Toedlicher Staub
vielleicht besser wäre, eine Weile hier wegzubleiben.«
»Das würde ich zwar gern, aber ich kann nicht.«
»Du lebst allein, treibst dich an Orten herum, an denen nie ein Mensch ist«, sagte er. »Wenn die Leute, die hier eingebrochen sind, dir was antun wollen, haben sie leichtes Spiel.«
»Willst du mir Angst machen?«
»Ich finde die Sache mit diesem Einbruch nur sehr seltsam. Vielleicht sollte das eine Botschaft sein, und du hast sie nicht verstanden.«
Nina schnitt weiter mit dem Skalpell an dem Leichnam herum. »Wenn sie mich schädigen wollen, genügt es, meiner Firma mitzuteilen, dass ich den Diebstahl verschwiegen habe. Sobald mein Vertrag ausläuft, gehe ich sowieso, es sei denn, sie werfen mich schon vorher raus.«
Den Morgen über saß Nazzari in der Bar und las Zeitung. Der Klatsch von der Costa Smeralda konnte ihn ein wenig von dem gescheiterten Versuch, Nina zur Rückkehr nach Belgien zu überreden, ablenken. Er musste sogar über einen Artikel lächeln, laut dem mal wieder eine reiche Trulla bekundet hatte, sie würde mit dem Regierungschef zwar nicht ins Bett gehen, aber doch furchtbar gern seiner Koalition angehören.
Ein Gast, der beim Kaffee die Überschrift gesehen hatte, bemerkte, allmählich würde sich das ganze Land nur noch lächerlich machen. Pierre fand das unbedeutend, lauter dummes Zeug. Die reichen Leute waren eben so. Das Geld brachte sie auf seltsame Ideen.
Als er zu Ninas Haus zurückkam, war sie bereits reisefertig. Auf der Fahrt nach Cagliari redeten sie nur wenig. Sie hatte üble Laune. Er ließ sie an ihrem Geländewagen heraus.
»Lass von dir hören, wenn du wieder da bist.«
Sie winkte ihm zum Abschied zu.
Cristina hielt ihm einen halbvollen Drink unter die Nase: »Der Gast sagt, der Spritz schmeckt scheußlich.«
Nazzari riss ihr das Glas aus der Hand und leerte es wütend in die Spüle aus. Heute Abend war er tatsächlich nicht bei der Sache. Worte würden nicht genügen, um Nina zum Aufgeben zu bewegen, und er hatte nicht die geringste Lust, die nächsten zwanzig Jahre im Militärgefängnis zu verbringen. Dieser Aperitif war wirklich sein geringstes Problem.
Tore hatte ihn angerufen, während er zur Bar zurückfuhr. »Sie packt, wie ich höre?«
»Ich hab mit ihr geredet. Aber ich brauche noch Zeit.«
»Fass sie nicht so vorsichtig an. Hier ist für Leute wie sie kein Platz, mach ihr das klar.«
Etliche Stunden später, auf dem Heimweg, hielt an einer roten Ampel ein Wagen neben ihm, dessen Fahrer sich zu ihm umdrehte und ihn ansah. Pierre erkannte ihn sofort. Als es grün wurde, folgte er dem anderen Wagen unauffällig bis auf den leeren Parkplatz eines Einkaufszentrums.
Der Mann stieg aus und kam auf ihn zu. Sie reichten sich die Hände. »Danke, dass du gekommen bist, Giacomo.«
Der andere zuckte mit den Schultern. »Calvi ist nicht weit, und ich bin noch nie in Cagliari gewesen.«
Giacomo Queirolo, ein Genueser, hatte sich schon in jungen Jahren der Fremdenlegion angeschlossen. Kennengelernt hatten sie sich in Afghanistan, wo Queirolo den Grad eines Leutnants bekleidete, und sie waren Partner im Handel mit Schwarzem Afghanen geworden. Dann war er zum Zweiten Fallschirmjägerregiment nach Korsika versetzt worden, und beide hatten ihre Geschäfte mit anderen Komplizen fortgesetzt.
»Ich kann dich mit Leuten in Kontakt bringen, die vielleicht an einem Kauf deiner Informationen interessiert wären«, sagte er.
»Ich hatte dich um etwas anderes gebeten!«, rief Pierre.
Der Leutnant seufzte. »Ich habe deine Mail meinen Vorgesetzten gezeigt, wie du gesagt hast. Es tut mir leid, aber sie wollen dich nicht in die Legion aufnehmen.«
»Weil ich desertiert bin?«
Queirolo nahm ihn bei den Schultern. »Ich könnte dich anlügen und sagen, das ist es, oder dass du ihnen zu alt bist, aber wir sind Freunde, ich sage es dir, wie es ist. Sie finden dich so lästig wie die Räude.«
»Warum denn?«, stotterte Pierre.
»Weil Perdas de Fogu nicht irgendein militärisches Versuchsgelände ist, es ist das Versuchsgelände überhaupt. Wahrscheinlich das Einzige, auf dem sämtliche Armeen der NATO, ihre Verbündeten und jeder Waffenhersteller in aller Ruhe neue Waffen und Explosivkörper testen können. Und Frankreich ist einer der wichtigsten Partner des Projekts.«
»Dann bin ich geliefert«, meinte Nazzari entmutigt.
»Das ist nicht gesagt. Von den Leuten, die deine Informationen kaufen, solltest du kein Geld verlangen, sondern Papiere«, riet er ihm. »Sie
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