiter und schüttelte den Kopf.
Vor dem Haus stand ein
dunkler Audi mit Holz-mindener Kennzeichen und den Initialen seines
Besitzers. Der Inhaber des
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