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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hundertachtzig Tonnen … das reicht für sechsunddreißigtausend Atombomben!« Sybin atmete tief durch. »Ich habe die Preise erkundet. Für ein Kilo Plutonium 239 zahlen die Interessierten zweiundsechzigeinhalb Millionen Dollar. Das heißt: Für fünf Kilo zum Herstellen einer Bombe sind es dreihundertzwölfeinhalb Millionen Dollar! Für fünf Kilo! Und wir haben hundertachtzig Tonnen in Rußland herumliegen! Das ist das größte Geschäft, seit diese Welt besteht.«
    Natalja war beeindruckt von diesen Zahlen, aber es waren für sie eben nur Zahlen, mit denen sie nichts anfangen konnte.
    »Und was habe ich damit zu tun?« fragte sie.
    »Du wirst die Türen öffnen, hinter denen die Millionen liegen.«
    »Ich? Was habe ich mit Plutonium zu tun?«
    »Das Plutonium bin ich … du wirst die Kunden betreuen. Eine so wunderschöne Frau wie du kennt keine verschlossenen Türen. Du wirst den Markt öffnen, so wie du deine Schenkel öffnest. Deine Arbeit bekommt jetzt einen höheren Sinn.«
    Sybins Lächeln war durchaus nicht sarkastisch oder ironisch … es war ein Lächeln, als habe er ihr eine Liebeserklärung gemacht. Aber Natalja fror plötzlich, als ob eine eisige Hand über ihren Rücken striche.
    »Ich soll die Hure der Mafia werden …«, stieß sie hervor.
    »Du sollst unsere verführerischste Vermittlerin sein. Du arbeitest als Repräsentantin eines Konzerns … ist das gegen deine Ehre? Es gibt keine lächerliche Tausendrubelnacht mehr … dazu bist du zu schade. Die Männer, die du beglücken wirst, sind internationale Größen. Und bei jeder Nummer mußt du denken: eine Million … und wieder eine Million … und noch eine Million … Mach nicht schlapp, Mustafa oder wie du heißt …«
    »Igor Germanowitsch, du bist ein Schwein. Eine sich im Dreck wälzende Sau! Und du denkst wirklich, ich spiele da mit?«
    Sybin nickte mehrmals. »Ja. Du wirst eine reiche Frau sein. Jetzt denke nicht, daß die Hunderte von Millionen Dollar mir allein gehören. Sie gehören dem Konzern. Die Idee stammt zwar von mir, aber unsere Firma ist auf Freundschaft und Brüderlichkeit aufgebaut. Nur ein Rubel in die eigene Tasche, und ein Ehrengericht deiner Freunde beschließt, daß du nicht mehr würdig bist, zu leben.«
    »Du bekommst nichts von den Millionen?«
    »Zwanzig Prozent von jedem bezahlten Verkauf.«
    »Das heißt …« Natalja hielt kurz den Atem an, »für fünf Kilo Plutonium, das für eine Bombe reicht, wie du sagst, bekommst du für dich allein einunddreißigeinhalb Millionen Dollar?«
    »Du kannst gut rechnen, Natalja. Fünf Kilo … es liegen Tonnen von Plutonium und Uran herum. Man muß nur an sie herankommen.«
    »Und das ist schwer!«
    »Aber nicht aussichtslos. Unsere gesamte Organisation arbeitet daran: mit Bestechung, Erpressung, mit Drohungen und körperlicher ›Überzeugungsarbeit‹ und mit moralischem Druck im Bett. Das wird deine Abteilung sein, meine Schöne. Auch der charakterfesteste Atomwissenschaftler wird letztlich von seinen Hormonen geleitet. Wem die Lenden glühen, dem verbrennt der Verstand. Die Schaltzentrale jeden Mannes ist sein Schwanz. – und wer diesen beherrscht, beherrscht den ganzen Menschen.«
    »Ich liebe solche ordinären Sprüche nicht, Sybin!« Natalja griff nach ihrem Sektglas und trank es in einem Zug leer. Sie entzog ihre Hand Sybins Finger, die sie immer noch umklammert hielten.
    »Zehn Prozent«, sagte sie mit plötzlich harter Stimme.
    »Was heißt zehn Prozent?« fragte Sybin überrascht zurück.
    »Wenn ich als Oberhure der Mafia mitspiele … zehn Prozent von jedem Geschäft.«
    »Natalja, du bist verrückt!« Sybin verzog seine Lippen, sein schönes, männliches Gesicht wurde schief. »Wir dachten an ein gutes Gehalt. Ein Direktorengehalt, wie es kein Industriemanager bekommt. Ein Gehalt, das deutsche oder amerikanische Vorstände erbleichen läßt.«
    »Eine große Aufgabe erfordert eine große Investition. Ich ficke nicht für ein Monatsgehalt.«
    »Jetzt bist du ordinär!«
    »In dieser Sprache werden wir uns vielleicht besser verstehen.«
    Sybin schwieg und sah sie lange wortlos an. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, über ihren Hals, hinunter zu dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides und über ihre nur halb verdeckten Brüste. Ein Blick, gefährlich und rätselhaft.
    Was denkt er jetzt, dachte Natalja und atmete flacher. Ist das der Blick eines Killers, der sein Opfer abschätzt, um sich zu entscheiden: Ziele ich auf die Stirn, zwischen die Augen oder aufs Herz?

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