Tödlicher Staub
alles im Ernst?«
Fulton sah Ducoux so ungläubig an, als hätte dieser plötzlich behauptet, er sei taub geworden. Das gibt es doch nicht! Ich rede über eine halbe Stunde, und er pafft seine Zigarre und fragt, ob es mein Ernst ist!
»Ich verstehe ihre Frage nicht«, antwortete Fulton, noch immer höflich.
»Fassen wir zusammen: Was wissen wir bisher durch die Ermittlungen des MOSSAD, der Sûreté, des deutschen BND, des BKA, des englischen Geheimdienstes, des russischen Bundessicherheitsdienstes FSB, der vor kurzem noch KGB hieß, des österreichischen Sicherheitsdienstes und Ihrer CIA:
1. Es gibt laufend Transporte radioaktiven Materials aus Rußland nach Mitteleuropa.
2. Die Abnehmer sind noch unbekannt, aber es gibt noch nicht bewiesene Aktivitäten von sogenannten Atomschwellenländern.
3. Neben den vielen kleinen Anbietern von Nuklearproben, vor allem Plutonium, Uran und Lithium, ist durch die Israelis ein wichtiger Kurier enttarnt worden, ein Russe namens Anassimow. Er ist bei einem Verhör in Libyen durch Agenten der CIA an einem plötzlichen Herzversagen gestorben.«
»So ist es«, sagte Fulton nüchtern. Curley hatte ihn von der Pleite unterrichtet, und er hütete sich, diesen halben Mißerfolg Ducoux einzugestehen. Das mokante Lächeln hätte er nicht ertragen.
»Weiter:
4. Wir wissen durch Anassimow, daß hinter dem Schmuggel von Nuklearmaterial eine straffe Organisation steht, eine Art Mafia russischer Machart.
5. Der Kopf dieser Organisation soll Igor Germanowitsch heißen. Nachnamen konnten durch den plötzlichen Herztod von A. nicht in Erfahrung gebracht werden. Ungemein wichtig ist der Hinweis, daß dieser Igor an der linken Hand nur vier Finger hat. Das ist der einzige konkrete Hinweis, der für die Fahndung ungemein wichtig ist.
6. Alle Erkenntnisse laufen darauf hinaus, daß mit weiteren, und dieses Mal größeren Mengen von Plutonium und Uran zu rechnen ist. Der Hauptweg des Materials ist bekannt: Polen - Deutschland - Frankreich - arabische Länder. Aber auch Nordkorea ist im Gespräch, dafür laufen die Verbindungen über Rumänien.«
Ducoux streifte vorsichtig die Asche von seiner Zigarre, dabei sah er Fulton herausfordernd an.
»Und das ist alles!« betonte er. »Was kann man damit anfangen? Warten. Und während wir warten, laufen die Transporte an uns vorbei. Bei den Russen ist es wie bei den chinesischen Triaden: Absolutes Schweigen ist oberstes Gebot! Wer nur ein Wort aushustet, spuckt kurz danach Blut.« Ducoux sah die brennende Spitze seiner Zigarre an. »Und diese straffe Organisation wollen Sie unterlaufen?«
»Der Plan der CIA ist, an die Hintermänner heranzukommen. Ich habe es Ihnen doch in allen Einzelheiten erklärt: Ein V-Mann von uns oder auch mehrere treten als potentielle Käufer auf. Auf einer Luxemburger Bank sind vierhundert Millionen Dollar deponiert. Die Bankbescheinigung liegt vor und wird jeden Anbieter überzeugen.«
»Und Sie glauben, daß der Mann mit den neun Fingern darauf hineinfällt?«
»Wenn es ihn überhaupt gibt, aber ich habe da so meine Zweifel.«
»Ihre Zentrale glaubt daran. Ihr V-Mann hat ja sogar die Vornamen herausgekitzelt.«
»Das kann von Anassimow auch nur ein Selbstschutz gewesen sein, um den Verhören zu entgehen. Wirf einem Hund einen Knochen hin, und er knurrt nicht mehr.« Fulton schüttelte den Kopf. »Ich verlasse mich nicht auf nur eine Spur … dafür sind die Angebote zu breit gestreut. Immer wieder tauchen neue Anbieter auf, die miteinander nichts zu tun haben. Auch kommen die Plutonium- oder Uranproben aus völlig verschiedenen Kernkraftwerken oder Nuklearlabors, was lediglich beweist, wie löcherig die russischen Kontrollen sind. Da arbeiten mehrere Gruppen parallel und gegeneinander. Der Neunfingermann ist nur einer der Bosse. Mir geht es darum, durch unsere Scheinaufkäufer die Quellen zu entdecken. In Zusammenarbeit mit dem russischen FSB können dann die Löcher gestopft werden. Es hat wenig Sinn, die Kuriere mit ihren Pröbchen verantwortlich zu machen … sie sind wie Unkraut, das munter weiterwächst, wenn man die Wurzel nicht rausreißt.«
»Ich weiß, wie die CIA sich das vorstellt: Man verhandelt als Käufer mit den Probeanbietern, bestellt zwei oder drei oder mehr Kilogramm Plutonium, die der kleine Kurier natürlich nicht liefern kann, sondern den Auftrag weitergibt an die Männer im Hintergrund. Der Kaufpreis ist in Luxemburg hinterlegt … nun liefert mal schön. Wie und wo und wann, das wird sich dann
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