Tödlicher Staub
und danach fühlte er sich kräftig, mutig und geistig klar und schlenderte in den riesigen Wohnbereich mit den geschnitzten Säulen und der vergoldeten Decke. Houssein und Daraj saßen in tiefen, mit bestickter Seide bezogenen Polstern und rauchten Zigarren.
»Jetzt bin ich wieder voll da!« rief Anassimow und klatschte in die Hände. »War ein bißchen zuviel gestern abend. Mein Befinden würde noch besser werden, wenn ich jetzt ein Gläschen Wodka bekommen könnte.«
»Wladimir Leonidowitsch, Sie befinden sich in einem islamischen Haus … da gibt es keinen Alkohol. Allah hat es verboten. Aber wenn Sie einen Fruchtsaft mögen …«
»Nur im Notfall.«
»Dies ist ein Notfall.« Houssein wartete auf eine Reaktion, aber Anassimow verstand die Anspielung nicht.
Ramunabat brachte auf einem silbernen Tablett ein Glas Orangensaft, Anassimow griff nach dem Glas und trank es, ohne abzusetzen, leer. »Ha! Hatte ich einen Durst!« stöhnte er. »Kennen Sie das auch, daß Sie glauben, Feuer in der Kehle zu haben?«
Houssein antwortete mit einer Gegenfrage. »Haben Sie schon mal achtzehneinhalb Millionen Dollar auf einem Haufen gesehen? Zu je fünfzigtausend Dollar gebündelt. Sie glauben nicht, was das für ein Haufen Papier ist.«
»Ich habe noch nicht einmal tausend Dollar gesehen. Es muß ein geradezu erotischer Anblick sein. Achtzehneinhalb Millionen Dollar!«
»Kommen Sie mit. Sie liegen in einem Keller, geschützt durch ein Meter dicke Mauern.«
Houssein und Daraj erhoben sich aus ihren Sesseln. Houssein ging voraus, Daraj hinterher. Sie hatten Anassimow in die Mitte genommen wie einen Gefangenen, aber er merkte es nicht; er dachte auf dem Weg in den Keller nur daran, wie man den Verlust von zweihundert Gramm Plutonium – ohne schuldhaftes Verhalten einzugestehen – erklären sollte. Noch suchte Anassimow nach einer Geschichte, die glaubhaft klang.
Der Keller war wirklich wie ein bombensicherer Bunker. Die Luft war stickig, die Felswände grauweiß und die Decke aus dicken Balken. Hier unten war es geisterhaft still … es war unmöglich, daß ein Laut von draußen herein- oder hinausdrang.
An der Kellertür erwartete sie Ramunabat. Er ließ Houssein eintreten … und dann geschah alles blitzschnell. Ein Baseballschläger traf Anassimow mitten auf den Schädel, er glotzte Ramunabat an, dann fiel er um und wurde von Daraj und seinem Diener aufgefangen. Sie schleiften ihn in den Keller, banden seine Arme an dicke Hanfstricke, die über eine Rolle zu einer Kurbel führten. Mit ihr zog Ramunabat den aus einer Kopfwunde blutenden Anassimow an der Wand hoch, bis er zehn Zentimeter über dem Boden hing.
»Das erinnert mich an mittelalterliche Folterkammern«, sagte Houssein und gab Ramunabat ein Zeichen. Der ›Mann für alles‹, wie Daraj ihn nannte, zog Anassimow die Hose aus, riß ihm die Jacke und das Hemd vom Körper, zog ihm Strümpfe und Schuhe aus und zog den nackten Körper noch ein paar Zentimeter hoch.
»Vor allem der Name ist wichtig«, sagte Houssein, klopfte Daraj auf die Schulter und verließ den Keller. Ramunabat hob einen Eimer mit Wasser hoch und übergoß damit den nackten Körper.
Das erste, was Anassimow von sich gab, als er aus seiner Ohnmacht erwachte, war ein Brüllen. Dann zog er die Beine an, trat nach vorn, aber Daraj stand außer Reichweite vor ihm und wartete, bis der erste, sinnlose Widerstand abebbte. Anassimow starrte ihn aus weitaufgerissenen Augen an. Das Blut aus der Kopfwunde rann über sein Gesicht und verklebte die Wimpern.
»Ich glaube, ich bin dir eine Erklärung schuldig«, sagte Daraj freundlich. »Wenn wir uns austauschen – dein Wissen gegen meine Befragungsmethode –, könnten wir uns einig werden.«
»Was wollt ihr von mir?« schrie Anassimow und stieß sich von der Wand ab. »Ja, ich habe das Plutonium verloren, die Israelis haben es! Ich kann das alles erklären.«
»Was geht mich dein Scheißplutonium an? Mich interessieren andere Dinge. Hör zu: Für jede falsche Antwort wird die Ramunabat mit dem Baseballschläger einen Schlag auf deine Knochen geben und auch auf deinen Bullenschwanz. Das wird verdammt weh tun. Also rede und spiel nicht den Helden. Ramunabat schlägt dich in Stücke.«
»Was wollt ihr von mir?« brüllte Anassimow. Der Schweiß brach ihm aus und ließ seinen nackten Körper glänzen. Als er zur Seite blickte, sah er Ramunabat vor einer Schüssel mit glühender Holzkohle stehen, in die er eine große Heckenschere gesteckt hatte, damit die
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