Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedlicher Staub

Toedlicher Staub

Titel: Toedlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
Vom Netzwerk:
Explosionen und den darauffolgenden Bränden waren extrem hohe Temperaturen entstanden. In den Wolkenkratzern war alles Mögliche verbrannt, darunter tausende Computer. Der puderfeine Staub, der alles ringsum bedeckte und den Feuerwehrleute, Polizisten und zivile Helfer tagelang einatmeten, war voller Nanopartikel. Es war glasklar, dass auch die Zivilbevölkerung sich der Kontamination mit den Partikeln nicht entziehen konnte.
    Dasselbe Schicksal hatten die italienischen Soldaten in Ex-Jugoslawien erlitten. In kurzen Hosen und T-Shirt wurden sie losgeschickt, um als Reinigungspersonal leere Hülsen von explodierter Munition einzusammeln, die abgereichertes Uran enthalten hatte, während die amerikanischen Säuberungskräfte in ABC-Schutzanzügen anrückten, die gewöhnlich bei der biologischen Kriegsführung verwendet werden.
    Die Ereignisse in Afghanistan hingegen hatten gezeigt, dass es nur dann wirklich effektiv gewesen wäre, wenn die Soldaten die neu entwickelten Schutzanzüge vierundzwanzig Stunden pro Tag getragen hätten – eine kaum praktikable Voraussetzung. Einmal hatte eine Gruppe britischer Soldaten erbeutete Munition vor den Kameras eines TV-Teams zur Explosion gebracht. Auf den Bildern war eindeutig zu sehen, wie exakt in dem Moment, als die Explosionswolke aufstieg, ein plötzlicher Windstoß den Staub auf die Soldaten zutrieb, die wegrannten, um ihn nicht einzuatmen. Zwei Wochen später teilte die britische Einsatzleitung mit, rund fünfzehn Mann würden wegen einer nicht näher benannten Epidemie repatriiert.
    Als Ninas Arbeitgeber beschloss, in diesen Forschungsbereich zu investieren, hatte er sich über die ihm zur Verfügung stehenden, üppig vergüteten Kontakte Informationen darüber verschafft, wie lange die Munition verwendet werden dürfte und welche die schlimmste Kontamination durch Nanopartikel verursachte. Die Antwort war kurz und präzise: So lange, bis noch potentere Waffen entwickelt würden.
    Bei einem Meeting zum Thema hatte der Vorstandsvorsitzende klipp und klar eingestanden, dass die Armeen ebenso starke Umweltverschmutzer waren wie die Privatindustrie. Schutz- und Säuberungsmittel würden auf längere Sicht ein strategisch wichtiges Marktsegment darstellen. Der Gesichtspunkt, dass sich manches nicht beheben lässt, fehlte in seiner Kosten-Nutzen-Abwägung freilich. Ebenso, dass die Militärs die zivile Forschung mit allen Mitteln behindern dürften, um Handlungsfreiheit zu behalten und den Opfern keine Entschädigungen zahlen zu müssen.
    Lange hatte Nina sich der Illusion hingegeben, ihre Arbeit könne nicht nur ihr Befriedigung verschaffen, sondern allen Menschen nutzen, Militärangehörigen wie Zivilisten. Jetzt war diese Gewissheit stark ins Wanken geraten, ja, ihr war fürchterlich unwohl dabei, fast als wäre ihr übel. Bei ihrem Haus angelangt, entschuldigte sie sich bei Pierre für ihr Schweigen und meinte, sie wolle jetzt lieber allein sein.
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich muss sowieso zur Arbeit.«
    Sie lief ins Haus und blickte durchs Fenster dem sich entfernenden Panda nach. Dann rief sie ihre Mutter an.
    »Ciao, Mamma.«
    »Nina, mein Schatz, wie geht es dir?«
    »Gut.«
    »Was für ein Wetter ist in Löwen? Regnet es, wie immer?«
    Nina blickte auf die Lichtstreifen, die durch die halbgeschlossenen Läden fielen.
    »Das übliche Grau, Mamma.«

    Als Pierre auf den Parkplatz der Bar fuhr, sah er sofort den weißen Alfa. Drinnen saßen Tore und Mario, der ihm mit dem Daumen bedeutete, er solle hinter ihm einsteigen. »Unsere Fachleute haben den Computer von dieser Tierärztin ausgewertet«, sagte er. »Die schöne Nina muss hier weg, und zwar schleunigst. Und da ihr euch offensichtlich gut versteht und miteinander Ausflüge aufs Land macht …«
    Er drehte sich um, denn er wollte Pierres überraschtes Gesicht genießen, bevor er fortfuhr:
    »Ja, ja, Nazzari. Jemand hat euch gesehen und uns sofort Bescheid gesagt. Auf was für Ideen kommst du bloß?«
    »Ihr habt gesagt, ich soll mich mit ihr anfreunden.«
    »Stimmt, aber was hast du bei den Schafen zu suchen? Man könnte fast denken, sie erzählt dir ihre kleinen Geheimnisse?«
    »Nein, tut sie nicht. Der Einbruch hat sie verängstigt, sie wollte nicht allein sein. Sie kennt hier niemanden, und außerdem ist sie hübsch. Ich hätte nichts gegen ein Nümmerchen mit ihr einzuwenden.«
    »Von uns aus kannst du sie ficken, so viel du willst, Hauptsache, du sorgst dafür, dass sie verschwindet.«
    »Ich glaube, sie

Weitere Kostenlose Bücher