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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ausgeschaltet hätte.
    »Halt!« Daraj hob die Hand. Ramunabat ließ die glühende Heckenschere sinken. »Er spürt nichts mehr. Er hat sich davongemacht. Bind ihn los und schaff ihn weg. Aber so, daß ihn keiner mehr findet.«
    Nachdem Daraj den Keller verlassen hatte, fand er Houseman-Houssein in der riesigen Wohnhalle, die einem der Säle in der Alhambra, dem Sultanspalast bei Granada, glich. Natürlich besaß auch Daraj eine Bar, nur sah sie keiner, weil sie in eine Wand eingebaut war, die sich um eine Achse drehen ließ. Dort prangte ein riesiger, geschliffener Spiegel in einem üppigen, mit Gold belegten, geschnitzten Rahmen. Houssein hatte die Wand herumgedreht und lehnte nun an der Bartheke. Er hatte Whisky in sich hineingeschüttet und starrte Daraj aus starren Augen an.
    »Was ist?« fragte er und umklammerte sein Whiskyglas.
    »Es ist vorbei.«
    »Hast du den Namen?«
    »Nein. Sein Herz setzte plötzlich aus.«
    »Scheiße!« Houssein nahm einen kräftigen Schluck. »Nichts? Keine Andeutung?«
    »Nichts. Er war ein verdammt zäher Bursche. Das hätte ich ihm nie zugetraut.«
    Houssein atmete tief durch und soff weiter. Er mußte sich irgendwie betäuben … dem Gedanken, daß ein Mensch zu Tode gefoltert worden war und er diese Grausamkeit auch noch geduldet hatte, war nur im Nebel des Alkohols zu entkommen. Sogar bei der CIA galt die Menschenwürde als unantastbar, wenn auch hin und wieder an der Grenze des Vertretbaren gearbeitet werden mußte. Aber auch die ›harte Befragung‹ gipfelte nie in einer Folterung … es war undenkbar, eine solche Methode anzuwenden. Nun war es geschehen, und Houssein wurde wieder zu dem wohlerzogenen Captain Bill Houseman, der keinen anderen Ausweg sah, als das Grauen mit Whisky zu betäuben.
    Ganz anders reagierte Daraj. Er ärgerte sich maßlos und bezichtige sich selbst, versagt zu haben, und verfluchte Anassimow, der sich so schnell aus seinem Körper gelöst hatte. Die glühende Heckenschere hätte ihn zum Sprechen gebracht, dessen war sich Daraj sicher. Statt dessen flüchtete er sich in den Tod. Den Triumph des Stärkeren hatte Anassimow ihm nicht gegönnt.
    Daraj flüchtete nicht in den Alkohol. Aber irgend etwas mußte er tun, um seine Enttäuschung, seine Wut, seine Niederlage erträglich zu machen. Er riß einen arabischen Krummsäbel, eine Nachbildung des heiligen Schwertes des Kalifen, von der Wand, stürzte hinaus in den Garten und begann, mit wuchtigen Schlägen die Blumen zu köpfen. Wäre ihm jetzt jemand über den Weg gelaufen, hätte er ihn auch getötet. Erst als die Büsche vor der Terrasse jegliche Form verloren hatten, beruhigte er sich und setzte sich in einen der herumstehenden Korbsessel. Das Krummschwert fiel klirrend auf die Marmorplatten. Aus der Halle kam Houssein ins Freie geschwankt, er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
    »Wenn … wenn ich jetzt eine Pistole hätte«, lallte er, »wüßte ich, was ich tun würde. Du Mörder …«
    »Du heuchlerischer Hund!« In Daraj brach trotz guter Erziehung der Haß eines Moslems gegen Andersgläubige hervor. »Du großschnäuziger Christ! Wirst du wieder beten: Herr, vergib mir. Ich bereue! Und dann bist du von aller Schuld befreit? Wer hat befohlen, daß ich Anassimow fragen soll?«
    »Fragen, nicht töten!«
    »Das hast du nicht gesagt!«
    »Du hast es nicht verstanden!«
    »Der Schuldige soll jetzt ich sein? Warum bist du nicht mitgekommen in den Keller? Weil du ein Feigling bist, ein elender Feigling! Der Gentleman, der sich auf der Straße die Schuhe putzen läßt, weil Blut daran klebt.«
    Houssein-Houseman antwortete nicht. Er bog den Kopf in den Nacken, bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen und rutschte in dem Sessel nach vorn. So blieb er, halb liegend, sitzen und rührte sich nicht mehr.
    Daraj sah ihn an, beugte sich zur Seite und spuckte ihm auf die Hände.
    Und er beherrschte sich, nicht nach dem Krummschwert zu greifen und Houssein den Kopf abzuschlagen …

Nitschewo
    Auch ein so qualifizierter Mann wie Colonel Curley machte einmal einen Fehler. So etwas durfte bei der CIA nicht vorkommen, aber in der Geschichte dieses Geheimdienstes waren Fehlschläge und Niederlagen schon Historie geworden. Bei Curleys Fehler schrieb man allerdings keine Weltgeschichte … oder doch?
    Während die CIA alle anderen westlichen Geheimdienste über die gewonnenen Erkenntnisse informierte, vergaß Curley – unerklärlicherweise – ein wichtiges Detail, das dem Geschehen eine völlig andere

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