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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und wenn Micharin will, kann er schon morgen liefern. Plutonium 239, Lithium 6, Uran 235 … alles, was verlangt wird. Jede Menge, es liegt alles herum. Nur eines hindert ihn, sofort anzufangen.«
    »Er hat noch keine Abnehmer …«
    »Du sagst es, Igor Germanowitsch. Aber er tastet sich vor. Nach Libyen, in den Irak, nach Schwarzafrika, nach Mittelamerika. Auch Rebellengruppen könnten Interesse zeigen.«
    »Genau unsere Kundschaft!«
    »Aber Micharin ist noch nicht soweit.«
    »Das heißt: Wir müssen sofort handeln, ehe er einen festen Kontakt hat.« Sybin versank eine Weile in tiefes Brüten. Stumm trank er zwei Gläser Champagner, spielte mit seinen Ringen und hatte die Augen halb geschlossen. »Es gibt eine Möglichkeit«, sagte er endlich, »ich werde unsere Freunde in Tomsk auf Micharin aufmerksam machen.«
    Natalja wußte, was dieser Satz bedeutete. Sie stellte das Sektglas zurück auf den Tisch.
    »Laß Micharin leben … bitte.«
    »Mit Gefühlen kann man unser Geschäft nicht führen.«
    »Ich habe keine Gefühle.«
    »Das weiß ich doch, Schweinchen.« Sybin prostete ihr zu, ein satanischer Charmeur. »Ich werde Dr. Sendlinger benachrichtigen. Es kann losgehen. Ich werde jetzt nach Semipalatinsk fliegen und mit Professor Kunzew sprechen.«
    »Wichtig ist auch seine Tochter Nina.«
    »Er hat eine Tochter? Kein Problem.«
    Natalja verzog spöttisch die Lippen. Sybin und Nina im Bett … eher fallen die Sterne vom Himmel.
    »Wenn du das schaffst, bist du ein Zauberer, Igor Germanowitsch …«
    Und dann erzählte Natalja alles, was sie in diesen Tagen erlebt hatte.
    Sie verschwieg nichts. Sybin war ein Mensch, der alles in sich aufnahm wie ein Müllschlucker.
    Ende Mai fanden Fischer, die mit ihrem Kahn ihre Netze im Ob hinter sich herzogen, am Ufer eine Gestalt. Sie tuckerten hin und sahen, daß es ein Oberst in seiner Uniform war, auf dem Rücken liegend, als ob er schliefe.
    »Hallo!« riefen die Fischer zu ihm hinüber. »Hallo!«
    Aber der Oberst rührte sich nicht. Die Fischer wurden nachdenklich, legten am Ufer an und betrachteten den Schlafenden.
    »Total besoffen!« sagte der eine Fischer.
    »Aber wie kommt er hierher? Und er schläft am Ufer?«
    »Weiß ich es?« Der Fischer zeigte hinauf zur Uferstraße. »Dort steht sein Wagen. Er hat's bis hierher geschafft, wollte pinkeln, ist umgefallen und eingeschlafen. So wird's gewesen sein.«
    Der zweite Fischer bückte sich über den Offizier und starrte in aufgerissene, leblose Augen. Mit zwei Schritten wich er zurück.
    »Gennadi, er ist tot! Verdammt, er ist tot! Toter kann man nicht sein.«
    »Er hat sich aus dem Leben gesoffen …« Gennadi kratzte sich den Kopf. »Rufen wir die Miliz … wir können jetzt nicht einfach weglaufen.«
    Im Gerichtsmedizinischen Institut der Universität von Tomsk obduzierte man den bekannten Oberst Micharin besonders gründlich. Keine Verletzungen, keine Gewaltanwendung, keine Anzeichen äußerer Einwirkung. Nur das Herz war nicht in Ordnung, einige Kranzarterien waren verkalkt. Das mußte die Ursache des schnellen Todes gewesen sein, auch wenn ein Herz nach einem Infarkt anders aussieht.
    Keiner der Pathologen kam auf die Idee, Micharins Blut zu untersuchen. So blieb es ein Geheimnis, daß ihn zwei Männer festgehalten und ihm ein dritter eine Giftspritze gegeben hatte. Sie wirkte innerhalb von drei Minuten. Die Mörder brachten daraufhin den Toten mit seinem eigenen Wagen zum Ob und legten ihn am Ufer nieder.
    Oberst Micharin wurde mit allen militärischen Ehren zu Grabe getragen. Auf seinem letzten Gang begleiteten ihn nur Offiziere … es war niemand im Trauerzug, der um ihn weinte. Nur sein Hund Prawda saß später am Grab und wartete, daß sein Herrchen wieder herauskäme.
    Aus Moskau rief Sybin Dr. Sendlinger an und sagte vergnügt: »Es geht los, Doktor. Verständigen Sie unsere Kunden. Wir können liefern.«
    Am nächsten Morgen flog er nach Semipalatinsk.

Die Einkaufsreise
    Er war zufrieden mit seinem Versteck.
    Das ziemlich große Zimmer lag im achten Stockwerk eines modernen Hauses, in dem sich mehrere Arztpraxen, eine Immobilienfirma, zwei Steuerberater, eine Arzneimittel-Großhandlung und drei Rechtanwälte niedergelassen hatten. BKA-Oberrat Wallner hatte Freddy Brockler in der Kanzlei von Dr. Fritz Boehmer untergebracht, eine bisher einmalige Entscheidung, die der Präsident des BKA eigenhändig absegnen und verantworten mußte. Wallner hatte ihm vorgetragen, daß bei der Brisanz des Falles und der

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