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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Natalja, sind das deine letzten Minuten? Du bist zu weit gegangen, du hast die Grundregel der Mafia – Stell niemals Forderungen! – verletzt. Erpressung ist das letzte, was die Mafia ertragen kann … Erpressung kommt sofort nach dem Verrat.
    »Was ist?« fragte sie und bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. »Denkst du nach?«
    »Ich denke an eine bestimmte Möglichkeit.« Sybin legte die Arme auf den Tisch und stützte sein Kinn auf die gefalteten Hände. Sein Blick aber blieb an Natalja haften. »Es wäre möglich zu sagen: Gut! Laß sie laufen. Vergiß alles. Zieh einen Strich. Mach die Rechnung auf: Sie weiß zuviel, sie ist eine Gefahr geworden, und Gefahren muß man beseitigen. Begleite sie aus dem Kasan hinaus, gehe mit ihr zu deinem Wagen, gib Wladi ein Zeichen, und er übernimmt es, sie mit einem Stahldraht zu erwürgen. Lautlos und schnell. Die Polizei, die irgend jemand am Morgen rufen wird, läßt einen Wagen kommen und schafft sie weg. Wieder eine, wird es heißen. In dieser Nacht der vierte Mord. Und, wie es aufgrund ihrer Kleidung scheint, eine Hure. Es lohnt sich kaum, ein Protokoll anzulegen. Ein paar Tote pro Nacht gehören zum Moskauer Alltag. Ja, so könnte man denken und Probleme lösen.«
    »Das wirst du nie tun, Igor Germanowitsch«, sagte Natalja. Ihre Stimme klang heiser vor Angst. »Du kannst mich nicht töten.«
    »Nein, ich kann dich nicht töten.« Er hob den Kopf von seinen Händen. »Auch mich hast du zu einem Idioten gemacht … Ich liebe dich.«
    »Wir kennen uns kaum! Willst du mit mir schlafen? Willst du mit einem Eiszapfen schlafen?«
    »Ich biete dir drei Prozent.«
    »Fünf!«
    »Vier.«
    »Fünf … oder vergiß es.« Einen Moment preßte sie die Lippen aufeinander und sagte dann mit fester Stimme: »Oder bring mich um, wenn du es kannst. Hast du überhaupt eine Waffe bei dir?«
    »Immer. Eine Makarow. Willst du sie sehen?«
    »Wenn du willst! Ich habe Angst davor, zusehen zu müssen, wie du abdrückst. Es war meine Dummheit, hierherzukommen. Dummheit hat Folgen … also bitte, hol die Pistole heraus.«
    »Einverstanden.« Sybin lehnte sich wieder zurück und – lächelte. »Fünf Prozent! Wie könnte ich dich jemals töten? Aber ich verfluche den ersten Abend im Tropical, an dem ich dich gesehen habe. Igor Germanowitsch, habe ich damals zu mir gesagt, das ist die Frau deines Lebens. Leugne nicht, es hat keinen Zweck.«
    »Ich werde nie die Frau deines Lebens sein.«
    »Jeden Abend habe ich dann an der Bar gesessen und auf die Bühne gestarrt, auf der du dich auszogst und den Körper einer Göttin zeigtest, allen diesen geilen Böcken, die dir mit den Rubelscheinen oder mit Dollar zuwinkten. Diese ›neue Gesellschaft‹, diese Sumpfblasen, dieser stinkende Abfall, der plötzlich golden glänzt, diese Jüngelchen und die alten Faltensäcke, die als skrupellose Geschäftemacher ihr Volk betrügen …«
    »Moment!« Natalja hob die Hand. »Bist du etwas anderes, du Mafiafürst?«
    »Ich vergleiche mich nicht mit diesem Abschaum!« Sybin sah sich um. Die Sektflasche war leer. Er stand auf, ging zu dem großen Tisch, auf dem als Dekoration einige Flaschen besten Weines standen, nahm eine Flasche Bordeaux und kehrte zu Natalja zurück. Da er keinen Korkenzieher hatte, aber auch keinen Kellner rufen wollte, köpfte er mit einem Hieb seines Messers den Flaschenhals und goß den tiefroten Wein unbekümmert in die Sektgläser. Erst dann probierte er, schnalzte mit der Zunge und trank genüßlich einen langen Schluck.
    »Weißt du, daß ich jeden hätte ermorden können, der nach der Vorstellung in deine Garderobe kommen durfte? Diese schmierigen Ratten! Doch dann habe ich zu mir gesagt: Igor, du wirst sie da herausholen. Es soll keinen Tausendrubelfick mehr geben …«
    »Aber für eine Million … das ist etwas anderes?«
    »Ja.«
    »Ihr lieben Leute … vernehmet die neue Moral! Auch hier gibt es Reformen!«
    »Wir werden ein Team sein, eine Gemeinschaft, die engste Gemeinschaft, die es gibt. Alles, was wir tun werden, geschieht zu unserem Besten. Es ist für uns.«
    »Das klingt, als wären wir ein Ehepaar.«
    »Im Bett nicht, aber beim Erfolg.«
    »Ich hasse dich, Igor Germanowitsch!« sagte Natalja. Sie ballte die Fäuste und preßte sie gegen ihre Brust. »Mein Gott, wie hasse ich dich!«
    »So soll es sein!« Sybin lachte schallend. »Das ist die beste Voraussetzung für die Liebe.«
    Kurz danach verließen sie das Kasan, stiegen in den Wagen, und Wladi fuhr

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