Tödlicher Staub
…«
Anassimows Blick glitt an Darajs Djellabah entlang, und plötzlich erkannte er, daß sich der Lauf einer Waffe auf ihn richtete, genau auf seinen Magen. Unter dem Stoff war die Zielrichtung genau zu erkennen.
»Wenn Sie mich erschießen, wird die Polizei auch Sie töten!« sagte er heiser vor Angst.
»Das möchte ich bezweifeln. Ich warte hier auf einen guten Bekannten, da rempelt mich jemand von hinten an und will mir meine Handtasche entreißen. Es war Notwehr – es wird eine Untersuchung geben. Mehr nicht. Einem Libyer glaubt man mehr als einem toten Russen … das sehen Sie doch ein!«
Dieses Argument überzeugte Anassimow. »Was will der KGB von mir?«
»Was ist KGB?«
»Sie können mich nicht täuschen. Ich kenne Ihre Methoden zu gut. Sie haben den Befehl, mich zu liquidieren. Tun Sie es hier vor aller Augen. Ich rühre mich nicht von der Stelle!«
Das klang mutig, aber für Anassimow war es die letzte Möglichkeit, sein Leben zu retten.
»Ich habe mich getäuscht –«, sagte Houssein. »Ich habe Ihnen etwas mehr Intelligenz zugetraut, aber Sie sind ein dummer Mensch. Was faseln Sie da von einem KGB? Wer will Sie liquidieren, wie Sie es ausdrücken? Im Gegenteil, wir sind froh, daß Sie leben. Wir warten schon lange auf Sie. Aber wir wußten nicht, daß Sie einen Umweg über Alexandria nehmen, und dann auch noch mit einem Flugzeug. Es hieß immer, Sie kommen mit einem Schiff. Erst heute haben wir erfahren, daß Sie umdisponiert haben.«
Anassimow wurde unsicher. »Wer hat Sie informiert? Wer sind Sie wirklich?«
»Erlauben Sie, daß wir lächeln. Sie haben doch eine Probe bei sich. Zweihundert Gramm Plutonium. In Alexandria sollten sie das Kästchen abliefern. Statt dessen landen Sie in Tripolis. Warum?«
Anassimow fiel es schwer, zu begreifen, was die beiden Männer andeuteten. »Sie … Sie sollten mich in Alexandria erwarten?«
»Endlich begreifen Sie!«
»Sie sind die Kontaktpersonen?«
»Ihre Gedanken ordnen sich wieder …«
»Und warum bedroht mich dann Ihr Freund mir einer Waffe?«
»Ein natürliches Mißtrauen, Herr Anassimow. Bei unserem Geschäft kann man nicht vorsichtig genug sein.« Houssein zeigte hinüber zum Kofferband, auf dem jetzt das Gepäck anrollte. »Kommen Sie, ich helfe ihnen, Ihre Koffer zu holen, und dann fahren wir zu mir, um alles Weitere zu regeln. Zu Ihrer endgültigen Beruhigung: Wir haben den vereinbarten Betrag in Dollars besorgt. Er liegt bei mir …«
Anassimow spürte ein Kribbeln unter der Kopfhaut. »Sie haben die fünfzehn Millionen Dollar in bar bei sich im Haus.«
»Achtzehneinhalb Millionen Dollar waren vereinbart.«
»Aber sie sollten doch auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen werden.«
Aha! Houssein warf einen kurzen Blick zu Daraj. Das war ein wichtiger Hinweis. Reaktionsschnell antwortete er:
»Das hat man uns nicht gesagt, nur die Summe genannt. Selbstverständlich überweisen wir den Betrag auf das Schweizer Konto. Wir brauchen von Ihnen nur die Kontonummer und den Namen der Bank.«
Am Kofferband holten sie Anassimows zwei Koffer ab, und Daraj klopfte liebevoll gegen einen von ihnen. »Mein Goldschatz«, sagte er und lachte Anassimow an. »Endlich bist du bei mir angekommen. Es ist doch dieser Koffer?«
»Ja. Dazu muß ich etwas erklären.«
»Später, bei mir zu Hause. Jetzt fahren wir erst in eine freundlichere Gegend. So eine Flughafenhalle deprimiert mich; sie sind dazu geschaffen, daß man sie schnell verläßt. Ich habe immer das Gefühl, Teil einer Hammelherde zu sein.«
Anassimow sah keinen Anlaß mehr, den beiden Männern zu mißtrauen. Vor dem Flughafen wartete ein großer Wagen, dessen Hersteller er nicht kannte, aber dieses Auto vertrieb seine letzten Zweifel, als er hinter dem Steuer einen livrierten Chauffeur sitzen sah. Wer sich solch einen Luxus leisten konnte, brauchte keine Visitenkarte mehr. Er war, gerade in diesem Geschäft, über jeden Zweifel erhaben.
Ramunabat stieg aus, öffnete die Hintertüren, machte vor Anassimow eine Verbeugung und fuhr dann in forschem Tempo in die Stadt hinein.
Auch Anassimow war begeistert von der weißen Villa. Daraj führte ihn herum, zeigte ihm das Zimmer, in dem Anassimow wohnen sollte. Es war ein Luxus, der ihn überzeugte, an der richtige Stelle zu sein. Wer so residierte, zählt kein Geld mehr.
Nur die zweihundert Gramm Plutonium fehlten!
Wie würde sich die Stimmung ändern, wenn er den Verlust zu erklären versuchte?
Zunächst aber duschte sich Anassimow ausgiebig,
Weitere Kostenlose Bücher